Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
Vom Netzwerk:
längeren Aufenthalt war. Beide Waggons schaukelten wild hin und her, sodass er wie eine Puppe durchgeschüttelt wurde und jeden Moment den Halt verlieren konnte. Und er wagte erst gar nicht, nach unten auf die Gleise zu schauen, die unter ihm hindurchrasten, sonst hätte er vollends die Nerven verloren.
    »Wird schon schiefgehen!«, rief er und hievte sich mit aller Kraft über die Kante. Dann ließ er sich auf der anderen Seite hinunterrutschen und landete in der Hocke. Er hatte es geschafft!
    Will holte seine Leuchtkugel hervor, um sich orientieren zu können, musste aber feststellen, dass der Waggon bis auf mehrere Kohlehaufen leer zu sein schien. Schwankend kämpfte er sich weiter vor und sandte ein stummes Dankesgebet gen Himmel, als er die beiden Rucksäcke am anderen Ende der Lore entdeckte. Nachdem er die Rucksäcke geholt und zur Waggonrückwand geschleppt hatte, warf er sie – so zielgenau er konnte – nacheinander in den Waggon mit Cal und Chester.
    Als er zu den beiden Jungen zurückkehrte, fand er sie noch immer tief und fest schlafend vor. Sie hatten die beiden Rucksäcke nicht bemerkt, die auf wundersame Weise direkt vor ihrem Kistenversteck aufgetaucht waren. Da Will wusste, wie schwach Chester inzwischen war, machte er ihm ein Sandwich aus den Vorräten in seinem Rucksack.
    Er benötigte eine Weile, bis er Chester aus dem Schlaf gerüttelt hatte. Doch als sein Freund erst einmal wach war, stürzte er sich wie ausgehungert auf das Sandwich, grinste Will zwischen mehreren Bissen dankbar an und spülte das Ganze mit etwas Wasser aus der Feldflasche hinunter, die Will ihm reichte. Danach schlief er sofort wieder ein.
    Die darauffolgenden Stunden verbrachten die Jungen auf ähnliche Weise – mit Schlafen und Essen. Gemeinsam machten sie sich die bizarrsten Sandwiches: dick geschnittenes Weißbrot mit getrockneten Rattenfleischstreifen und Krautsalat. Sie verschmähten nicht einmal das eher unappetitliche Hauptnahrungsmittel der Kolonisten – riesige, in Scheiben geschnittene Pilze namens »Herrenschwämme«, die sie auf stark gebutterte Waffeln legten. Und am Ende jeder Mahlzeit vertilgten sie so viel Obst, dass sie die zerbrochenen Kisten schon bald geplündert hatten und weitere Kisten aufstemmen mussten.
    Inzwischen raste der Zug durch den Tunnel und beförderte sie immer tiefer in den Erdmantel hinein. Will studierte die Tunneldecke, die ihn immer wieder aufs Neue faszinierte, während der Zug verschiedene metamorphe Gesteinsschichten passierte, und notierte seine Beobachtungen sorgfältig, wenn auch mit zittriger Hand in seinem Notizbuch. Seine Notizen würden die Grundlage einer geografischen Abhandlung bilden, die keine Fragen mehr offenließ. Zumindest stellte diese Expedition seine eigenen Ausgrabungen in Highfield total in den Schatten; schließlich hatte er dort die Oberfläche der Erdkruste gerade mal angekratzt.
    Außerdem bemerkte Will, dass das Gefälle des Tunnels erheblich variierte: Auf manchen, kilometerlangen Abschnitten, die eindeutig von Menschenhand geschaffen waren, fuhr der Zug nur in einem schwachen Neigungswinkel Richtung Erdmitte. Gelegentlich passierten sie natürlich entstandene Höhlensysteme, in denen imposante Fließsteingebilde hoch aufragten. Das schiere Ausmaß dieser Strukturen verschlug Will jedes Mal den Atem – sie erinnerten ihn irgendwie an geschmolzene Kathedralen. Manchmal waren diese Gebilde umgeben von Gräben mit schwarzem Wasser, das bis über die Gleise schwappte. Dann folgten wieder achterbahnartige Tunnelabschnitte, die so steil waren, dass die schlafenden Jungen heftig gegeneinandergerollt und brutal wach gerüttelt wurden.
     
    Plötzlich raste der Zug steil nach unten, als wäre er über eine Kante gestürzt. Die Jungen setzten sich ruckartig auf und schauten sich verwirrt um, als sich ein heftiger Sturzbach von oben über sie ergoss. Das Wasser war warm, überflutete den Waggon und durchnässte sie bis auf die Haut, als stünden sie unter einem Wasserfall. Lachend und prustend winkten sie einander zu, bis die Flut genauso schlagartig versiegte, wie sie begonnen hatte, und die Jungen erneut in Schweigen verfielen.
    Leichter Dampf stieg von ihnen und dem Waggonboden auf, der jedoch sofort vom Fahrtwind mitgerissen wurde. Will hatte längst bemerkt, dass es mit jedem Kilometer zunehmend wärmer wurde. Anfangs kaum spürbar, war die Temperatur in den letzten Stunden beunruhigend schnell angestiegen.
    Nach einer Weile knöpften die Jungen ihre Hemden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher