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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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Apfelentkernern und Teesieben. Eine verrostete Wäschemangel aus der Zeit der Königin Victoria stand stolz neben einer defekten Waschmaschine der Marke Old Faithful Electric aus den Fünfzigerjahren, die nun so eifrig Rostpartikel verstreute, wie sie einst Seifenpulver vertilgt hatte.
    Auch die »Uhren-Wand« bestach durch ihre Mittelmäßigkeit. Zugegeben, unter den Ausstellungsstücken befand sich tatsächlich ein Objekt von Wert – eine viktorianische Bilderuhr mit der Darstellung eines Bauern mit Pferd und Pflug, aber bedauerlicherweise war das Uhrglas zersprungen, und an der Stelle, wo einst der Kopf des Pferdes gewesen war, gähnte nun ein Loch. Rund um dieses Exponat hingen eine Fülle von Aufziehuhren und elektrischen Wanduhren mit pastellfarbenen Plastikgehäusen aus den Vierziger- und Fünfzigerjahren, von denen jedoch keine funktionierte, da Dr. Burrows noch nicht die Zeit gefunden hatte, sie zu reparieren.
    Highfield, einer der kleineren Stadtbezirke Londons, konnte sich einer großen Vergangenheit rühmen – die winzige Siedlung der Römerzeit hatte sich zu einer blühenden Gemeinde entwickelt, deren Einwohnerzahl während der industriellen Revolution explosionsartig angeschwollen war. Leider hatten nur wenige Objekte aus dieser ruhmreichen Vergangenheit einen Weg in das kleine Museum gefunden. Inzwischen bestand Highfield aus einer Ansammlung von Einzimmerapartments, kleinen Reihenhäuschen und unscheinbaren Geschäften, deren Besitzer sich eine zentralere Lage nicht leisten konnten.
    Dr. Burrows, der Direktor des Museums, war zugleich auch der einzige Angestellte; lediglich an den Samstagen betätigte sich eine Gruppe von Rentnern ehrenamtlich als Wärter. Neben ihm stand wie üblich seine Aktentasche aus braunem Leder, die eine Vielzahl von Zeitschriften, halb gelesenen Broschüren und historischen Romanen enthielt. Denn mit Lesen verbrachte Dr. Burrows seine Tage, nur unterbrochen von kurzen Nickerchen oder dem seltenen Genuss einer heimlich gerauchten Pfeife. Dieses Vergnügen gönnte er sich im »Magazin«, einem großen Lagerraum, der bis oben hin voller Kisten mit Postkarten und herrenlosen Familienporträts gefüllt war, die aufgrund des Platzmangels nicht im Museum ausgestellt werden konnten.
    Normalerweise saß Dr. Burrows zwischen seinen staubigen Exponaten und den alten Mahagoni-Vitrinen, legte die Füße hoch und las unermüdlich Stunde um Stunde, während im Hintergrund Radio 4 aus einem Kofferradio dudelte, das ein großmütiger Bürger dem Museum geschenkt hatte. Abgesehen von vereinzelten Schulklassen, die bei schlechtem Wetter verzweifelt nach einem Ziel für einen Schulausflug suchten, verirrten sich nur wenige Besucher in das Museum – und wer einmal dort gewesen war, kehrte nur selten für einen zweiten Rundgang zurück.
    Wie so viele andere Leute auch ging Dr. Burrows einer Arbeit nach, die ursprünglich nicht mehr als eine Notlösung hätte sein sollen. Schließlich konnte er durchaus mit beeindruckenden akademischen Leistungen aufwarten: Seinem Hochschulabschluss in Geschichte war bald ein weiterer Abschluss im Fachbereich Archäologie gefolgt, den er mit einem Doktortitel krönte. Aber mit einem kleinen Kind und nur wenigen offenen Stellen an den Londoner Universitäten blieb ihm nichts anderes übrig, als jede sich bietende Chance zu ergreifen; daher hatte er sofort ein Bewerbungsschreiben losgeschickt, als er im Lokalblatt Highfield Bugle zufällig das Stellenangebot für den Posten des Museumsdirektors gesehen hatte. Denn er musste irgendeine Arbeit finden, und zwar schnell.
    Tatsächlich hatte man ihm die Stelle angeboten, die er mit dem Hintergedanken antrat, sich bald eine befriedigendere Arbeit zu suchen. Aber wie bei so vielen anderen Leuten auch hatte die Sicherheit eines regelmäßigen Gehalts dazu geführt, dass die zwölf Jahre seit seinem Arbeitsantritt nur so verflogen waren – und mit ihnen auch der Gedanke daran, nach einer besseren Stelle Ausschau zu halten.
    Und so saß er nun hier, mit einem Doktortitel in Archäologie, in seinem dunklen Tweedsakko, das an den Ellbogen mit professorenhaften Lederflicken versehen war, und sah zu, wie nicht nur seine ramponierten und ziemlich gewöhnlichen Ausstellungsstücke Staub ansetzten, sondern auch er selbst.
    Nachdem Dr. Burrows sein Sandwich verputzt hatte, knäulte er das Butterbrotpapier zu einer Kugel zusammen und warf es spielerisch in Richtung eines orangefarbenen Kunststoffmülleimers aus den
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