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TTB 117: Lichter des Grauens

TTB 117: Lichter des Grauens

Titel: TTB 117: Lichter des Grauens
Autoren: Hans Kneifel
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waren nicht zu zählen, aber Noguera bekam Kopfschmerzen, wenn er sie sah. Er blickte weg.
    Augenblicklich hörte er die Stimme des Gesichts.
    »Schau noch einmal hin, Noguera!«
    »Will nicht.«
    »Es gehört zum Spiel!«
    »Zuviel!«
    »Du mußt!«
    Er sah wieder nach den Punkten. Sie standen in gewissen Gruppen zusammen, die aber nicht durch Linien verbunden waren. Hinter ihnen waren undeutliche Dinge zu erkennen, die aussahen wie zusammengedrehte Tücher. Dicht vor seinen Augen, in einem weißleuchtenden Kreuz aus Strichen, befand sich der schillernde Ball. Der Kopfschmerz wurde stärker. Irgend etwas zog an einem Faden, der quer durch das Pseudovakuum seines Hirns gespannt war. Eine Saite begann zu schwingen. Immer noch befand sich der Kopf des Mannes unter den Lichtaugen, die ihn anstarrten. Er begann zu wimmern.
    »Nein«, schluchzte er verzweifelt, »nein … Schmerzen.«
    Klick. Ein Mechanismus hatte das Fenster verdunkelt. Das vertraute Halbdunkel mit den vielen schimmernden Farbtupfen darin erfüllte wieder die kugelförmige Kabine, in der sich Noguera aufhielt. Aber immer noch war da der Ball vor ihm, und er wußte undeutlich, daß dieser Ball bis zum Ende des Großen Spiels bleiben würde. Ein Bild, meist beruhigend, würde auf dem rechteckigen Fenster zu sehen sein. Die Schmerzen waren wie fortgeblasen. Noguera strich mit nervösen Fingern über das kurze Haar, dann forschte er auf der großen Platte vor ihm nach aufflammenden Signalen.
    »Dreiundzwanzig«, sagte endlich die Stimme.
    Das Gesicht vor ihm bestand aus Augen, darunter der ovale Mund. Ein Kranz verschiedenfarbiger Lichter umgab die Fläche, aus der zwei große Ohren hervorragten. Und dies alles lebte, bewegte sich unaufhörlich. Alles war lustig und aufregend, und Noguera kannte nichts Schöneres als das Große Spiel. Aber da waren eben Worte gewesen?
    »Dreiundzwanzig … dreiundzwanzig!« Aus der Stimme war die dringende Mahnung deutlich herauszuhören.
    Ein buntes Farbenspiel – rechteckige Muster in Mäanderform – baute sich auf dem Spieltisch vor ihm auf. Er hatte das Gefühl, daß sich die Kugel einmal um eine Achse drehte, aber das stimmte wohl nicht. Der Ball vor ihm schwoll an.
    »Vierundzwanzig.«
    Der Ball wuchs und wuchs; bald füllte er das Fenster aus, floß über die seitlichen Grenzen – die Krümmung der Oberfläche blieb und wurde zunehmend undeutlicher. Es war schade, daß die Muster verblaßten und sich auseinanderzogen. Ein zweites Fenster wurde plötzlich hell und zeigte einen Querstrich, darunter eine farbige Linie, die schräg durch den Strich führte. Zahlen tauchten auf. Übereinstimmung! Als sich die Linien deckten, leuchtete die grüne Lampe auf der Seite Nogueras auf. Gewonnen! Daraufhin erschien ein Kreis über den Linien, daneben irrte ein Punkt langsam durch das Hellgrau des Fensters. Der Punkt mußte in den Kreis gebracht werden.
    »Fünfundzwanzig.«
    Der Mann griff nach einem Stab, der sich frei nach allen Richtungen bewegen ließ. Wenn er dieses Spielzeug bewegte, bewegte sich auch der Punkt. Unbeirrbar steuerte Noguera den Punkt auf den Kreis zu. Er näherte sich … kam immer näher und zog dann, kurz vor der Linie, steil nach oben. Die Hand bewegte sich, übertrug den Impuls auf den Hebel, jener gab ihn an einen Mechanismus weiter; die Anlage von Noguera summte böse auf. Der Punkt fiel senkrecht hinunter, tangierte den Kreis und fiel weiter. Verzweifelt bemühte sich der Mann, den Punkt in den Kreis zu bringen.
    »Fünfundzwanzig … Du bist unaufmerksam.«
    Noguera besaß kein Zeitgefühl, aber es dauerte lange, bis er einsah, dieses Spiel vermutlich verlieren zu müssen. Um ihn herum summte die Anlage wütend. Immer noch bewegte sich der Punkt in Parabeln auf den Kreis zu, drang aber nicht ein.
    »Sechsundzwanzig – Ende des Spiels!« sagte der Mund. Die grüne Lampe leuchtete auf der anderen Seite. Noguera, der wußte, daß er spätestens das nächste Spiel wieder gewinnen würde, freute sich auf den Schlaf und die Nahrung, die er jetzt erhalten würde. Er drückte einen Knopf hinein. An seinem Körper begannen gewichtige Dinge zu zerren, und er würde in das nachgiebige Material des grotesk aufleuchtenden Sessels hineingepreßt. Solange sich zwei verschiedenfarbige Bänder im rechten Auge bewegten, drehte er einen Schalter nach rechts. Als sich die dreieckigen Marken mit den Spitzen berührten, wurde ein anderer Knopf gedrückt. Daraufhin erloschen sämtliche Lichter, und hinter der
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