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TTB 103: Die Zeit und die Sterne

TTB 103: Die Zeit und die Sterne

Titel: TTB 103: Die Zeit und die Sterne
Autoren: Poul Anderson
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untergegangen war, hielten sich hellere Töne; ein samtiges Lila, orangerote Wolken. Die Sterne erfüllten den Nachthimmel zu Myriaden.
    Ein Geräusch in ihrer Nähe ließ Teresina erschrocken herumfahren. Im unbestimmten Licht erkannte sie zwei Gestalten und starrte in gelähmtem Entsetzen auf die bizarren Umrisse. Dann entpuppten sie sich als Marie Quesnay und Kamala Chatterji, die sich ihre Decken umgehängt hatten.
    »Hallo«, sagte Teresina etwas zittrig. Die Dunkelheit schien alle Stimmen in ein Flüstern zu verwandeln. »Sie können also auch nicht schlafen?«
    »Wieso, leiden Sie an Schlaflosigkeit?« fragte Kamala. »Ich bin nur gekommen, um die Aussicht zu genießen. Es ist wahr, daß man den echten inneren Frieden nicht so leicht gewinnen kann. Aber ich würde Ihnen gern ein paar einfache Entspannungsmethoden zeigen, mit denen ...«
    »Darum geht es nicht«, unterbrach Marie. »Auch ich lag wach, und als ich Sie gehen sah, Kamala, stand ich schnell auf und begleitete Sie. Dann entdeckten wir Sie, Teresina.«
    »Sie brauchen nur damit zu beginnen«, sagte die Inderin, »tief Luft zu holen ...«
    »Ich möchte ja gar nicht ...«
    »... und dasselbe elfmal zu wiederholen, während Sie auf den Zehenspitzen stehen; dann setzen Sie sich nieder, stecken Ihren Kopf zwischen Ihre Knie, kreuzen die Füße ...«
    »Ich will nicht schlafen!« rief Marie. »Ich habe nachzudenken.«
    »Gut, dann möchte ich Sie nicht länger stören«, sagte Kamala. »Gute Nacht.«
    »Nein, bleiben Sie. Und auch Sie, Teresina. Wir alle haben nachzudenken, und geradeso gut können wir uns jetzt darüber unterhalten. Einverstanden?«
    Die kühle Brise liebkoste Teresinas heißes Gesicht. Sie sagte lahm: »Sie meinen das Problem mit ...«
    »... diesem Schwein Newhouse, jawohl«, ergänzte Marie aufgebracht. »Er hat sich auch an Sie herangemacht, nicht wahr?«
    »Nein – ich meine, ja. Aber ich hatte ein Gewehr bei mir, und ...«
    »Und ich kenne ein paar Judotricks«, sagte Marie. »Bei meiner Arbeit ist das immer nützlich. Hat er Sie allein überrascht, Kamala?«
    »Ja«, antwortete die Inderin einfach. »Ich habe ihm von den drei Prinzipien erzählt, auf denen sich die Religionsphilosophie des Buddhismus gründet. Dann sagte er, wir sollten lieber zum Lager zurückgehen.«
    Marie kicherte. »Das ist ein leichter Ausweg.«
    »Ich habe ihm gesagt«, meinte Teresina, froh, daß die Dunkelheit ihre Verlegenheit verbarg, »daß er, äh, nun, daß er mit einer anfangen solle, die willig sei.«
    Marie nickte heftig. »Ich auch. Ich glaube, wir haben ihm beide dieselbe Person vorgeschlagen, nicht? Da sein Interesse an ihr – sagen wir einmal: nicht sehr groß ist, hat er bisher noch nichts unternommen.« Sie zuckte die Achseln. »Aber das wird nicht lange vorhalten, mes amies. Er ist ein gesunder junger Mann, in mancher Hinsicht vielleicht gesünder als andere. Es wird nicht lange dauern, bis er unserem Vorschlag folgt. Und dann, ein paar Monate später, wird er einen Anspruch auf eine von uns haben.«
    »Soll er es nur wagen!« fuhr Teresina auf.
    Kamala sagte freundlich: »Er wird Herrn Arsang und Herrn Fred auf seiner Seite haben. Sie haben ganz gewiß den Wunsch, daß hier eine große Gemeinde entsteht, besonders als Vorsorge für ihre alten Tage. Und dann ist da noch die Frage des Gesetzes, dem wir verpflichtet sind.«
    »Verpflichtet! Gesetz!« Teresina blickte zum Fluß. Ihre Stimme klang heiser. »Ist Ihnen noch nicht aufgefallen, wie schlecht und dumm dieses Gesetz ist? Erstens ist es ein grober Eingriff in die persönliche Freiheit. Jedermann hat das verfassungsmäßige Recht, zu entscheiden, was er mit seinem Leben anfangen will. Eine erzwungene Heirat ist ungültig. Zweitens ist diese Situation hier so ungewöhnlich und selten, daß es gar keinen Grund gibt, warum sie durch ein Gesetz geregelt sein sollte.«
    »Nun«, sagte Kamala milde, »dieses Gesetz scheint in der Tat unnötig zu sein, wie Sie ganz richtig hervorheben. Aber so etwas ist doch nichts Neues. Ich habe zum Beispiel gehört, daß es in manchen amerikanischen Staaten illegal ist, am Sonntagmorgen in der Nähe einer Straße zu baden. Es gibt viele solche Bestimmungen, die einem vernünftigen Menschen absurd vorkommen. Ein Gesetz, das das Verhalten Schiffbrüchiger regelt, erscheint mir also daher nicht so überaus abwegig, obwohl ich noch nie gehört habe, daß es schon einmal eine Situation wie die unsere gegeben hat.«
    »Na schön«, sagte Teresina. »Zugegeben.
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