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TTB 103: Die Zeit und die Sterne

TTB 103: Die Zeit und die Sterne

Titel: TTB 103: Die Zeit und die Sterne
Autoren: Poul Anderson
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ist der Colonel, Sir.« Er schluckte, dann schloß er hinter Mackenzie die Tür.
    Speyer stand neben dem Schreibtisch, einem zerkratzten alten Möbel mit wenig darauf: einem Tintenfaß, einer Briefablage, dem Lautsprecher und Mikrophon einer Sprechanlage, einer Photographie von Nora, die in den zwölf Jahren seit ihrem Tod verblaßt war. Der Major war groß und hager, hakennasig und kahlköpfig. Seine Uniform sah immer irgendwie ungebügelt aus. Aber er hatte das schärfste Gehirn in der ganzen Division, dachte Mackenzie; und bei Gott, es gab keinen Menschen, der so viele Bücher gelesen hatte wie Phil. Offiziell war er Mackenzies Adjutant, in Wirklichkeit sein Hauptratgeber.
    »Nun, was gibt's?« fragte Mackenzie. Der Alkohol schien sein Denken nicht zu beeinträchtigen, er ließ ihn die Dinge um ihn vielmehr mit geschärftem Bewußtsein wahrnehmen: den trockenen, heißen Geruch, den die Lampen ausstrahlten – wann würden sie endlich einen Generator bekommen, der groß genug wäre, elektrische Beleuchtung einzuführen? Er fühlte die kalten Steinplatten unter seinen Füßen und sah den Riß im Verputz der Nordwand. Der Ofen in der Ecke reichte kaum aus, um die feuchte Kälte zu vertreiben. Mackenzie gab sich zuversichtlich, steckte beide Daumen hinter sein Koppel und ließ sich auf die Absätze zurückwippen. »Nun, Phil, was ist los?«
    »Ein Telegramm aus San Francisco«, sagte Speyer. Er hatte ein Stück Papier in seinen Fingern hin und her gewendet, das er jetzt Mackenzie herüberreichte.
    »Warum keine Radiobotschaft?«
    »Ein Telegramm kann man nicht so leicht abhören. Dies hier ist übrigens verschlüsselt angekommen. Irwin hat es für mich in Klartext geschrieben.«
    »Was ist das wieder für ein Unsinn?«
    »Lies es, Jimbo, dann wirst du es selbst sehen. Es ist sowieso an dich gerichtet. Direkt vom Hauptquartier.«
    Mackenzie konzentrierte sich auf Irwins Gekritzel. Die üblichen Formalitäten der Anrede, dann:
     
    Sie werden hiermit verständigt, daß der Senat der Pazifischen Staaten Owen Brodsky, früher Richter der Pazifischen Staaten, von seinem Amt entbunden und unter Anklage gestellt hat. Seine Nachfolge tritt in Übereinstimmung mit dem Gesetz sein bisheriger Stellvertreter Humphrey Fallon an. Die Existenz subversiver Elemente, die für das Land eine öffentliche Gefahr bedeuten, hat Richter Fallon veranlaßt, ab 21 Uhr des heutigen Tages über die gesamte Nation das Kriegsrecht zu verhängen. Im Zusammenhang damit ergehen an Sie folgende Anweisungen:
    1. Bis zur öffentlichen Proklamation des Kriegsrechts gelten für, die obige Verlautbarung die üblichen Geheimhaltungsvorschriften.
    2. Alle verfügbaren Bestände an Waffen und Munition sind bis auf zehn Prozent einzuziehen und unter Verschluß zu halten. Es sind Wachen aufzustellen.
    3. Das Regiment hat Fort Nakamura nicht zu verlassen, bis Entsatz eintrifft. Ihre Ablösung besteht aus einem Bataillon unter Colonel Simon Hollis, das morgen früh von San Francisco abrücken und in fünf Tagen in Fort Nakamura eintreffen wird, zu welchem Zeitpunkt Sie das Kommando an ihn abgeben werden. Colonel Hollis wird diejenigen Offiziere und Mannschaften bezeichnen, die durch Angehörige seines Bataillons ersetzt werden. Das Bataillon wird im dort stationierten Regiment aufgehen. Sie werden die ausgetauschte Truppe nach San Francisco zurückführen und sich bei Brigadegeneral Mendoza im neuen Fort Baker melden. Um Zwischenfälle zu vermeiden, ist diese Truppe bis auf die Pistolen der Offiziere zu entwaffnen.
    4. Zu Ihrer privaten Information: Captain Thomas Danielis ist zu Colonel Hollis' Adjutanten ernannt worden.
    5. Sie werden nochmals darauf hingewiesen, daß über das Territorium der Pazifischen Staaten von Amerika das Kriegsrecht verhängt ist. Der nationale Notstand erfordert vollständige Loyalität zur gesetzmäßigen Regierung. Alle Ansätze zur Meuterei und Befehlsverweigerung sind streng zu ahnden. Jeder, der Brodsky oder seine Anhänger unterstützt, ist des Hochverrats schuldig und wird dementsprechend zur Rechenschaft gezogen werden.
    Gerald O'Donnell, Stabschef der
    Armee der Pazifischen Staaten von Amerika
     
    Über die Berge rollte der Donner wie Artilleriefeuer. Es dauerte eine Weile, bis Mackenzie sich rührte, und dann tat er es nur, um das Telegramm wieder auf den Schreibtisch zu legen.
    »Sie haben es gewagt«, sagte Speyer tonlos.
    »Was?« Mackenzie drehte den Kopf und starrte dem Major ins Gesicht. Speyer sah es nicht, denn er
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