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Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Titel: Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention
Autoren: Linda Maria Koldau
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ein Freund war es nicht. Küstennahe Häuser wurden mit Fenstern zur meerabgewandten Seite gebaut, als Schutz vorWind und Sturm. Ein freier Seeblick war nichts Erstrebenswertes; im Landesinnern war es sicherer. Heute werden die ökonomischen Vorteile der Meeresnähe in Form von Häfen und hafennaher Infrastruktur systematisch genutzt; Häuser mit Meeresblick sind attraktive Objekte in begehrtester Wohnlage. Dass dies alles an vielen Küsten innerhalb weniger Minuten zerstört werden kann, wird ausgeblendet.
    Die Verletzlichkeit ist jedoch größer als gemeinhin angenommen. Die Erdgeschichte mit ihren katastrophalen unterseeischen Hangrutschungen, Meteoriteneinschlägen, gewaltigen Vulkanausbrüchen und natürlich Erdbeben unterschiedlichster Art setzt sich fort. Immer wieder wurden gewaltige Tsunamis ausgelöst, die insgesamt Millionen von Menschen das Leben gekostet und gewaltige Zerstörungen angerichtet haben. Einige dieser Ereignisse sind in Legenden und Mythen eingegangen, und die geologischen Spuren bestätigen, dass die Beschreibungen von Naturkatastrophen keine maßlose Übertreibung sind. Szenarien, die man lieber im fiktiven Bereich des Ökothrillers sehen möchte, sind durchaus möglich. Der Tsunami von 2004 hat die Menschen weltweit aufgerüttelt. Er hat aber letzten Endes die Denk- und Lebensgewohnheiten der modernen Gesellschaft nicht wirklich verändert: Wieder stehen in den beliebten Tourismusgebieten des Indischen Ozeans Hotels unmittelbar am Strand, und die gewaltigen Ballungszentren an den Küsten wachsen stetig weiter. Edward Bryants düstere Aussage aus dem Jahr 2008 (S. 276) behält ihre Gültigkeit: «Es ist nur eine Frage der Zeit, bis eine der größten Städte der Welt von einem Tsunami verstümmelt wird.»
    Tsunamis sind ein offensichtlich zu seltenes katastrophales Großereignis, um zu einem grundlegenden Umdenken zu führen. Ein wesentliches Problem liegt in ihrem unregelmäßigen Auftreten und den relativ großen Zeitabständen zwischen einer Wiederkehr in derselben Region – nach wenigen Generationen sind die Katastrophe und das bleibende Risiko weitgehend vergessen. Dass ein Erdbeben mit Tsunami irgendwann in den nächsten fünfzig oder hundert Jahren auftreten könnte, hat auf den Alltag nur geringe Auswirkungen. Auch die – zwar immerbesseren, aber noch immer viel zu ungenauen – Voraussagen der Forschung wiegen Küstenbewohner in falscher Sicherheit. Nur in Ländern, in denen Erdbeben und Tsunamis eine ständig präsente Gefahr sind – so Japan, in geringerem Maße auch Indonesien –, hat sich ein Bewusstsein durchgesetzt, das deutliche Auswirkungen auf die Städteplanung und die Schulung der Bevölkerung hat. Doch selbst in Japan sind Atomkraftwerke wieder ans Netz gegangen, die unmittelbar an Küsten mit hohem Tsunamirisiko und extrem kurzer Warnzeit liegen. Priorität haben die Bedürfnisse der Gegenwart; dafür nehmen Regierung und Konzerne die Gefahr in Kauf – während der sogenannte Fukushima-Bericht der Regierung den zuständigen Behörden und dem Betreiber Tepco sträfliche Nachlässigkeit im Umgang mit dem Risiko Atomkraft sowie Schlampigkeit im Krisenmanagement nachweist.
    An den meisten Küsten weltweit aber ist das Risiko statistisch so gering, dass das notwendige präventive Bewusstsein gar nicht ausgeprägt ist. Wer denkt schon im Nordwesten Irlands daran, dass unterseeische Hangrutschungen am Kontinentalschelf gewaltige Tsunamis auslösen könnten? Auch das katastrophale Erdbeben mit Tsunami von 1908, das in Messina Zehntausende von Menschenleben forderte, ist im allgemeinen Bewusstsein so gründlich untergegangen, dass Urlaubern an den Stränden Süditaliens jeglicher Gedanke an Tsunamis fernliegt.
    Aber auch wenn sich ihr Eintreffen nicht genau voraussagen lässt: Tsunamis werden immer wieder kommen – sie bleiben eine Bedrohung an fast allen Küsten der Welt.
    Katsushika Hokusai, «Die große Welle vor Kanagawa», Farbholzschnitt aus der Serie «36 Ansichten des Berges Fuji», die zwischen 1830 und 1832 entstanden ist. Der Druck zeigt drei von Edo kommende Fischerboote in einer Welle vor der Küste von Kanagawa und der Kulisse des Fuji-Berges. Die berühmte Hokusai-Welle ist in Wirklichkeit keine Tsunamiwelle. Dennoch wurde sie international zum Symbol für den Tsunami. So wurde ihre Form auf vielen Tsunami-Warnschildern übernommen, und sie findet sich als Logo auf den Webseiten des International Tsunami Information Center und der International Tsunami
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