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Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Titel: Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention
Autoren: Linda Maria Koldau
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Fluttore werden vor allem an Flussmündungen errichtet, um zu verhindern, dass der Tsunami das Flusswasser aufstaut und bis weit ins Land für Überflutung sorgt. Hafenmauern sind effektiv, wenn sie höher sind als die Auflaufhöhe des Tsunamis. Dies gilt ebenso für Dämme weiter im Landesinnern, die größere Bezirke beschützen können.
    Nach dem großen Ansei-Nankai-Tsunami, der 1854 das gesamte Dorf Hiromura zerstört hatte, wurde ein massiver Damm von 5 Metern Höhe, 600 Metern Länge und mit einer Basis von 20 Metern errichtet – der Bau war damals auch eine soziale Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für diejenigen, die im Tsunami alles verloren hatten. Knapp einhundert Jahre später, beim Showa-Tonankai-Tsunami 1946, wurde das wiederaufgebaute Hiromura ihrer Nachkommen durch den alten Damm größtenteils vor der Überflutung geschützt.
    Die Stadtplanung in betroffenen Regionen muss auf äußerst lange Zeiträume angelegt sein, denn meist trifft ein Tsunami in ein und derselben Region nur in Intervallen von mehreren Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten auf. In Japan wurden verschiedene Strategien entwickelt, um die Sicherheit der Anwohner langfristig zu vergrößern: Die Grundhöhe ganzer Areale wurde erhöht, manche Wohnviertel wurden auf höheres Terrain umgesiedelt. Grundsätzlich wird die Landnutzung in Gegenden mit hohem Risiko streng reguliert. In der Städteplanung werden gezielt Gruppen von Stahlbetonbauten einkalkuliert, die die Funktion von Wellenbrechern
(breakwater buildings)
und Zufluchtsorten übernehmen. Ebenso werden «Land-Deiche» wie Eisenbahndämme und Autobahnen in der Schutz- und Evakuierungsplanung berücksichtigt.
    Eine mehrfach schützende Wirkung haben auch Küstenwälder. Sie können die Intensität des Einströmens wie auch des Rückstroms reduzieren; sie bieten Menschen, die durch den Rücklauf ins Meer hinausgerissen werden, einen rettenden Halt; sie verhindern zusätzliche Schäden durch sich verbreitendes Treibgut; sie schützen, vor allem bei hoher Baumdichte, Häuser, die dahinter gebaut sind, und sie stärken generell die strandnahen Küstenabschnitte, indem sie die Erosion von Sand und Erde verhindern. Allerdings haben Bäume an Küsten oft flache Wurzeln; vor allem junge Bäume werden daher bei einem Tsunami ausgerissen und verwandeln sich in gefährliches Treibgut. Straßen in Küstenwäldern haben zudem eine kanalisierende Wirkung und können bei einem Tsunami als Fluchtroute besonders gefährlich sein.
    Schließlich gehören auch die Evakuierungsrouten zu den baulichen Schutzmaßnahmen. Sie müssen auch im Notfall passierbar sein und dürfen nicht durch Trümmer oder einstürzende Gebäude und Brücken blockiert werden. Die Routen selbst müssen klar und allgemein verständlich ausgezeichnet sein; oft geschieht dies durch Schilder mit einer symbolischen Welle. Außerdem muss es allgemein zugängliche und klar ausgewiesene Zufluchtsorte geben, etwa erhöhte Orte, die zu Fuß erreichbar sind, oder hohe Stahlbetonbauten, deren obere Stockwerke für Flüchtende auch durch Außentreppen zugänglich sind.
Die Bevölkerung: Schulung und Evakuierung
    «Katastrophenkultur» ist das Schlagwort für einen Lebensstil, der in gefährdeten Küstengebieten gezielt entwickelt werden muss: Die zwei wesentlichen Elemente sind das Bewusstsein der latenten Gefährdung
(awareness)
und das Bereitsein für den Notfall
(preparedness)
in Denken und Handeln. Informationsveranstaltungen, Unterrichtseinheiten und regelmäßige Evakuierungsübungen sind unverzichtbarer Teil des Alltags in dieser Kultur. Idealerweise sollten sie von den Anwohnern selbst organisiert und durchgeführt werden, also in lokaler Eigenverantwortung, wobei die Regierung alle vorhandenen Informationenzugänglich macht und die Infrastruktur dort unterstützt, wo sie über die Möglichkeiten der lokalen Behörden hinausgeht (etwa die Anbindung an Frühwarnsysteme). Zu den Aufgaben des deutsch-indonesischen Warnsystems gehört daher auch die Erstellung von sogenannten Tsunami Kits, das sind Arbeitsmaterialien, die den jeweiligen Regionen und ihren lokalen Verwaltungen helfen, den Katastrophenfall vorzubereiten. Hierbei sind regionale Unterschiede in Mentalität und Infrastruktur zu beachten, etwa die beste Erreichbarkeit der Menschen oder auch die konkrete Formulierung der Warnmeldung.
    Das grundlegende Problem ist die Unregelmäßigkeit, mit der Tsunamis in ein und derselben Region auftreffen. Wo ein Tsunami nur einmal innerhalb
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