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TS 96: Menschen auf fremden Sternen

TS 96: Menschen auf fremden Sternen

Titel: TS 96: Menschen auf fremden Sternen
Autoren: Chad Oliver
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hältst uns zurück, weil du in die Mysterien der Eingeborenen eindringen willst. Diese Untätigkeit macht mich verrückt. Wenn wir schon bleiben müssen, dann auf anständige Art und Weise. Ich möchte endlich wieder leben, Martin, eine Frau und ein Haus haben.“
    Die Spannungen verschärften sich. Spannungen, die zwangsläufig unvermeidlich waren.
    „Ich habe euch nie Befehle gegeben, nur Ratschläge“, antwortete Ashley sehr ruhig. „Es ist eure Sache, ob ihr euch an diese Ratschläge haltet.“
    „Er hat trotzdem recht, Mart“, sagte Bob Chavez. „Wir wissen nicht, woran wir sind.“
    „Was soll ich dazu sagen? Regeln lassen sich hier nicht aufstellen, Bob. Wir leben in einer fremden Welt, die wir noch nicht kennen.“
    „Du weißt etwas, Märt“, sagte Bob beharrlich.
    Ashley holte seine Pfeife aus der Tasche und stopfte sie mit seiner besonderen Tabakmischung. Er ließ sich Zeit und zündete die Pfeife umständlich an. Er wollte seine Worte genau überlegen, obwohl er wußte, wie wenig Sinn das hatte. Seine beiden Gefährten würden ihm sowieso nicht glauben.
    „Ich glaube, die Nern sind viel weiter als wir. Wenn wir diese Tatsache übersehen, werden wir uns die Finger verbrennen.“
    Der Regen tropfte auf das Dach der Hütte, über den Bergen entlud sich krachend ein schweres Gewitter.
     
    *
     
    Gallen und Chavez starrten ihn fassungslos an. Ernie deutete schließlich geringschätzig auf die Hüttenwand.
    „Diese Primitiven sollen uns überlegen sein?“ Er lachte schallend auf. „Sie kennen nicht einmal das Rad, Mart. Du bist verrückt.“
    „Meinst du?“
    Ernie wurde sichtlich verlegen. „Das hätte ich nicht sagen dürfen, Mart“, entschuldigte er sich. „Aber was du eben gesagt hast, klingt sehr merkwürdig.“
    „Das weiß ich.“
    „Ich muß immer wieder an die Zigarette denken“, sagte Bob. „Ich zerbreche mir den Kopf und komme nicht weiter.“
    Ashley winkte ab. „Es geht nicht um die Zigarette. Ich habe auch darüber nachgedacht. Es gibt hier keine Fabriken. Die Zigarette stammt nicht von hier. Dadurch entstehen neue Probleme, mit denen wir uns jetzt aber nicht beschäftigen wollen.“
    „Womit denn?“ fragte Bob ungeduldig.
    Ashley zog an seiner Pfeife. Was sollte er sagen?
    Er zuckte die Schultern. „Es ist schwer, etwas zu erklären, das man selber nur ahnt. Ein Funkexperte läßt sich auch nicht in zehn Minuten ausbilden. Ich will einen Versuch machen, aber ich muß euch warnen. Ich kann nur meine recht unklaren, dazu noch subjektiven Gedanken erklären. Was ihr daraus macht, liegt an euch.“
    „Ganz blöd sind wir auch nicht“, sagte Gallen ironisch.
    „Natürlich nicht. Es ist nicht schwer, bestimmte Kulturen zu identifizieren. Man sieht einen Totempfahl, einen Speer, ein Kleidungsstück und ordnet diese Dinge ein. Auch die soziale Organisation ist leicht festzustellen. Kulturen sind wie ein Organismus, sind dynamische Systeme und schreiben den Lauf der Entwicklung vor.“
    „Die einzelnen Kulturen sind demnach bestimmte Entwicklungsmuster, von denen nicht abgegangen wird?“
    „Ganz so einfach ist es auch wieder nicht. Ich will nur sagen, daß ich nicht zum Ausgangspunkt der Kultur dieser Leute hier vordringen kann. Die Nern sind jedenfalls nicht primitiv. Ihre Kultur macht wohl einen primitiven Eindruck, aber sie ist es nicht. Sicher habt ihr schon etwas von konvergenter Evolution gehört. Zwei völlig verschiedene Entwicklungsrichtungen kommen zum gleichen Ergebnis. Ich glaube, wir haben es hier mit einer solchen Evolution zu tun.“
    Ashley bemerkte die skeptischen Blicke seiner Gefährten und lächelte. „Ich bin noch nicht fertig. Ihr sollt noch ein paar Fakten hören und euch darüber Gedanken machen. Denkt einmal an unsere Landung. Wir fielen praktisch vom Himmel, rasten über das Dorf hinweg und landeten im Gras. Ein paar Stunden später kommen drei Nern und stehen harmlos herum. Sie fürchten sich nicht vor uns und wundern sich nicht im geringsten. Das Schiff müßte für sie jedoch ein Wunder sein, aber sie kümmern sich gar nicht darum. Folglich muß die Landung eines Schiffes für diese Leute etwas ganz Selbstverständliches sein. Das Dorf weist aber keine Anzeichen einer höheren Entwicklung auf: es gibt keine Messer, Äxte, Pflüge oder andere Hilfsmittel. Die Kleidung ist einfach. Schmuck ist verpönt. Ist das alles nicht sehr eigenartig?“
    Gallen und Chavez schwiegen.
    „Das ist aber längst nicht alles“, fuhr Ashley fort. „Da ist die
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