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TS 96: Menschen auf fremden Sternen

TS 96: Menschen auf fremden Sternen

Titel: TS 96: Menschen auf fremden Sternen
Autoren: Chad Oliver
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verlassen.
    Es handelte sich um eine sehr ernste Feier. Die beiden Paare mußten vier Tage lang fasten und sich während dieser Zeit von den Alten unterrichten lassen.
    Die Nern waren sehr vorsichtig und höflich. Sie wollten während der Feierlichkeiten allein sein und baten die Gäste, später wieder zurückzukehren. Sie entschuldigten sich, ließen aber durchblicken, daß sie es mit ihrer Aufforderung sehr ernst meinten.
    Ashley, Gallen und Chavez machten sich also auf den Weg zur Kapsel. Sie schritten durch das hohe Gras und sprachen nicht viel. Sie konnten nur abwarten.
    Sie warteten vier Tage, bis sie die Ungewißheit nicht mehr ertragen konnten und in der Dunkelheit zum Dorf zurückschlichen, um wenigstens die Feierlichkeiten am letzten Tage zu beobachten.
    Der dumpfe Klang einer Trommel wies ihnen den Weg durch die Nacht. Bald sahen sie die rötlich flackernden Feuer und die Silhouetten der Häuser. Die Eingeborenen sangen leise und traurig. Die Waldtiere schienen den Gesang zu respektieren, denn sie schwiegen in dieser Nacht.
    Martin Ashley fühlte sich einsamer als je zuvor. Der Gesang der Eingeborenen stimmte ihn traurig.
    Er riß sich zusammen und schüttelte den Kopf. Ich darf mich nicht solchen Gedanken hingeben, mahnte er sich selber. Das war aber leichter gesagt als getan. Er sah das Leben einer Gemeinschaft und fühlte sich als Außenseiter. Er gehörte nicht zu den Leuten, die, einhundert Lichtjahre von seiner Heimat entfernt, ein Fest feierten. Wahrscheinlich würde er nie zu ihnen gehören und immer ein Fremder bleiben.
    Merkwürdige Gedanken tauchten auf, und er schämte sich ihrer nicht. Er hätte seine Seele hingegeben, um Mitglied der Dorfgemeinschaft zu werden, er hatte es satt, immer nur andere Leute zu studieren, statt zu ihnen zu gehören, mit ihnen zu singen und zu feiern.
    „Merkwürdige Gesellschaft“, flüsterte Gallen. „Die Burschen scheinen die Sache verdammt ernst zu nehmen. Das Trommeln macht mich beinahe rührselig.“
    Bob Chavez ging es nicht anders. „Das gefällt mir“, gab er ehrlich zu. „Die Leute sind aufrichtig und unverdorben. Ihre Gefühle sind noch echt. Wir aber leben in einer anderen Welt, und wir müssen den Leuten bald zeigen, daß es auch noch andere Dinge gibt. Lange genug sind wir jetzt hier, denke ich.“
    Ashley bückte sich und hob etwas auf. Erstaunt betrachtete er das etwa zehn Zentimeter lange weiße Gebilde. Es war eine von einer Maschine hergestellte Zigarette. Die Zigarette glühte an einem Ende.
    „Donnerwetter!“ murmelte er leise. „Es ist eine Zigarette!“
    Seine Kameraden starrten die Zigarette an.
    „Mir scheint, wir sind nicht die einzigen Gäste hier. Es kann aber auch sein, daß …“
    „Daß was?“ fragte Gallen nervös.
    Ashley sprach es nicht aus. Er stand im Mondlicht zwischen den Bäumen und betrachtete die Zigarette in seinen Händen. Er hörte den Gesang der Eingeborenen und spürte eine starke Erregung. Es war nicht nur Erregung, sondern auch Furcht.
     
    *
     
    Es regnete heftig.
    Martin Ashley stand am Eingang einer Hütte und sah hinaus. Die Umgebung war in einen silbrigen Dunst gehüllt. Ashley betrachtete die Hütten und die hohen Bäume, die ihn so sehr an die Fichten seiner Heimat erinnerten. Der Geruch war ähnlich, auch die harten Nadeln, von denen nun das Wasser tropfte. Ashley befand sich in melancholischer Stimmung und wehrte sich nicht dagegen. Er genoß das Naturschauspiel und atmete die feuchte Luft in tiefen Zügen ein.
    Sie waren nun seit zehn Wochen im Dorf. Bob Chavez saß auf einem Holzstuhl mitten in der Hütte und grübelte. Ernie Gallen fühlte sich auch deprimiert, aber er reagierte anders und lief unruhig auf und ab. Ashley ahnte, was die beiden Männer dachten. Das Gefühl der Isolierung wurde stärker. Der Aufenthalt auf dem fremden Planeten konnte nicht länger als ein unterhaltsames Zwischenspiel aufgefaßt werden, sie mußten alles Vergangene vergessen. Für die drei Männer würde es keine großen Städte mehr geben, keine kultivierten Frauen, keine Bars mit leiser Musik.
    Es regnete ununterbrochen, eintönig, deprimierend. Ashley hatte oft auf das Rauschen des Regens gelauscht. Er hörte keinen Unterschied, Regen blieb Regen.
    Ernie Gallen blieb plötzlich stehen. „Wir stecken alle drei in der Patsche“, begann er.
    Ashley nickte nur, denn er wußte, was kommen würde.
    „Ich will dich nicht angreifen, Martin, aber so geht das nicht weiter. Wir sitzen hier herum und tun nichts. Du
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