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TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2

TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2

Titel: TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2
Autoren: Henry Kuttner
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Unsterblichen unter die Füße zu treten, ihn mit allen Mitteln zum Eingestandnis seiner Niederlage zu zwingen. Für die Gelassenheit Harkers empfand Sam keine Bewunderung, nur unbeherrschten Haß.
    Und weil er den Mann nicht mit den Fäusten erreichen konnte, schrie er ihm die Gefühle ins Gesicht, die ihn durchtobten.
    Die ersten Worte, die er Harker zubrüllte, hörte niemand. Als aber sein kantiges, rotes Gesicht auf den Fernsehschirmen auftauchte, ließ das Toben der Menge allmählich nach, bis endlich zusammenhängende Sätze zu verstehen waren.
    „Geben Sie Ihren Widerstand auf!“ schrie Sam. „Kein Harker hat das Recht, uns zu unterdrücken! Liefern Sie uns das Korium oder zeigen Sie uns, was sich eben in Ihrem Ratssaal abgespielt hat. Los doch! Beweisen Sie uns, welche Gelassenheit die Harkers an den Tag legen, wenn die Lage kritisch wird! Nein – ich selbst werde es jedem einzelnen vor Augen führen! Wartet, Leute, wartet, bis ihr Blaze Harker gesehen habt und das, was aus ihm …“
    Harkers schemenhafte Gestalt machte eine gebieterische Handbewegung. Während Sam schrie und gestikulierte, verschwammen seine Züge auf dem Fernsehschirm, und seine Stimme verklang.
    Klar und deutlich zeichnete sich Zacharias Harker wieder auf den Schirmen der Fernsehempfänger ab. Er beugte sich vor und blickte aus erhabener Höhe auf die angsterfüllten Volksmassen herab.
    „Hört auf mich, ihr Männer und Frauen der Kuppeln“, sagte er. „Ihr seid nach wie vor in Sicherheit. Keine Bombe ist auf die Delawarekuppel gefallen, und keine Bombe wird sie treffen. Denn dieser Mann ist nicht das, was er zu sein vorgibt. Bis zu diesem Augenblick habe ich sein Geheimnis gewahrt; nun aber ist die Zeit gekommen, seinen Betrug zu enthüllen.
    Joel Reed hat behauptet, er hätte seinen Vater niemals zu Gesicht bekommen. Er hat geschworen, die Schande zu tilgen, die seinem Namen anhaftet. Und er hat versprochen, die Kolonie zu gründen, die Sam Reed zugrundegerichtet hat, ehe sie noch entstanden war.“
    Harker hielt inne.
    „In Wahrheit aber ist dieser Mann kein anderer als Sam Reed“, schloß er dann.
    Verblüfftes Stimmengewirr setzte ein, als Harker seine Ansprache beendete. Er hörte sich das Gemurmel einen Augenblick lang an, ehe er die Hand hob.
    „Die Netzhautmuster und Fingerabdrücke liefern schlüssige Beweise für das, was ich eben behauptet habe“, sagte er. „Unsere Nachforschungen stimmen. Vor euch steht Sam Reed, der Betrüger, der sich mit Traumstaub der gerechten Vergeltung entzogen hat. Glaubt ihr seinen Versprechungen jetzt immer noch?
    Reden Sie, Sam Reed! Malen Sie noch mehr Luftschlösser für die Leute, die Sie hintergangen haben! Oder wollen Sie etwa leugnen? Sollen wir Ihnen auf der Stelle unsere Beweise vorführen? Was haben Sie zu sagen, Sam Reed?“
    Sams Züge traten wieder klar auf den Fernsehschirmen hervor. Wie ein Schatten wartete Harker mit halbgeöffneten Lippen hinter ihm. Er atmete immer noch schwer, und Blut rann über seine Wange.
    Zacharias Harker hatte den Kopf verloren.
    Einen Moment lang begriff niemand, wie es um ihn stand, am wenigsten sein Gegner. Sam wußte nur, daß er so schnell schalten mußte wie noch nie in seinem Leben. Höchstens eine Viertelminute, die den Eindruck einer bewußten Pause erwecken würde, blieb ihm zum Überlegen. Dann mußte er antworten.
    Dabei zeichnete sich die Entgegnung fast schon vor seinem inneren Auge ab. Sie lag ihm buchstäblich auf der Zunge, aber zehn Sekunden lang rang er vergeblich darum.
    Dann fiel der Groschen. Harker hatte einen einzigen, aber dafür um so entscheidenderen Fehler begangen. Kein Unsterblicher war rasche Gedankensprünge gewohnt. Jahrhundertelang war die Anforderung, mit einem Blick alle Seiten einer drohenden Gefahr zu erfassen, sämtliche Möglichkeiten abzuwägen und sich instinktiv für den sichersten Ausweg, zu entscheiden, nicht an sie herangetreten.
    Und Harker war unsterblich. Er dachte nicht in dem Sinne, wie normale Menschen denken. Seine Überlegungen gründeten sich auf Jahre und Jahrzehnte, nicht auf Tage und Wochen.
    Sam lachte.
    „Nein“, rief er. „Ich leugne nichts. Ich wollte mich unter anderem Namen bewähren, weil ich euch das schuldig war und weil ich meine Vergehen wieder gutzumachen hatte. Aber Harker hat recht. Ich bin unsterblich!“
    Er unterbrach sich, um jedem die volle Bedeutung dieser Worte zu Bewußtsein zu bringen.
    „Ich war vierzig Jahre alt, als ich mit Traumstaub aus dem Weg geräumt
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