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TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2

TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2

Titel: TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2
Autoren: Henry Kuttner
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wurde“, fuhr er fort. „Und weitere vierzig Jahre lang habe ich die Kuppeln nicht aufgesucht. Sehe ich aus wie ein Achtzigjähriger? Überzeugt euch selbst! Bin ich ein Greis?“
    Sam lockerte die gefärbten Haftschalen und entfernte sie mit zwei Griffen aus seinen Augen. Er spie die Kappen aus, die über seinen Zähnen saßen und riß sich die rote Perücke herunter. Grenzenloses Selbstvertrauen lag in dem Grinsen, mit dem er seine Zuschauer anblickte. Auch dem letzten unter ihnen teilte sich die herrische Schönheit mit, die von ihm ausging.
    Die Menge sah ein kantiges, kraftvolles Gesicht mit harten Zügen, in die wohl ein gewalttätiges Leben seine Furchen gegraben hatte, nicht aber das hohe Alter. Selbst der haarlose Schädel war zu ebenmäßig geformt, um von der Kahlköpfigkeit eines Greises herzurühren. Das Gesicht, das die Massen erblickten, strotzte vor Lebenskraft, doch es glich in nichts den wohlgestalteten Zügen, wie sie die Unsterblichen aufwiesen.
    „Schaut mich an“, wiederholte Sam. „Ihr seht, daß ich kein Unsterblicher bin. Niemand, der unsterblich war, ist jemals mit meinem Aussehen geboren worden. Ich unterscheide mich in nichts von euch. Aber ich habe achtzig Jahre lang gelebt.“
    Er trat einen Schritt zurück, hielt inne und heftete seinen durchdringenden, fordernden Blick auf die Menge.
    „Ich war ein Mensch wie ihr alle“, sagte er. „Aber während ich Jahrzehnte an Land verbrachte, habe ich eine gewaltige Entdeckung gemacht. Ich weiß jetzt, warum die Unsterblichen nicht wagen, die Erschließung der Kontinente voranzutreiben. Ihr wißt selbst, daß sie alles unternommen haben, um die Besiedlung der Landstriche zu verhindern. Weshalb? Ich will euch den Grund nennen.
    Ihr alle könnt die Unsterblichkeit erlangen!“
    Der ausbrechende Tumult klang erst nach fünf Minuten ab. Und selbst dann hörten die wenigsten, wie Zacharias Harker müde sagte:
    „Schön, Reed. Sie bekommen Ihr Korium. Soll das vielleicht ein neuer Betrug sein? Wenn nicht, dann nur zu. Machen Sie die Leute allesamt unsterblich!“

 
8.
     
    Über die ganze Länge der Wand lief ein farbenprächtiges Gemälde. Es zeigte grüne Meere mit weißen und purpurnen Schaumkronen, die den Fuß braunsamtener Hügel benetzten.
    Vor langer, langer Zeit kannte man solche Ufer auf einer Welt, die nun in Weißglut stand. Der Künstler, der das Wandgemälde schuf, hatte niemals eine brandende See oder schroffe Hügelkuppen erblickt. Seiner Wiedergabe einer Landschaft, die nur in seiner Einbildung bestand, haftete ein Anflug von Unwirklichkeit an, der um so stärker hervortrat, als ein hellerleuchtetes Rechteck in der Mitte des Gemäldes eine wirkliche Meeresfläche mit dschungelbestandenem Ufer zeigte, über die ein Boot auf V-förmigen Wasserschwingen dahinschoß.
    Zwei Menschen saßen in dem Gemach und verfolgten die Vorgänge, die sich über ihnen an Land abspielten. Kedre Walton hatte sich mit gekreuzten Beinen auf einem Kissen niedergelassen und legte eine Patience auf dem niedrigen Glastisch, der vor ihr stand. Nur dann und wann schaute sie auf den flimmernden Fernsehschirm.
    Zacharias Harker dagegen, der seinen tiefen Sessel dem Schirm zugedreht hatte, wandte keinen Blick von dem dahinrasenden Boot.
    „Da stürmen sie nun über die See, die Toren“, murmelte er halblaut vor sich hin. Er hielt ein Fäßchen mit glimmendem Rankenstaub in einer Hand, das er gelegentlich an die Nase führte. Die saftstrotzende Liane, die den Staub lieferte, hatte einst Gift auf jedes Tier gesprüht, das sich in seiner Unbesonnenheit in ihre Nähe wagte. Getrocknet und zerrieben entströmte ihr beim Abbrennen ein betäubender Duft, der erregte Nerven besänftigte.
    Harker atmete den Rauch tief ein und blies ihn gegen den Fernsehschirm.
    „An dem, was Reed sich diesmal eingebrockt hat, wird er noch schwer zu kauen haben“, bemerkte er.
    „Wie gewöhnlich du dich ausdrückst“, tadelte Kedre. Das Lächeln, das sie ihm zuwarf, konnte den Beschauer blenden, denn Kedre hatte sich nach der neuesten Mode geschmückt. Ihre schweren schwarzen Locken waren mit Gold überzogen. Eine dünne, schimmernde Goldschicht hüllte jede Flechte ein. Das aufgetürmte Haar vereinigte sich zu einer geflochtenen Krone, die sich wie ein Helm über dem schmalen Agypterinnenkopf Kedres erhob. Selbst ihre Brauen bildeten goldene Bogen, und ein Goldtropfen funkelte an der Spitze jeder Wimper.
    „Lachhaft schaust du aus“, versicherte Harker ihr mit einem
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