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TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1

TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1

Titel: TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1
Autoren: Henry Kuttner
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er seinen Blick über die gleichgültige Menge schweifen, die rund um ihn die Gleitbänder bevölkerte. Verbarg sich hinter einem dieser Gesichter ein tiefes Interesse an seinem Verhalten? Oder war sein unbekannter Wächter müde geworden? Hatte er ihn wieder sich selbst überlassen, damit er seinen eigenen Weg beschritt?
    Mit der Zeit würde er es merken. Vielleicht würde er es auch niemals erfahren.
    Ein erfreuliches Ergebnis der vergangenen Stunden bildeten zumindest die zweitausend Kredite, die in seiner Tasche steckten. Er hatte die nächste Hürde genommen, ohne ihrer recht gewahr zu werden. Jetzt hatte er noch einige Rechnungen zu begleichen und die eine oder andere Einzelheit zu regeln. Dann wartete seine Unsterblichkeit auf ihn.
    Sein Verstand weigerte sich, daran zu denken. Er scheute vor den unüberschaubaren Schwierigkeiten, vor den kaum erfaßbaren Möglichkeiten zurück, die sein neues, langes Leben barg. Statt dessen konzentrierte er sich auf die beiden Männer, die ihn in die Klinik gebracht und wieder hinausgeleitet hatten. Der Presser konnte Nachforschungen nach ihnen anstellen. Auch bei der Aufspürung Rosathes würde er von Nutzen sein. Andere Aufgaben, die sich stellten, mußte er selbst erledigen.
    Er verspürte Durst und lachte auf. Dieser Durst hatte nichts mit der Sucht nach Traumstaub gemein. Seine Einbildung hatte ihm einen Streich gespielt. Wäre er nicht seinen unbegründeten Befürchtungen erlegen, dann hätte der erste Schluck Wasser seinen Durst gestillt.
    Beim nächsten öffentlichen Waschraum trat er von dem Gleitband herunter, ging hinein und schlürfte kühles, erfrischendes Wasser, bis er nichts mehr trinken konnte.
    Er blickte zu den schimmernden Gleitbändern hoch, die sich aufwärts wanden, zu den ragenden, lichterflimmernden Gebäuden, und etwas in seinem Innern weitete und dehnte sich und wuchs, bis es schien, als müßte dieses ungekannte, machtvolle Empfinden die Kuppel sprengen. Er starrte zu dem Imperviumrund hoch, und vor seinen Augen taten sich die flachen Meere auf; die Wolkendecke zerriß und enthüllte ihm die sternenfunkelnde Leere, die er noch nie erblickt hatte.
    Es gab soviel zu erreichen. Und nichts trieb ihn zur Eile. Er hatte Zeit. Alle Zeit der Welt gehörte ihm.

 
23.
     
    Sam wandte sich von dem Bild ab, das die Stadt bot, und sah sich zwei Uniformierten gegenüber, die sich in seinem Rücken genähert hatten. Ihre Uniformen waren über vierzig Jahre hinweg die gleichen geblieben. Die beiden Männer gehörten der geheimen Regierungspolizei an. Noch ehe das erste Wort gefallen war, wußte Sam, daß es keinen Sinn hatte, sich mit ihnen auf eine Auseinandersetzung einzulassen.
    In gewisser Hinsicht empfand er eher Freude als Besorgnis, als der ältere der beiden Beamten seine Marke zückte und befahl: „Kommen Sie mit.“ Endlich hatte jemand einen greifbaren Schritt unternommen. Vielleicht würde er nun die Antworten auf einige der Fragen erfahren, die ihn erfüllten.
    Auf einem schnellaufenden Gleitband brachten ihn die Beamten zur Kuppelmitte. Neugierige Blicke wurden den dreien zuteil, während die Stadt an ihnen vorüberwirbelte. Der Luftzug wehte Sam das rote Haar seiner Perücke ins Gesicht. Er zweifelte keinen Augenblick daran, welchem Ziel sie zustrebten.
    Die Unsterblichen jeder Kuppel bewohnten in der Stadtmitte eine Gruppe hoher, buntfarbiger Türme, umschlossen von mauerbewehrten Gärten. Die Beamten führten Sam ohne Umwege zum Wohnsitz der Harkers.
    Diese Entwicklung traf Sam nicht unvorbereitet. Zacharias Harker würde kaum vor vierzig Jahren seine Ausschaltung befohlen haben, ohne ihn auch während der nächsten vierzig Jahre überwachen zu lassen. Andererseits schien es unwahrscheinlich, daß Harker ihn überhaupt am Leben gelassen hätte.
    Sam zuckte die Achseln. Er würde die Wahrheit bald erfahren.
    Durch eine Hintertür wurde er in den höchsten Turm gebracht und eine durchsichtige Kunststofftreppe hinuntergeführt, unter der ein Strom grauen Wassers zu den Gärten floß. Rote und goldene Fische schwammen vorüber, und blühender Seetang trieb träge in der Strömung.
    Ein kleiner, verzierter Fahrstuhl wartete am Fuß der Stufen. Die Beamten schoben Sam hinein und schlossen wortlos die Tür. Durch die Glasscheiben sah er, wie ihre teilnahmslosen Gesichter draußen zurückblieben. Dann trug ihn der brummende Lift den Zinnen des Harkerturms entgegen.
    Die Fahrstuhlwände spiegelten sein Bild wider. Sam musterte sich in seiner Maske als
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