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Vox

Vox

Titel: Vox
Autoren: Baker
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« Was hast du an?» fragte er.
    Sie sagte: «Ich habe ein weißes Hemd mit kleinen Sternchen an, grünen und schwarzen Sternchen, dazu eine schwarze Hose, Socken so grün wie die Sternchen und schwarze Sneakers für neun Dollar.»
    «Was machst du gerade?»
    «Ich liege auf dem Bett, es ist gemacht. Das ist ungewöhnlich. Ich habe heut morgen das Bett gemacht. Vor ein paar Monaten hat mir meine Mutter eine Tagesdecke aus Chenille geschenkt, genauso eine, wie wir früher hatten, und ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie immer noch unbenutzt herumlag, und heute morgen hab ich sie schließlich aufs Bett drapiert.»
    «Ich weiß nicht, was Chenille ist», sagte er. «Ist das so eine Art Seide?»
    «Nein, Baumwolle, Baumwollchenille. Es hat so kleine Büschel, mit konventionellen Mustern. Wie in einer Frühstückspension.»
    «Oh oh oh, Büschelmuster. Da bin ich aber beruhigt.»
    «Warum?» fragte sie.
    «Seide hat so was… da fallen einem gleich Anzeigen für einen Hostessenservice ein, wo der Text in so einer nachgemachten Achtzehnte-Jahrhundert-Schrift gesetzt ist – Für den verwöhnten Herrn – so in der Art. Oder Deliques Intimates, kennst du den Katalog?»
    «Den kriege ich ungefähr einmal die Woche.»
    «Genau, die reine Sintflut. Spitzenfiligran, Aubrey Beardsley – nein danke. Dazu fällt mir nur ein: Madam, der Seidenhüftslip, den Sie da tragen, bekommt bestimmt Flecken.»
    «Da hast du recht», sagte sie. «Mir hat mal einer so ein exotisches Wäscheteil geschenkt, nicht von Deliques, aber etwas in der Art, Seide mit Spitze. Ich werde ganz… ich werde sehr feucht, wenn ich erregt bin, es ist schon fast peinlich. Dieses Wäschedings wurde also klitschnaß. Er sagte, der Mensch, der es mir gekauft hatte, sagte: ‹Was soll’s, wirf’s weg, einmal getragen.› Aber ich weiß nicht, ich dachte, vielleicht will ich es noch mal anziehen. Eigentlich ist es nämlich ganz schön, Seide zu tragen. Also ging ich damit zur Schnellreinigung. Ich sagte nichts weiter dazu, ich stopfte es einfach in einen ganzen Haufen Arbeitssachen. Ich kriegte es zurück mit einem kleinen Schildchen dran, auf dem ein tanzendes Männchen mit tragischem Gesichtsausdruck und einem Hut war, das sagt, du weißt schon: ‹Sorry! Wir haben getan, was wir konnten, wir haben zu außergewöhnlichen Maßnahmen gegriffen, aber die Flecken auf diesem Kleidungsstück gingen einfach nicht raus!› Ich sah es mir an, und es war ganz komisch, da waren fünf Punktflecken drauf, kleine Ovale, nicht unten, wo ich naß gewesen war, sondern weiter oben, vorn.»
    «Seltsam.»
    «Und der Typ, von dem ich es hatte, war nicht auf mir gekommen. Er kam woanders – da bin ich mir ganz sicher. Ich hab also die Theorie, daß jemand in der Schnellreinigung…»
    «Nein! Bringst du deine Sachen immer noch dahin?»
    «Na, sie liegt halt günstig.»
    «Wo wohnst du?»
    «In einer Stadt im Osten.»
    «Oh. Ich in einer Stadt im Westen.»
    «Wie schön.»
    «Es ist wirklich schön», sagte er. «Von meinem Fenster aus kann ich eine Straßenlampe mit ganz vielen Dornlöchern drin sehen, von den Serviceleuten – ich meine natürlich einen hölzernen Telefonmast mit einer Straßenlampe dran –»
    «Klar.»
    «Und ein paar Häuser. Die Straßenlampe wird per Fotozelle aktiviert, und zu sehen, wie sie angeht, das ist wirklich was Schönes.»
    «Wie spät ist es bei dir?»
    «Ähm – zwölf nach sechs», sagte er.
    «Ist es schon dunkel?»
    «Nein. Bei dir?»
    «Nicht ganz», sagte sie. «Richtig dunkel finde ich es erst, wenn die kleinen Lämpchen auf meinem Stereoreceiver das Hellste im Zimmer sind. Das stimmt zwar so nicht ganz, aber es klingt gut, findest du nicht? Mit welcher Hand hältst du den Hörer?»
    «Mit der linken.»
    «Was machst du mit der rechten?»
    «Meine rechte Hand ist… im Augenblick liegen meine Finger auf der Erde einer Topfpflanze, die mir jemand geschenkt hat und die nicht so richtig wird. Ich wühle so ein bißchen mit den Fingern in der Erde.»
    «Was für eine Pflanze?»
    «Weiß ich nicht mehr», sagte er. «In der Erde stecken ein paar polierte runde Steinchen. Ah, Moment, da ist das Schildchen. Nein, das ist bloß das Preisschild. Eine anonyme Geheimpflanze.»
    «Du hast mir noch nicht gesagt, was du anhast», sagte sie.
    «Ich habe… ich trage, na ja, einen Bademantel und Gummilatschen mit blauer Sohle und roten Haltern. Es sind meine ersten Gummilatschen – ich meine, seit ich hierhergezogen bin. Sie sind gut zum Aufwachen
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