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TS 44: Die Milliardenstadt

TS 44: Die Milliardenstadt

Titel: TS 44: Die Milliardenstadt
Autoren: Kurt Mahr
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versuchte Einwände – nicht aus sachlichen Gründen, sondern weil er das Opfer, das Martiko zu bringen bereit war, für größer hielt, als man es verlangen konnte.
    „Nein“, sagte Martiko kopfschüttelnd, „es bleibt dabei. Ich denke, ich kann dadurch einen Teil meiner Sünden wiedergutmachen. Es ist eine Sünde, nichts zu tun, wo man etwas tun kann, nicht wahr?“
    „Und wo bleibst du, alter Mann?“ fragte Egan-Egan. „Was willst du tun?“
    Martikos Stimme war von Spott erfüllt, als er antwortete:
    „Hast du die Zusammenhänge noch nicht ganz verstanden, junger Mann? Ich verschaffe mir einen triumphalen Abgang, indem ich meine Maske abnehme. Sieh her, mein Junge!“
    Mit einem Ruck riß er die Maske vom Gesicht. Egan-Egan war es, als schlüge ihm einer mit dem Knüppel über den Kopf. Sein Schädel begann zu dröhnen, und er wußte nicht mehr, ob er wirklich sah, was er sah:
    Ballas war mit Martiko identisch.
     
    *
     
    Von rückwärts gesehen, war es einfach gewesen. Nicht anders als mit dem bemalten Maßstab, mit dem Ballas zwei Jahre zuvor die Zeitmaschine demonstriert hatte.
    Martiko, nachdem er die Maske abgenommen hatte, hatte gehen müssen, damit zehn Jahre in der Vergangenheit sich in der Stadt der zweiten Kaste ein Mann niederließ, der das geheime Labor unter dem Wohnturm kannte, und damit er acht Jahre später einen jungen Mann, der sich Egan-Egan nannte und auf abenteuerlichem Wege von der Stadt der vierten Kaste bis hierher gekommen war, in die Geheimnisse einer längst vergessenen Technik einweihen konnte.
    Egan-Egan hatte versucht, ihn zu halten; aber Martiko, oder Ballas, hatte ihn darauf aufmerksam gemacht, daß er sich dadurch selbst um den Erfolg bringen werde. Egan-Egan hatte ihn durch den Ring hindurchgehen lassen und, wie sie es vereinbart hatten, die Zeitmaschine hinter ihm abgebaut, so daß er nicht in die Gegenwart zurückkehren konnte, wenn er seinen Entschluß bereute. Jetzt war er noch Martiko, der König, der nichts von Zeitmaschinen verstand und der nicht in der Lage sein würde, sich selbst eine zusammenzubauen, bis eines Tages der junge Mann kam, der Egan-Egan hieß und die Menschheit in einer mächtigen Revolution zu sich selbst zurückführen wollte.
    Es erhob sich die Frage, ob bis dahin nicht Egan-Egan der König sein würde, gegen den sich der Anschlag des alten Ballas und des jungen Egan-Egan richtete. Aber diese Frage ließ sich leicht beantworten: es lag in Egan-Egans Hand, was er aus seinem neuerworbenen Königtum machte. Er wollte hinüber nach L-iland fahren und ein Missionar werden, wie Martiko es ausgedrückt hatte.
    Wo aber war der erste Ballas geblieben, nachdem er zu Beginn von Egan-Egans Wache hinaufgegangen war, um nach der Rakete zu sehen? War er in dem Augenblick verschwunden, physikalisch verschwunden, in dem Martiko aus der Zeitmaschine auftauchte, oder war er nur einfach davongelaufen, weil er um die Dinge wußte und es nicht ertragen wollte, daß nun zwei identische Menschen auf dieser Welt lebten.
    Was war? Egan-Egan, nachdem er seine Freunde Honest und Francis über die Vorgänge der vergangenen Tage beruhigt und ihnen versichert hatte, daß das Ziel nahezu erreicht sei, ließ nach Ballas suchen. Die Suche erstreckte sich über ein paar Wochen und das gesamte Stadtgebiet. Ballas jedoch wurde nicht gefunden, und ebensowenig eine Antwort auf Egan-Egans Frage.
    Egan-Egan entsann sich schließlich der Prinzipien der Schneiderschen Mathematik und nahm sich zu Herzen, daß die Forderungen nach Unanschaulichkeit und Unkausalität auch vor einem Menschen nicht Halt machten. Das Problem Ballas war anschaulich nicht zu erfassen. Der Geist des Menschen begnügte sich anzuerkennen, daß es vorhanden war und daß er mit Hilfe mathematischer Formeln das Schicksal des alten Mannes und seine Aufenthaltswahrscheinlichkeit bestimmen könne – allerdings ohne sich unter den Ergebnissen etwas vorstellen zu können.
    Egan-Egan begann zu verstehen, daß die Menschheit aus ihrem zehntausendjährigen Schlaf nicht an derselben Stelle erwachen würde, an der sie eingeschlafen war. Die letzten Erkenntnisse der Forschung hielten ein neues Problem bereit, an dem die neuen Menschen ihre Gedanken wetzen konnten, kaum daß sie die Augen geöffnet hatten.
    Und das war gut so. Die Menschen würden sich über etwas anderes den Kopf zerbrechen als über ihre jüngste Vergangenheit.
    Egan-Egan installierte in seinem Labor einen Teleporter, der ihn in Martikos Palast versetzen
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