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TS 39: Bürger der Galaxis

TS 39: Bürger der Galaxis

Titel: TS 39: Bürger der Galaxis
Autoren: John Brunner
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auf und trat an das Fenster. Von hier aus konnte er tief drunten den Strand der Bucht sehen, wo dunkle Paddelboote das buntleuchtende Wasser aufwühlten. Ganz schwach konnte man von der anderen Seite des Hotels her, wo der Rummelplatz lag, die vielstimmigen Geräusche des Karnevalsrummels hören.
    „Ich weiß nicht“, sagte er plötzlich, „dieser Coolin schien sich nicht sonderlich viel daraus zu machen, ob es ihm gelang, den Mörder dieses … wie haben Sie doch gesagt? … zu fangen.“
    „Er erklärte, er heiße Winch, aber ich bezweifle es.“
    „Ich hatte den Eindruck, daß den Androiden, die Coolin bei sich, hatte, mehr daran lag, herauszufinden, wer Ihren Etagenoberkellner umgebracht hat. Das überrascht mich.“ Horn blickte Dordy fragend an.
    „Etwa weil wir keine Familien oder Angehörige haben? Weil wir aus Becken in chemischen Fabriken statt aus dem Schoß einer Frau kommen?“ Dordy lächelte sarkastisch. „Das macht uns alle zu Brüdern, Mr. Horn, uns alle.“
    „Ich glaube Ihnen. Ich –“ Horn kam ins Stammeln. Es fiel ihm schwer weiterzureden, denn es hätte beinahe sentimental geklungen, und das wurde allgemein als Fehler angesehen. „Es wäre meiner Ansicht nach sehr viel besser, wenn wir uns mehr umeinander kümmern würden.“
     „Sie werfen eine vieltausendjährige Geschichte von sich“, sagte Dordy.
    Die Reinigungsroboter kamen heran und erkundigten sich, ob ihre Arbeit ordentlich getan wäre. Dordy bestätigte es ihnen, und sie verließen das Zimmer. Sobald sie draußen waren, ging Dordy zum Kleiderschrank hinüber und öffnete ihn rasch. Horn blickte überrascht zu ihm hinüber.
    „Aber da hängen ja noch Winchs sämtliche Kleider! Weshalb haben Sie denn Coolin nicht gesagt, daß er sie durchsuchen soll?“
    „Ich habe mir meine Ansicht über Coolin schon bei seiner Ankunft gebildet“, antwortete Dordy über die Schulter hinweg. „Weshalb hat er nicht selbst daran gedacht? Ganz einfach deshalb, weil er sich nicht wirklich darum kümmerte. Ich habe mir auch über Sie sehr schnell meine Meinung gebildet. Das ist eine Angewohnheit, die man sich in meinem Beruf zulegen muß. Ich muß einen Gast einschätzen können, sobald ich ihn erblicke, muß erraten, ob er uns wohl Unannehmlichkeiten bereiten kann, ob er hinsichtlich der Bedienung schwer zu behandeln ist und so fort.“
    Während er sprach, öffnete er Türen und Schubfächer. Die meisten Fächer waren leer.
    „Ich hatte recht, was Winch anbelangt. Ich hatte ihn so eingeschätzt, daß er nichts tat, was die Aufmerksamkeit auf ihn lenkte. Und wenn ich annahm, daß er von einem Mörder verfolgt wurde, dann war das auch richtig.“
    Er ließ die Türen und Schubfächer und ging auf den Ausgang zu. Auf der Schwelle blieb er stehen und blickte zurück. „Jetzt haben Sie eine Chance, sich zu benehmen, als sei das, was Sie sagten, Ihr Ernst gewesen – als wären Sie dazu fähig, sich ebensoviel Sorge um jemanden Ihrer Art zu machen, wie wir uns um einen der unsrigen sorgen.“
    Er fuhr mit einer blauhäutigen Hand in das Innere der Tunika seines dunklen Dienstanzuges, zog einen flachen, länglichen Gegenstand aus der Tasche und warf ihn quer durch das Zimmer Horn zu, der ihn automatisch auffing.
    „Er hieß nicht Winch“, sagte Dordy. „Sein Name war Lars Talibrand.“ Dann verließ er das Zimmer.
    Horn blieb lange Zeit nach dem Weggang des Androiden im Sessel sitzen und drehte den Gegenstand, den man ihm gegeben hatte, in seinen Händen hin und her. Es war eine Art Brieftasche aus stumpfem, grauem Metallgewebe, eine taschenförmige Scheide, die einen etwas schmäleren Gegenstand umschloß, den man herausziehen konnte. Es war ein dünnes kleines Buch, auf dessen Vorderseite in vier oder fünf verschiedenen Sprachen mehrere Wörter geprägt waren. Er konnte nur eine Sprache entziffern, aber das reichte, um ihn vor Überraschung die Augen aufreißen zu lassen.
    Der Aufdruck lautete: Bürger der Galaxis.
    Auf der Innenseite war ein plastisches Foto, das Bioidentität gehabt haben mußte, denn seine ursprünglich lebensechten Farben verschwammen jetzt zu einem stumpfen Grau, und die Augen in dem Gesicht waren geschlossen. Es blieben jedoch noch genügend Einzelheiten, um sicher sein zu können, daß dies der Rothaarige war, der in diesem Zimmer gestorben war.
    Dem Bild gegenüber war eine Seite Text in einer Sprache, von der Horn nur den hervorstehenden Namen Lars Talibrand lesen konnte. Die nächste Seite konnte er verstehen.
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