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TS 30: Die Söhne der Erde

TS 30: Die Söhne der Erde

Titel: TS 30: Die Söhne der Erde
Autoren: Poul Anderson
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steckte sich eine neue Zigarette zwischen die Lippen und berührte das Ende mit seinem Zündring. Sein Gesicht verzog sich zu einem schiefen Lächeln. „Ich bin schon immer erster Klasse durchs Leben gefahren“, antwortete er.
    Das Fährschiff beendete das Wendemanöver und setzte zur Landung in Tycho Port an. Maclaren brauchte keine Sekunde, um sich auf Mondschwerkraft umzustellen. Ryersons Gesicht dagegen zeigte eine leicht grünliche Färbung, und er schluckte eine Pille. Aber selbst sein momentaner Zustand des Elends verringerte nicht sein Staunen, als sie durch einen Verbindungstunnel vom Schiff direkt zur Einschienenbahn gelangten. Dritter-Klasse-Passagiere hatten sich bei ihrer Ankunft mit einer Unmenge Papierkrieg abzufinden. Jetzt saß er wenige Minuten nach der Landung schon wieder auf weichen Polstern und konnte durch die Kristallscheiben die gezackte eindrucksvolle Pracht der Mondberge bewundern.
    „Gehen wir essen“, sagte Maclaren. „Ich habe diesen Zug absichtlich gewählt. Er ist so langsam, daß wir uns genügend Zeit nehmen können, und der Koch versteht seine Sache.“
    „Ich bin nicht … nicht hungrig“, stammelte Ryerson.
    Maclarens dunkles, hakennasiges Gesicht blitzte in einem Lächeln auf. „Gerade für einen solchen Fall hat man ja schließlich Cocktails und hors d’oeuvres erfunden, mein Junge. Hauen Sie noch mal tüchtig ein. Wenn es stimmt, was ich über die Schiffsrationen gehört habe, stehen uns ein oder zwei traurige Monate bevor.“
    „Waren Sie denn noch nie auf einem interstellaren Schiff?“
    „Natürlich nicht. Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie weiter als bis zum Mond gekommen. Warum auch?“
    Maclarens roter Überwurf wirbelte wie Feuerzungen hinter ihm her, während sie zum Speisewagen gingen. Unter der leuchtend weißen Jacke und den kurzen Hosen zeigten sich muskulöse Beine, die in Lederhalbstiefeln steckten. Der Winkel, in dem sein Barett auf dem Kopf saß, war pure Unverschämtheit. Ryerson, der in seiner grauen Raumfahreruniform bedrückt hinter ihm herschlich, überkam ein Gefühl der Erbitterung. Dafür also hatte man ihn und Tamara auseinandergerissen. Konnte dieser eitle Pfau überhaupt unterscheiden, was vorne und hinten war? Für ihn ist dieser Stern nur ein neues interessantes Spielzeug, weil er eine Weile genug hat von Wein und Frauen und … und Tamara sitzt jetzt auf der Insel zusammen mit diesem selbstgerechten alten Biest, das schon der bloße Klang ihres Namens in Rage versetzt.
    Während sie sich einen Tisch suchten, nahm Maclaren den Faden des Gesprächs wieder auf. „Diese Chance ist zu gut, als daß ich sie mir entgehen lassen dürfte. Letztes Jahr habe ich mir einen zahmen Mathematiker herangeholt und ihn auf die Schrödinger Gleichungen losgelassen. Sugimotos relativistische Version, meine ich. Yuen postuliert mir zu viel für meinen Geschmack. Jedenfalls setzte er die entsprechenden Größen der Dunkelsonne ein, Masse, Schwerkraft und so weiter, und rechnete sie durch. Das Resultat ließ uns beide fragen, ob der Kern eines solchen Körpers nicht in einen völlig neuen Degenerationszustand übergeht. Ein einziges gigantisches Neutron? Das klingt vielleicht sehr phantastisch. Aber überlegen Sie folgendes …“
    Und während der Zug lautlos durch die öde Landschaft glitt, deckte Maclaren seinen Gast mit einem Trommelfeuer mathematischer Symbole ein. Als Ryerson zwei Stunden später den Wagen verließ, dröhnte ihm der Kopf.
    Er hatte schon von den zyklopenhaften Anlagen gehört, die den ganzen Yukawa-Krater ausfüllten und sich bis auf die ringsum liegenden Ebenen erstreckten. Doch alles, was er bei diesem ersten Besuch sah, war ein gigantischer, überdachter Platz, ein langer Rollstraßentunnel und einige uniformierte Ingenieure. Schüchtern machte er eine Bemerkung, mit der er seine Enttäuschung ausdrückte.
    Maclaren nickte. „Völlig richtig. Man findet mehr Romantik, ein eindrucksvolleres Gefühl der Entfernung und eine weit imposantere Szenerie in einem Nachmittag auf der Bai als in einem Fünfzig-Lichtjahr-Sprung. Was das betrifft, so wird meiner Meinung nach die Raumfahrt bei weitem überschätzt, und Tatsache ist, daß die Raumfahrer selber einen interplanetarischen Flug jederzeit einer interstellaren Reise vorziehen, wurde mir jedenfalls erzählt. Die Schiffswachen sind einfach Teil einer lästigen Pflicht.“
    Hier und da zweigten Nebentunnel ab, Hinweisschilder zeigten den Weg zu den einzelnen Sendestationen – Alpha
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