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TS 10: Das vertauschte Ich

TS 10: Das vertauschte Ich

Titel: TS 10: Das vertauschte Ich
Autoren: Jerry Sohl
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Kreis der Auserwählten aufgenommen. Carl konnte keinen einzigen persönlichen Bekannten nennen, der sich zu diesen Bevorzugten zählen durfte, seinen Vater, der vor ungefähr zehn Jahren auserwählt worden war, ausgenommen.
    »Mein Vater war beliebt und wurde allgemein respektiert«, sagte Carl plötzlich. »Wer hätte ihn ermorden sollen?«
    »Es ist gut, daß Sie ermordet sagen.« Severn blickte Carl offen in die Augen. »Heutzutage gibt es so wenige Mordfälle, daß man bald die Bedeutung dieses Wortes vergessen hat.«
    »Natürlich kommt so etwas nur noch sehr selten vor. Glauben Sie, ich weiß das nicht? Jeder versucht oder gibt zumindest vor, ein Stabi zu sein. Außerdem – im Hinblick auf die Strafe, die auf Mord steht, kann ich mir nicht denken, daß jemand das Risiko auf sich nehmen möchte.«
    »Richtig. Aber trotzdem hat es jemand getan. Warum?«
    Carl stand auf. Im Stehen fühlte er sich wohler. Außerdem gab ihm diese Stellung einen psychologischen Vorteil gegenüber dem Mann im Sessel.
    »Warum fragen Sie mich? Ich kann es mir wirklich nicht denken.«
    Severn langte in eine Innentasche seines Anzugs und holte ein Notizbuch hervor. Carl ging zu einem der Fenster und drückte auf den Sichtknopf. Das milchige Glas wurde klar und durchsichtig. Draußen ging gerade die Sonne auf. Er hörte, wie Severn die Seiten seines Buches durchblätterte, während er verloren aus dem Fenster starrte.
    »Wo waren Sie gestern Nachmittag – so gegen zwei Uhr?«
    »Das ist ja eine ewige Zeit her.« Carl dachte eine Weile nach und versuchte die Ereignisse des gestrigen Tages chronologisch zu ordnen. »Am besten, ich beginne mit dem Vormittag.«
    »Der Vormittag interessiert mich nicht. Nur der Nachmittag.«
    »Ich komme schon noch darauf zu sprechen. Am Vormittag war sowieso nicht viel los. Ich stand gegen elf auf, frühstückte dann im Klub…«
    »Klub?«
    »Antlers Klub.«
    »Was muß man eigentlich zahlen, wenn man da Mitglied werden will?«
    Carl drehte sich um und schaute Severn forschend an, aber der hatte den Blick gesenkt und machte sich eifrig Notizen.
    »Haben Sie die Absicht einzutreten?«
    »Oh nein! Mich würde nur interessieren, wie tief Sie in Rosen gebettet sind.«
    »Gehören Unverschämtheiten zur Technik des Verhörs?«
    Severn hob den Kopf und lächelte freundlich.
    »Manchmal hilft es. Das bringt die Opfer ein bißchen durcheinander.«
    »Sie sagen das ziemlich verbittert.«
    »Ich wollte Sie nicht unterbrechen. Fahren Sie fort.«
    »Also wie ich schon sagte – ich frühstückte im Klub, holte dann Marilla ab …«
    »Marilla?«
    »Marilla Matthews. Eine Freundin.«
    »Ich verstehe.«
    Carl fühlte sich durch das schwache Lächeln irritiert, das um Severns Mund spielte. Er drehte sich wieder zurück zum Fenster. »Sie ist Lehrerin. Klasse für Entwurf an der Los Angeles Kunstakademie. Augenblicklich hat sie Ferien. Wir flogen ein bißchen mit dem Wagen. Ungefähr bis ein Uhr. Dann gingen wir in das Imago auf dem Hollywood Boulevard.«
    »Ah, gut. Sie waren also um die fragliche Zeit in einem Imago. Das kann leicht nachgeprüft werden. Was haben Sie danach gemacht?«
    Carl ließ sich in einen Sessel fallen und bedeckte abgespannt seine Augen mit der Hand. Er zählte mit monotoner Stimme die Ereignisse des restlichen Tages auf – wie er mit Marilla zu jenem kleinen Restaurant hoch oben in den Bergen geflogen war, das einen grandiosen Ausblick über das Meer bot, und wie sie dann zurück nach Laguna geflogen waren, um dort den Sonnenuntergang zu bewundern.
    »Sie verlieren nicht viel Zeit, um von einem Ort zum andern zu kommen.«
    »Wir haben einen Enlo-Prinlee.«
    »Spezialanfertigung?«
    Carl seufzte.
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, Mr. Severn, dann fassen Sie sich bitte kurz. Ich bin müde. Was wollen Sie noch wissen?«
    Carl schaute den Agenten herausfordernd an.
    »Glauben Sie immer noch, daß ich es getan habe?«
    »Offen gesagt – nein. Wenn Sie das beruhigt.« Severn klappte sein Notizbuch zu. »Erzählen Sie mir noch etwas über John Hardesty.«
    Carl richtete sich erstaunt auf.
    »John Hardesty? Ich kannte ihn nicht besonders gut. Er war einer der Vizepräsidenten und leitete die Produktionsabteilung. Ein ziemlich wichtiger Posten, obwohl mein Vater ihm nicht gestattete, sich allzu sehr in die allgemeine Politik der Gesellschaft einzumischen.«
    »Sie vergaßen das Wichtigste.«
    »Und was wäre das?«
    »Daß er tot ist.«
    »Ich dachte, Sie wüßten das.«
    »Finden Sie es nicht seltsam,
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