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Trügerisches Bild: Ein Auftrag für Spenser

Trügerisches Bild: Ein Auftrag für Spenser

Titel: Trügerisches Bild: Ein Auftrag für Spenser
Autoren: Robert B. Parker
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‚friedfertig weitersegelte‘.“
    „Wow. Ist das nicht das Gedicht, wo es heißt: ‚des Peinigers Ross reibt seinen schuldlosen Hintern am Baum‘? Oder etwas in der Art.“
    Ich beugte mich vor und nahm die Champagnerflasche aus dem Eiskühler und schenkte Susan nach. „Genau das.“
    „Vielleicht wusste Auden Sachen, die Rosalind nicht weiß.“ „‚Das Leiden konnten sie immer verstehen, die Alten Meister.‘“
    „Kannst du das ganze Gedicht rezitieren?“
    „Glaube schon.“
    „Bitte nicht.“
    „Weißt du, sie hat mich überhaupt nicht gefragt, warum ich es nicht besser hingekriegt habe, ihn zu beschützen. Auch nicht, ob ich weiß, wer es getan hat, oder ob ich denke, dass wir sie fassen werden. Sie wollte es bloß nacherleben, aus zweiter Hand, um etwas daraus machen zu können.“
    „Viele Leute hätten das wissen wollen.“
    „Sehr viele.“
    „Wie kam sie dir vor?“
    „Ich weiß, dass ihr Mann kürzlich ermordet worden ist. Ich weiß auch, dass sich die Menschen manchmal merkwürdig verhalten, wenn sie trauern. Aber sie dramatisierte sich irgendwie selbst. Sie hat nicht geweint, nicht auch nur ansatzweise, soweit ich das beurteilen kann.“
    „Du weißt genauso gut wie ich, dass zur Trauer auch die Frage gehört: ‚Was wird aus mir?‘“
    Ich nickte.
    „Vielleicht hat dieses Gefühl alle anderen Gefühle überlagert“, sagte Susan.
    „Vielen Dank, Dr. Silverman. Wäre das dann Narzismus?“ „Könnte sein. Wenn sie seine Tragödie nimmt und für sich umformt.“ Sie trank etwas Champagner.
    „Oder vielleicht“, sagte ich, „ist es auch eine Möglichkeit, sich tapfer einem unaussprechlichen Leid zu stellen.“
    „Könnte sein.“
    „Legt ihr Therapeuten euch eigentlich auch manchmal fest?“ „Soll vorkommen. Hast du mit Princes Kollegen gesprochen?“
    „Hat schon die Polizei gemacht. Ohne Ergebnisse.“
    „Und mit den Studenten?“
    „Glaube nicht.“
    „Mit den Leuten aus der Verwaltung?“
    „Glaube nicht.“
    „Beide haben oft Einblicke zu bieten, die den Kollegen entgehen.“
    „Vielleicht fahre ich mal rüber. Und rede mit den Studentinnen. Studentinnen können mir nicht widerstehen.“
    „Solange du ihnen widerstehen kannst.“
    „Ich schätze Reife sehr.“
    „Das solltest du auch. Ist dieser Eintopf bald fertig?“ „Wenn man Eintopf auf die richtige Weise kocht, hat man ein fertig-Fenster von ungefähr sechs Stunden.“
    „Dann bleibt noch genug Zeit für ein Schäferstündchen.“ „Wenn wir schnell machen.“
    „Gut. Ich habe gern auf leeren Magen Sex.“
    „Ich auch. Oder auf vollen Magen. Oder auf halb leeren. Oder –“
    Sie wandte sich auf der Couch zu mir um. „Schluss mit dem Gerede.“
    Und sie gab mir einen langen Kuss.

11
    Der Fachbereich Kunst und Kunstgeschichte an der Walford befand sich im Erdgeschoss eines Backsteingebäudes mit Pilastern, das an einem Teich stand. Der Teich sah aus, als ob er nicht dorthin gehörte und erst kürzlich angelegt worden war. Aber vielleicht war ich pingelig. Teiche sind nett.
    Das Hauptbüro lag gleich rechts hinter der Eingangstür. Es waren drei Frauen darin. Die Frau, die das Sagen hatte, war hochgewachsen und grauhaarig, mit schmalen Lippen und finsterem Blick. Auf ihrem Schreibtisch stand ein Namensschild, das sie als Agnes Phelen auswies. Ihr Schreibtisch stand neben einer Tür, die zum Büro des Fachbereichsleiters führte. Was mir sofort klar war, weil ich ein erfahrener Ermittler war und weil das Schild an der Ornamentglastür besagte: Fachbereichsleitung. Die anderen beiden Frauen waren wesentlich jünger und machten einen lebensfroheren Eindruck. Agnes sah mich mit etwas an, das Verachtung zu sein schien, aber auch Misstrauen sein konnte.
    „Kann ich Ihnen behilflich sein?“ Sie sah nicht so aus, als ob sie es ernst meinte.
    „Können Sie“, sagte ich.
    Was sie zu nerven schien. „Worum geht es denn?“
    „Mein Name ist Spenser. Ich ermittle in der Mordsache Ashton Prince.“
    „Dr. Prince. Ein Jammer. Schrecklich.“
    „Was können Sie mir über ihn erzählen?“
    „Ein hervorragender Lehrer und ein feiner Mensch.“
    „Gab es irgendwelche ungewöhnlichen Vorfälle im Zusammenhang mit ihm?“
    „Nein.“
    Aus den Augenwinkeln sah ich, wie die beiden anderen Frauen einander anschauten.
    „Können Sie zwei mir irgendetwas über Dr. Prince erzählen?“
    Sie schüttelten beide den Kopf, aber dahinter verbarg sich die Andeutung eines einverständigen Grinsens.
    „Er ist mit allen
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