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Tribunal

Tribunal

Titel: Tribunal
Autoren: Klaus Erfmeyer
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Frodeleit geschrieben. Ich darf Ihnen den Entwurf zu lesen geben, den Sie dann ebenfalls zur eigenen Verfügung erhalten, bevor wir dann zur Lösung kommen.« Sie griff in die Mappe, zog ein Schriftstück heraus und übergab es Stephan.
    Marie stellte sich hinter ihn und las über seine Schulter mit.
     
    Freitag, 05.03., 21.10 Uhr
     
    Kollege Knobel hat mich aus dem Hause Frodeleit angerufen. Er bittet um sofortige Hilfe. Ich eile dort hin. Achim Frodeleit sitzt aufgeregt im Wohnzimmer. Er berichtet, dass Knobel über die Terrassentür eingedrungen sei und ihn dann mit einem Messer bedroht habe. Der Geschehnisablauf wird vom Kollegen Knobel auf Nachfrage bestätigt. Er erklärt, dass er sich nicht mehr zu helfen gewusst habe, weil sich seine Freundin sicher sei, dass Frodeleit sie seit einiger Zeit bedrohe. Knobel weiß, dass er sich unrechtmäßig verhalten hat. Er weiß auch, dass es keine Beweise für die Anschuldigungen seiner Freundin gibt. Er wiederholt, dass er davon ausgehe, dass sie sich die Geschichte eingebildet habe. Aber er fühle sich ihr auch verpflichtet. Sie tue ihm leid. Frau Schwarz erwarte, dass er sich endlich für sie einsetze. Knobel versichert, dass er mit Frodeleit nur habe reden wollen. Ihm sei daran gelegen gewesen, dass Frodeleit auf Nachfrage von Frau Schwarz bestätigen könne, dass er von Knobel zur Rede gestellt worden sei. Kollege Knobel sieht darin eine Chance, seine Freundin beruhigen und von ihrem krankhaften und bedrohlich wirkenden Vorhaben abbringen zu können, Frodeleit vor ein Tribunal zu stellen. Kollege Knobel weiß, dass er Frodeleit warnen und vor seiner Freundin schützen muss.
    Kollege Knobel berichtet, dass nicht geöffnet worden sei, als er bei Frodeleit geklingelt habe. Dann sei er um das Haus herumgegangen und durch die geöffnete Terrassentür eingedrungen. Plötzlich sei Frodeleit erschienen und habe ihn zur Rede stellen wollen. Daraufhin habe Knobel panikartig ein Messer ergriffen, das auf dem Tisch gelegen habe. Auf mein Zureden wird Knobel ruhiger. Er entschuldigt sich in aller Form bei Frodeleit, der jedoch gleichwohl noch die Polizei holen will. Man kann sich lediglich darauf einigen, dass Frodeleit hierbei nicht die Identität Knobels offenbaren wird. Er will gesichert sein, wenn Knobel neue Attacken gegen Frodeleit fährt. Ich mache den Vorschlag, dass das Schloss zur Wohnungstür von Frau Schwarz ausgetauscht wird, damit diese beruhigt werden kann. Die Befindlichkeiten von Frau Schwarz sollen bedient werden. Es besteht Einigkeit, dass es keinen Sinn macht, sie davon zu überzeugen, dass sie sich etwas eingebildet habe. Möglicherweise, das bestätigt auch Knobel, sei sie ernsthaft krank. Knobel sichert zu, förderlich auf die Stimmungslage von Frau Schwarz einzuwirken. Das Gespräch endet nach etwa einer Stunde.
     
    gez. Hubert Löffke, Rechtsanwalt
     
    Stephan war während des Lesens puterrot angelaufen, doch Dörthe wehrte mit einer Handbewegung ab.
    »Hubert hat sich selbst nicht wohl dabei gefühlt.«
    »Wohl gefühlt?«, schrie Marie dazwischen. »Es ist kriminell!«
    »Er hat es mir jedenfalls aus freien Stücken gesagt«, fuhr Dörthe ruhig fort, »und wir haben darüber beraten. Hubert wird sich nun wirklich von Frodeleit trennen. Es ist keine Freundschaft, das wissen wir doch alle. Ich persönlich bin sogar glücklich, dass es dazu kommt. Ich will auch mit dieser Verena nichts mehr zu tun haben. Uns verband untereinander ohnehin nichts, was eine Freundschaft auszeichnet. Hubert, ich denke, ich darf für dich sprechen: Mein Mann ist hier in etwas hineingezogen worden und er bekennt sich dazu, ein Stück weit mitgespielt zu haben. Aber jetzt steht er und damit auch Ihre Kanzlei am Scheideweg: Mit Frodeleit weitermachen heißt, sich ihm auszuliefern und die gute Kanzlei zu sprengen, in der Sie beide doch trotz aller Differenzen vorzüglich zusammenarbeiten. Sie sind trotz allem ein Team.«
    »Und die Alternative?«, fragte Stephan.
    »Die Alternative heißt, der Wahrheit die Ehre zu geben und mich zu Ihnen zu bekennen«, antwortete Löffke mit unbekannt reuigem Unterton. »Wir dokumentieren den gestrigen Abend im Wesentlichen so, wie er abgelaufen ist.«
    »Was heißt: im Wesentlichen?«, wollte Marie wissen.
    »Wir halten fest, wie Sie dort hingelockt und von Frodeleit bedroht worden sind. Wir halten auch fest, was er mit der ganzen Sache bezweckt. Und insbesondere können wir dokumentieren, dass es sich seitens Frodeleits um die Vortäuschung
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