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Treibgut der Strudelsee

Treibgut der Strudelsee

Titel: Treibgut der Strudelsee
Autoren: Horst Hoffmann
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Legionäre zu hassen gelernt hatten. »Und keiner der Männer wird dich anrühren, Kleine.«
    Sie hob den Kopf, aber da war keine Hoffnung mehr in ihrem Blick.
    Jejed sah nicht, wie sich ein winziges, tentakelbewehrtes Tier aus dem Schatten löste und durch die nun weit offenstehende Tür schlüpfte.
    *
    Das kurze, aber heftige Unwetter war überstanden, doch wuchs in Mythor die Gewissheit, dass er nur das Vorspiel zu etwas anderem, noch weitaus Schrecklicherem erlebt hatte.
    Die Bewegungen seiner Arme, das Vorbeugen, das Anspannen aller Muskeln und das Ziehen an der Ruderstange waren fast schon eintönig geworden. Er nahm sie kaum noch wahr. Vor und zurück, immer wieder, zu den dumpfen Schlägen der Trommel.
    Inzwischen kannte er auch den Namen des Weißhaarigen, so wie die einiger anderer Männer vor und hinter ihm, die die Köpfe zusammensteckten, wenn gerade kein Aufseher in der Nähe war. Der Weißhaarige hieß Yellen und stammte aus Tainnia. Doch auch er wusste nichts Neues über die Verhältnisse im Norden zu berichten, außer dass die Caer das Land mit Blut und Dunkelheit überzogen. Andere Legionäre waren Flüchtlinge aus Ugalien und dem nördlichen Salamos. Daneben gab es Männer aus vielen unbekannten Ländern im Süden, die alle in Sarphand das gleiche Schicksal erlitten hatten.
    Zu jenen, die sich freiwillig in die Hände der Wilden Fänger begeben hatten, zählte ausgerechnet jener Golad, der nun neben Mythor ruderte und sich dabei keine Schonung auferlegte. Es war, als wolle er seine Verzweiflung dadurch vergessen machen, dass er sich anstrengte wie kaum ein anderer.
    Inzwischen aber war er ruhiger geworden, und bald hatte sich eine Freundschaft zwischen ihm und Mythor entwickelt. Mythor wusste nun, welch grausames Schicksal ihn und Farina, wie seine Gefährtin wirklich hieß, dazu getrieben hatte, sich an Bord der Lichtfähre bringen zu lassen.
    Beide stammten aus dem heißesten Süden. Golad, der alles andere als der tobende Hüne war, als der er anfangs noch gewirkt hatte, lebte nur für Farina. Er war sanftmütig und verträumt, und zusammen mit Farina träumte er von einem Land, in dem sie beide nur für ihre Liebe leben konnten, denn zu lange hatten sie ihre Zuneigung verbergen müssen.
    Sie stammten von verschiedenen einander befehdenden Stämmen ab und waren noch Kinder gewesen, als sie gemeinsam geflüchtet waren. Seither hatten sie einen rastlosen Irrweg quer durch die Welt hinter sich gebracht. Bei ihrer Flucht schworen sie sich ewige Treue, und dieser Schwur war bis heute nicht vergessen. Gegen alle Widrigkeiten verteidigten sie ihre Liebe.
    Und nun war Farina gewaltsam von Golad gerissen worden, hier auf dem Schiff, von dem sie sich so viel versprochen hatten. Ihr Glaube daran, in der Ewigen Stadt das zu finden, wonach sie so lange vergeblich gesucht hatten, schien unerschütterlich.
    »Es heißt«, hatte der junge Hüne auf Mythors Einwand gesagt, dass eine umkämpfte Stadt wohl kaum der richtige Ort für sie sei, »dass im Jahre 250 Logg eine Entscheidung fallen werde, und wir glauben fest daran, dass die Kräfte der Finsternis am Ende unterliegen werden.«
    Mythor verzichtete auf eine Antwort, obwohl er Golads Überzeugung längst nicht teilen konnte. Doch er brachte es nicht übers Herz, Golad auch diese Hoffnung zu nehmen.
    Immer wieder blickte der Hüne verzweifelt zum Deckrand hinauf. Doch nichts war zu sehen von Farina, kein Laut drang von dort herab, der Aufschluss über ihr Schicksal gegeben hätte. Golad musste das Schlimmste befürchten, und oft genug zerrte er an den Riemen, mit denen seine Hände an das Ruder gebunden waren.
    »Warte ab, bis wir abgelöst werden!« flüsterte Mythor. »Du bist nicht allein, Freund.«
    Golad schenkte ihm einen dankbaren Blick, doch große Hoffnung lag nicht darin. Er hatte die Männer rufen hören, die Farina für das Unwetter verantwortlich machten. Nur jene, die nahe bei ihm saßen und sein Leid sahen, schwiegen.
    Mythor wurde eigenartig berührt, als er die Sehnsucht im Blick des Jünglings sah. Er glaubte ihn gut zu verstehen. War doch auch sein Herz von einer unstillbaren Sehnsucht erfüllt. Golad hatte seine Liebe gefunden, obwohl er jetzt alle Qualen der Hölle erleiden musste .
    Fronja dagegen…
    Wo würde er sie endlich finden? Wann? All das Rätselhafte, das er bislang gehört hatte, war eher dazu angetan, seine Sinne noch mehr zu verwirren.
    »Ihr kommt nicht gegen eine Übermacht an«, sagte Golad finster. »Und die meisten
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