Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Treibgut der Strudelsee

Treibgut der Strudelsee

Titel: Treibgut der Strudelsee
Autoren: Horst Hoffmann
Vom Netzwerk:
Bevor sie sich in Sicherheit bringen konnten, brach sie krachend auf und gab ihren Inhalt frei. Tausende von meist rostigen Pfeilspitzen begruben Sadagar und Chrandor fast unter sich.
    Hinten bei den Gestängen fuhren mehrere Aufseher herum und stürmten mit knallenden Peitschen heran.
    »Das war der Kleine Nadomir?« fragte Chrandor zerknirscht, als er wie Sadagar im Nacken gepackt und unter Fußtritten übers Deck geschleift wurde.
    »Das war er«, jammerte der Steinmann.
    Dort, wo ein halbes Dutzend Kinder die Planken schrubbten, wurden die beiden hart auf den Boden gestoßen. Sadagar erhielt noch einen Tritt in die Seite und riss sich schützend die Hände vors Gesicht, als die Seefahrer plötzlich von ihm abließen.
    Er hob den Kopf und sah, wie zwei Männer ein Mädchen an Deck brachten. Ihnen folgte Jejed. Rachamon erwartete sie vor dem Aufbau, ließ den Kapitän und das Mädchen an sich vorbei und schloss die Tür hinter ihnen.
    »Wie… wie kommt ein junges Weib an Bord?« fragte Chrandor verblüfft.
    »Fragt euch lieber, was euch noch blüht!« bellte einer der Aufseher und ließ die Peitsche knallen. »An die Arbeit!«
    *
    Sadagar und Chrandor hatten wieder ihre Bürsten in den Händen und rutschten auf den Knien über die nassen Planken. Wohl allein dem Umstand, dass Jejed sich bald persönlich um sie kümmern würde, hatten sie es zu verdanken, dass sie nicht unter Deck mussten, um dort die haarsträubenden Wünsche der Mannschaft zu erfüllen. Von Jejeds nun noch neunzehn Männern beaufsichtigten ein halbes Dutzend die Ruderer, ein weiteres halbes Dutzend die Kinder und Alten auf Deck, und der Rest machte sich einen Spaß daraus, die Legionäre zu verhöhnen, die noch nicht an die Ruder mussten, oder wechselte sich im Schlagen der Trommel ab.
    Nur der Steuermann stand wie ein Standbild weit hinten im Heck und hielt die lange Stange des Steuerruders mit eisernem Griff umklammert.
    »Ich möchte wissen, was sie mit der Kleinen anfangen«, flüsterte Chrandor, als der Aufseher ihnen den Rücken gekehrt hatte, um sich um einen Alten zu kümmern, der zusammengebrochen war.
    Sadagar schrubbte verbissen. Vorläufig war seine Lust an Abenteuern gestillt.
    »Ob sie sie sich vornehmen? Jejed und der verfluchte Magier?«
    »Halt den Mund und poliere die Planken!« zischte der Steinmann. »Du hast eine schmutzige Phantasie.«
    »Ich bin ein ehrlicher Pirat und habe vielleicht einigen Männern zu viel die Hälse durchgeschnitten, aber noch nie konnte ich zulassen, dass einer Jungfrau Gewalt angetan wurde!«
    Der Gedanke daran passte auch Sadagar ganz und gar nicht, und obwohl er sich dagegen zu sträuben versuchte, blickte er immer wieder zum Aufbau hinüber. So weit war es bis zur Unterkunft des Kapitäns und des Magiers gar nicht. Wenn sie sich unauffällig darauf zu bewegten…
    »Ich sage dir, wir müssen etwas für sie tun, Sadagar. Sieh genau hin, die Tür ist nur angelehnt.«
    »Ja und? Kein Mensch kommt durch den Spalt, nicht einmal ein Zwerg.«
    »Kein Zwerg, aber Aß… oder Baß.«
    Was sollte das nun wieder heißen?
    »Wir kriechen auf den Aufbau zu, Freund Sadagar, ganz langsam und unauffällig.«
    Das war das letzte, was der Steinmann von Chrandors Worten verstand. Ganz plötzlich hob ein Sturm an. Die aufgewühlte See peitschte gegen das Schiff. Das Deck neigte sich bedrohlich. Kinder schrien und sprangen in Panik auf. Es wurde noch finsterer, und mehrere Blitze zugleich teilten den dräuenden Himmel. Der Donner rollte über das Schiff hinweg, das in den entfesselten Naturgewalten ächzte und knirschte.
    »Ein Fluch!« war von irgendwoher ein Schrei zu hören. Der Sturm trieb den Regen in Böen über das Deck. Die Sicht reichte kaum noch zehn Schritte weit. Schattenhaft schälten sich die Gestalten der rennenden Seefahrer aus der hochspritzenden Gischt. »Das Weib hat einen Fluch über uns gebracht!«
    Bärtige Gesichter erschienen und verschwanden wieder. Peitschen knallten auf den Ruderbänken. Für einen Moment setzte der Sturmregen aus, und Sadagar sah den Steuermann, wie er das Ruder gepackt hielt.
    Dann spritzte wieder Wasser in die Höhe. Eine Welle schwappte über das Schiff und spülte Sadagar, der sich aufgerichtet hatte, die Beine weg. Hart landete er wieder da, wo er gelegen hatte. Von hinten erhielt er einen Stoß. Blitze blendeten ihn. Kindergeschrei, das Knallen der Peitschen und der Donner vermischten sich.
    »Zum Aufbau!« schrie Chrandor ganz nahe an Sadagars Ohr.
    Wieder erhielt der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher