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Treibgut - 11

Treibgut - 11

Titel: Treibgut - 11
Autoren: Karl-Heinz Witzko
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werden, um Asboran zu errichten!«
    Er verbesserte sie: »Nicht ich habe es herausgefunden, sondern deine Priesterin. Ich bin nur der Überbringer der Nachricht.«
    »Dennoch«, entgegnete sie, »dennoch!« und hängte ein besorgtes »Was ist noch?« daran.
    Der Magier stand auf, trat zum Fenster und sah hinunter auf die Dächer Tuzaks. Den Rücken der Priesterin zugewandt, sprach er: »Es ist wegen des Lohnes, den ich mit dir vereinbart habe.«
    »Ich erinnere mich gut daran«, antwortete die Mädchenstimme.
    »Ich habe meinen Teil des Vertrages erfüllt«, sagte Scheïjian, »ich habe sogar mehr getan, als ausgemacht war. Deshalb erbitte ich etwas von dir, das wir nicht vereinbart haben. Ich sehe ein, daß du deinen Teil unserer Abmachung nicht einhalten konntest, da Querinia tot ist. Jedoch …« Er stockte und fuhr leise fort: »Hast du noch irgend etwas, das ihr gehörte, und sei es nur ein Stück ihrer Kleidung?«
    Milhibethjida antwortete nicht gleich. »Wer berichtete dir von ihrem Tod?« fragte sie nach einem langen Augenblick des Schweigens.
    Scheïjian wandte sich um und erzählte der Priesterin, was in Neetha vorgefallen war. Sie lauschte mit zusammengezogenen Brauen und sprach, als er fertig war: »Scheïjian von Tarschoggyn, du bist ein Lügner und Täuscher. Kam dir nie in den Sinn, daß man auch dich belügen könnte? Sie ist nicht tot. Ich habe meine Hälfte der Verabredung eingehalten.«
    Er sah die Kindpriesterin sprachlos an. Endlich fand er die Worte wieder. »Aber … Sie haben es mir berichtet! Woher hätten die Alanfaner sonst von mir wissen sollen?«
    Milhibethjida griff nach dem Buch der Abwesenden und blätterte darin. Als sie das Gesicht gefunden hatte, griff sie zur Feder und änderte einen Eintrag. »Hattest du sie nicht zur Lehre bei einem Kerzenzieher gegeben? Kurz nach deiner Abreise starb einer dieses Gewerbes, Firold mit Namen. Kein friedlicher Tod, und man stritt, ob sein Ende das Werk rachsüchtiger Rebellen oder der Agenten des Kaiserreichs gewesen sei. Für beides gab es keinen Anlaß. Sie müssen ihr Wissen über dich von ihm gehabt haben. Sie haben dich einfach angelogen.«
     
    Scheïjian stand bewegungslos wie ein von der Strömung umspültes Riff im Trubel des Tuzaker Marktes und beobachtete einen Stand mit Backwaren und Spezereien, hinter dem ein Mädchen, nein, eine junge Frau stand und mit mehreren Kindern um den Preis einiger Küchlein feilschte. Sie lachte dabei, eine unbeschwerte Fröhlichkeit lag in ihren schönen Augen. Als die Kinder weitergegangen waren, drängte ihre nächste Kundin heran. Der Blick der jungen Frau streifte Scheïjian, wandte sich der dicklichen Matrone zu, wieder von ihr ab und dem schwarzhaarigen jungen Mann zu, der sie so offensichtlich beobachtete. Sie drehte sich um, reichte der Frau, was diese haben wollte, und nahm die Münzen entgegen. Grüblerische Verwunderung hatte sich auf ihr Gesicht gelegt. Fragend schaute sie zu dem Fremden hinüber, so als müsse sie sich seiner entsinnen oder als erinnere er sie an jemanden, der ihr einst, vor langer Zeit, vertraut gewesen war. In einer hilflos verwunderten Geste hob sie die Hände. Der Geselle des Bäckers ergriff eine dieser Hände, zog die junge Frau zu sich heran, beide tuschelten. Bisweilen hob Querinia den Kopf, blickte über die Schultern des Gesellen zu dem reglos blickenden Fremden. Er beunruhigte sie. Am anderen Ende des Standes meldete sich ein schwitzender Mann, der sich unaufhörlich mit einem Tuch die Stirn tupfte und bedient werden wollte. Die junge Frau löste sich aus den Armen des Burschen, trat, zuerst zögernd, doch nach einem kurzen Blick über die Schulter, rasch entschlossen auf den Schwitzenden zu.
    Scheïjian hatte gewußt, daß Querinia ihn nicht mehr erkennen würde, und fragte sich, wie man ihr im Tempel erklärt haben mochte, auf welche Weise sie in diese fremde Stadt gekommen war. Eine schmale Hand schlüpfte in seine Armbeuge.
    »Habe ich Euch endlich wieder, werter Freund«, sagte eine hochnäsige Stimme. Scheïjian wandte sich der Frau zu seiner Linken zu, deren zurückgekämmtes langes Haar in einem großen lockigen Bogen vom Kopf bis zur Mitte des Rückens fiel. »Nicht echt«, sagte sie rasch. Scheïjian rollte die Augen, sah von ihr weg und blickte zum Himmel auf. »Offenbar hast du dich bei einem Rahjatempel beworben, Alryscha«, sagte er. »Ein löblicher Entschluß, da er dein unstetes Leben beendet. Oder hat man dich etwa schamhaft abgelehnt – wegen zu
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