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Traveblut

Traveblut

Titel: Traveblut
Autoren: Jobst Schlennstedt
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betätigte er die Klingel. Wieder tat sich nichts. Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, dass Gisela Sachs zu Hause war. Kurzerhand sprang er mit einem Satz durch das offene Fenster ins Innere.
    In dem kleinen Raum war es düster, sodass es ihm schwerfiel, sich zu orientieren. Erst allmählich erkannte er einen Schreibtisch in der Nähe der Fenster. An der einen Längsseite stand ein Kleiderschrank. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raums zeichnete sich die Zimmertür ab. Er tastete sich an der Wand entlang und griff nach der Türklinke.
    Der Regen war stärker geworden und prasselte mittlerweile gegen die Fenster. Der Himmel hatte sich zugezogen und ließ jetzt noch weniger Licht ins Zimmer.
    Andresen zog seine Waffe und hielt sie im Anschlag. Dann drückte er die Klinke langsam herunter und schob die Tür auf.

28

    Sie hatte zu spät gemerkt, dass Jimmy wieder zu sich gekommen war. Sein Körper hatte sie um den Verstand gebracht. Sie war unvorsichtig geworden, weil sie ihren Trieb nicht mehr unter Kontrolle gehabt hatte.
    Als sie die Augen geöffnet und zur Seite geblickt hatte, war ihr schlagartig klar geworden, dass es nicht mehr so war wie damals. Er hatte sich verändert. Sein Ausdruck war nicht mehr der gleiche. Er strahlte etwas aus, das ihr Angst machte. Anfangs war da nur dieses Grinsen auf seinen Lippen gewesen. Doch dann hatte er angefangen, laut zu lachen, ein wahnsinniges Lachen. Was war bloß mit ihm geschehen in all den Jahren? Er musste verrückt geworden sein.
    Schreiend war sie vom Bett aufgesprungen und in Richtung Wohnzimmer gelaufen. Aus den Augenwinkeln hatte sie gesehen, dass Jimmy hinter ihr hergestolpert war. Sie war auf dem Teppich ausgerutscht, der auf dem Parkettboden keinen Halt fand, und mit voller Wucht gegen den großen Esstisch geknallt. Von hinten war Jimmy auf sie zugestürzt. Noch immer nackt. Sie hatte an sich heruntergesehen und war erschrocken, weil auch sie noch immer nackt war.
    Da hatte er plötzlich über ihr gelegen und seine zarten Hände mit erbarmungsloser Kraft um ihren Hals gelegt. Wieder hatte er gelacht, dieses schreckliche Lachen. Ihr war bewusst gewesen, dass er sie umbringen wollte, aber dass er zu einem unkontrollierbaren Psychopathen geworden war, schockierte sie zutiefst. Die Gefühle, die sie einst für ihn empfunden hatte, waren verschwunden. In dem Moment, da er auf ihr lag, war nur noch Ekel übrig.
    Sie mobilisierte all ihre Kräfte, stieß Jimmy von sich und riss sich los. Wo nur war ihre Waffe? Ihr fiel ein, dass sie noch immer im Schlafzimmer lag.
    »Verdammt!«, schrie sie. Wenn sie zurückliefe, rannte sie Jimmy direkt in die Arme. Sie entschied sich um und stürzte in die Küche, wo sie Schubladen und Schranktüren aufriss. Sie schnappte sich eine gusseiserne Pfanne und rannte auf Jimmy los. Erst im letzten Moment zog sie die Pfanne hinter dem Rücken hervor und schlug sie ihm mit voller Wucht ins Gesicht. Während er benommen durch die Wohnung taumelte, holte sie ein weiteres Mal aus. Die Pfanne traf ihn am Hinterkopf, sodass er vornüber aufs Parkett stürzte. Sie blickte auf ihn herab und trat ihm in die Seite. Aber er rührte sich nicht mehr.
    Aufgewühlt ging sie zurück ins Badezimmer und zog sich notdürftig etwas über. Plötzlich hielt sie inne. Was war das für ein Geräusch gewesen? Es schien aus dem Arbeitszimmer zu kommen. Leise lief sie an Jimmy vorbei ins Wohnzimmer. Die gusseiserne Pfanne hielt sie noch immer in der Hand.
    Die Tür zum Arbeitszimmer öffnete sich. Mit einem Mal spürte sie, dass Jimmy sie am Bein packte, aber es gelang ihr, sich loszureißen und wegzulaufen.
    Den Mann, der ihr entgegenkam, erkannte sie sofort. Ohne lange nachzudenken, hob sie den Arm und schlug zu. Der Schlag mit der Pfanne traf ihn unvorbereitet. Er fiel hart zu Boden.
    Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Jimmy wieder auf die Beine kam. Falls sie überleben wollte, blieb ihr nur eine Möglichkeit. Sie musste hier raus.

29

    Als Andresen wieder zu sich kam, brauchte er einige Sekunden, ehe er verstand, was passiert war. Das Letzte, an das er sich erinnern konnte, war ein farbiger junger Mann, der nackt am Boden lag, und eine Frau, die auf ihn zurannte. Sie war spärlich bekleidet und hielt eine Bratpfanne in der Hand. Kurz darauf war sein Kopf explodiert und ihm schwarz vor den Augen geworden.
    Mühsam rappelte er sich hoch und sah sich um. Dann befühlte er seine Stirn. Die Beule, die sich gebildet hatte, war so groß wie ein Tischtennisball.
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