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Traveblut

Traveblut

Titel: Traveblut
Autoren: Jobst Schlennstedt
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Kein Wunder, hatte sie ihm die Pfanne doch mit all ihrer Kraft gegen den Kopf geschmettert.
    Die Wohnung schien leer zu sein. Niemand war mehr zu sehen. Durch die verglaste Dielentür erkannte er, dass die Haustür offen stand. Gisela Sachs war ganz offenbar geflüchtet. Genau wie Vosberg.
    »Verflucht!«, schimpfte er, während er noch immer Probleme hatte, sich auf den Beinen zu halten. Er wusste nicht einmal, wie viel Zeit vergangen war, seitdem sie ihn außer Gefecht gesetzt hatte.
    »Frau Sachs? Sind Sie hier?«
    Die Stimme kam von draußen. Andresen erkannte sofort, wem sie gehörte. »Hier bin ich.«
    »Birger?« Ida-Marie betrat das Haus und blickte Andresen überrascht an. »Wie siehst du denn aus? Was ist hier passiert?«
    »Sie sind weg«, sagte Andresen.
    »Wer ist weg?«, fragte Ida-Marie.
    »Gisela Sachs und Jimmy Vosberg. Sie waren im Haus, als ich ankam. Ich weiß zwar nicht, was hier los gewesen ist, aber ich befürchte das Allerschlimmste. Was machst du überhaupt hier?«
    »Die Einsatzzentrale hat sich bei Sibius und mir gemeldet und berichtet, dass du auf dem Weg hierher bist. Vielleicht erzählst du erst mal, was los ist. Ich dachte, du wolltest zu Karin Busch.«
    »War ich auch«, antwortete Andresen. »Es gab aber eine kleine Planänderung.« Er erzählte in wenigen Sätzen, was geschehen war. Ida-Marie hörte ihm kopfschüttelnd zu. Als sie ihm über den Arm streicheln wollte, wich er zurück.
    »Entschuldigung«, sagte sie leise. »Unfassbar, was die Sachs getan hat.«
    »Sie hat alle getäuscht, um ihre perverse Vorliebe zu vertuschen.«
    »Hast du keine Chance gehabt, sie aufzuhalten?«, fragte Ida-Marie vorsichtig.
    Andresen lächelte gequält und nahm langsam seine Hand von der Stirn. Ida-Marie sah ihn erschrocken an.
    »Wie ist das denn passiert?«
    Er nickte in Richtung der Bratpfanne, die auf dem Boden lag. »Sei froh, dass du noch nicht hier warst. Die Sachs ist wie eine Furie auf mich losgegangen.«
    »Wo können die beiden jetzt sein?«
    »Keine Ahnung. Ich weiß nicht einmal, wie lange ich hier gelegen habe.« Andresen warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es waren mindestens zehn Minuten vergangen, in denen er bewusstlos gewesen war. Er fluchte leise. Zehn Minuten reichten aus, um die Stadt zu verlassen. Nur wenn die beiden zu Fuß geflüchtet waren, konnten sie noch nicht allzu weit gekommen sein. Vosberg würde sicherlich alles daran setzen, seinen Plan zu vollenden und Gisela Sachs umzubringen.
    »Hier können wir vorerst nichts mehr ausrichten«, sagte er. »Ruf bitte im Präsidium an. Die Spurensicherung soll anrücken. Und sag Sibius, dass wir eine Großfahndung herausgeben müssen. Am besten wartest du hier, bis die Kollegen da sind.« Er stand auf und verließ das Wohnzimmer.
    »Wohin gehst du?«, rief Ida-Marie hinter ihm her. »Birger, warte! Wo willst du hin?«
    Andresen hörte sie nicht mehr. Er hatte entschieden, sich allein auf die Suche nach Gisela Sachs und Jimmy Vosberg zu machen.
    Eilig trat er nach draußen ins Freie. Der Regen hatte aufgehört. Die Wolken zogen schnell über den Himmel und ließen die Frühlingssonne ab und zu durchblitzen. Sein Blick wanderte erneut die Straße auf und ab. Vielleicht waren die beiden ja tatsächlich zu Fuß geflüchtet. Instinktiv wandte er sich in Richtung Obertrave und lief los. Als er um die Ecke bog, schaute er noch einmal über die Schulter. Er sah, dass Ida-Marie vor dem Haus von Gisela Sachs stand und hinter ihm hersah. Sie war in seinen Gedanken immer noch präsent, aber sein Fehltritt hatte ihm die Augen geöffnet. Er liebte Wiebke und keine andere.
    Andresen näherte sich der Dankwartsbrücke, die die Altstadt mit der Wallhalbinsel verband. Er hoffte darauf, dass sich Gisela Sachs und Jimmy Vosberg vielleicht doch noch irgendwo in der Nähe aufhielten. Plötzlich zog sich der Himmel wieder zu. Dicke Regentropfen prasselten auf ihn herab. Der April zeigte sich von seiner schlechtesten Seite.
    Er betrat die Fußgängerbrücke und blieb auf halber Strecke stehen. Der Regen ging zunehmend in leichten Hagel über. Die alten Salzspeicher und das Holstentor, die keine zweihundert Meter entfernt standen, waren kaum mehr zu erkennen.
    Der Hagel wurde stärker. Andresen hielt die Hand vor Augen. Was genau suchte er eigentlich hier? Selbst wenn die beiden noch in der Nähe wären, war die Chance, sie zu finden, minimal. Er wandte sich um und sah in die andere Richtung. In der Ferne konnte er das Polizeipräsidium erahnen.
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