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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher
Autoren: Jean Sarafin
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vorne, blieb aber wie angewurzelt stehen, als Elijah aus dem Schatten des Rektors trat. Unglaube und Wut huschten über sein Gesicht, dann zeichnete sich ohnmächtiges Begreifen auf seinen Zügen ab. Ich benötigte einen Moment länger. Genaugenommen bis zu dem Augenblick, als Simons einen Revolver auf mich richtete.
    »Verbündeten?«
    »Ja, nichts geht über einen Nachtmahr als Sündenbock. – Oder zwei.«
    »Ich bin kein Nachtmahr«, widersprach ich mit der gesamten Sicherheit, die ich aufbringen konnte. Und das war eine ganze Menge.
    »Doch, zur Hälfte.« Simons musterte mich von oben bis unten und unter seine Abscheu mischte sich Bedauern. »Wenn ich mir vorstelle, dass du meine Tochter hättest werden müssen, ist es beinahe tragisch.«
    Ja, aber auch nur beinahe! Da hätte ich sogar den Teufel höchstpersönlich vorgezogen. Ich bemühte mich um einen unauffälligen Blick in die Runde, aber auch in dieser Realität saßen wir in der Falle. Der einzige Weg nach Draußen führte an den Mann mit der geladenen Waffe vorbei.
    »Ich bin kein Nachtmahr und ich habe auch das Erbe meines Großvaters abgelehnt«, meinte ich. Nicht mit großer Überzeugung. Aber das Wichtige war ihn abzulenken und weiterreden zu lassen. Zumindest bei James Bond funktionierte das immer.
    »Glaubst du wirklich, das spielt eine Rolle, kleine Liz.« Simons schüttelte voll Ekel den Kopf. »Früher oder später würdest du »ja« sagen. Es liegt in deiner Natur. An den schlechten Genen.«
    »Warum?«
    Jonah hatte sich aus seiner Starre gelöst. Trotzdem dauerte es einen Augenblick, bis ich seine Frage in die Gesamtsituation eingeordnet hatte. Sie galt weder mir noch Simons, sondern seinem Bruder, den er immer noch enttäuscht ansah.
    »Tja, du bist nicht der einzige mit Ambitionen.« Elijahs Blick ruhte immer noch auf mir. Er schien sich zu amüsieren. »Auch ich habe Träume. Allerdings haben meine weniger mit Macht zu tun.«
    Ich schüttelte den Kopf und langsam rutschten weitere Puzzleteile an ihren Platz. Jaro. Natürlich. Ich Depp, der Nachname. Elijahs Mädchenverschleiß, seine Suche nach echter Liebe und seine Angst. Klar, er war ein Inkubus. Das erklärte diesen Part. Und sein Bündnis mit Simons gegen mich und Jonah erklärte alles andere. Sogar sein ständiges Verschwinden. Elijah war immer fort gewesen, wenn Jonah aufgetaucht war. Sie waren sich nie irgendwo begegnet. Weder in der Aula noch auf der Poolparty. Ein Meisterstück. Aber ein Teil passte nicht. Egal, wie ich es drehte. »Warum die anderen Mädchen?«
    »Kollateralschäden«, meinte Simons abfällig. »Aber Klaus und David wollten trotz aller Hinweise, die zu dir als Täterin führten, einfach nicht glauben, dass du etwas damit zu tun hast.«
    »Aller Hinweise …« Moment mal … das war Absicht gewesen? Und was zur Hölle … »Was haben Klaus und David denn damit zu tun?«
    »Dein VERLOBTER ist zwar ungefähr so begeistert von einer Zwangsehe, wie Klaus von der mit Meg, aber trotzdem hätte er letztendlich die Gesetze befolgt und dich geheiratet. Und das ist ein Risiko, das ich nicht eingehen kann. Nicht mit David.«
    »Mein Verlob… was?« War ich die einzige, die überrascht war? Anscheinend, denn Jonah, Elijah und Simons maßen sich weiterhin kalkulierend und lauerten auf den ersten Fehler des jeweils anderen. Mir wurde nur schlecht.
    Simons übernahm die Situation und spannte den Abzugshahn des Revolvers. »Aber ich denke, ich werde deine Schuld durch das Aufwachen der Mädchen hinreichend beweisen.« Ein sardonisches Lächeln huschte über seine Lippen. »Küss Elijah.«
    Ich war so geschockt, dass ich Simons, den ehemals netten, charmanten Asiaten anstarrte und meine Gedanken erhebliche Schwierigkeiten hatten, aufzuholen. Das Fragezeichen musste riesengroß auf meiner Stirn geprangt haben, denn er verdeutlichte: »Wenn du ihn küsst, wird alles gut.«
    Jonah hielt mich am Ärmel fest. »Nein.«
    Simons Waffe schwenkte ein wenig nach links, zielte auf Jonah, doch der ließ mich nicht los. Der Schuss war sehr laut und hallte von den Wänden und der Decke wieder und der Ton ging nahtlos in Jonahs Aufschrei über.
    »Tut trotzdem weh, oder?« Simons lächelte herablassend und kein bisschen mitfühlend, während ich neben Jonah niederkniete und versuchte die Wunde zuzudrücken. Überflüssig, denn das Blut versiegte im selben Tempo, wie die Verletzung heilte.
    »Willst du herausfinden, ob es bei dir auch funktioniert, Lizzy?«
    Nein, wollte ich auf gar keinen Fall.
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