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Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Titel: Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)
Autoren: Jennifer Jäger
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Blick Eleonores zu achten, stürmt Hailey in ihr Zimmer, schlägt die Tür zu und dreht den Schlüssel herum. Kurze Zeit später wird die Klinke heruntergedrückt, doch vergebens.
    »Mach die Tür auf, junge Dame!«
    »DU KANNST MICH MAL!«
    Schäumend vor Wut und Enttäuschung tritt Hailey gegen die Tür und hüpft einen Moment später fluchend durch ihr Zimmer. Ihr großer Zeh schmerzt höllisch.
    »Mach diese Tür auf!«
    »Nein!«, stößt Hailey mit zusammengebissenen Zähnen hervor und lässt sich auf ihr Bett sinken. Die Klinik. Ihr Tod. Sie weiß genau, dass bis jetzt niemand aus dieser Untersuchungsanstalt lebend zurückgekehrt ist. Niemand. Dort werden nur die widerspenstigen Menschen hingebracht. Jene, die sich gegen die Regierung auflehnen.
    » Wie ungerecht! «
    Hailey hat sich nie gegen die Regierung aufgelehnt. Im Gegenteil:
    Immer hat sie versucht, alles zu tun, wie es sich gehörte. Sie ist in den Kindergarten und in die Schule gegangen. Sie hat genau das getan, was man von ihr verlangte, um keine Notiz zu bekommen. Eine Notiz hätte ihr Ende bedeutet. Sofort wäre den Beamten aufgefallen, dass sie keine Spuren davongetragen hätte. Und damit wäre publik geworden, dass sie traumlos ist.
    »Immer habe ich getan, was ihr wolltet! Und jetzt muss ich doch in diesen Todestrakt!«
    »Hailey, sei vernünftig. Die Klinik ist kein Todestrakt«, dringt Mats Stimme durch die Tür.
    »VERPISS DICH!«
    Hailey springt auf und geht zur Tür. Am liebsten würde sie diesem Mistkerl die Augen auskratzen. Sie ballt ihre Fäuste so fest zusammen, dass sich ihre Fingernägel schmerzhaft in die Haut graben.
    »Hast du heute so scheißgute Laune, weil du mich in meine Todeszelle bringst? Krankes Arschloch!«
    »Du verstehst das ganz falsch! In der Klinik stirbt niemand. Wir sorgen nur dafür, dass sich das Virus, welches du wahrscheinlich in dir trägst, nicht weiter ausbreitet.«
    »Ein Virus. Auf einmal. Jahrelang konnte ich zu Hause bleiben und jetzt wollt ihr mich abschieben? Ganz ehrlich? LECK MICH!«
    Mit aller Kraft schmettert sie ihre Faust gegen die Tür und hört zu ihrer Zufriedenheit ein leises Knacken.
    »Hailey, sei vernünftig ...«
    Die schluchzende Stimme ihrer Mutter bringt das Fass endgültig zum Überlaufen.
    »All die Jahre hast du dich nur um dich gekümmert! Dir war scheißegal, wie es mir geht, Hauptsache dein Ruf nimmt keinen Schaden. Und jetzt stehst du heulend da draußen, weil deine Karriere ruiniert ist. Hey, deine Tochter wird nebenbei umgebracht, aber egal. Dein Leben ist natürlich völlig hinüber, wenn du nicht mehr als Ärztin arbeiten kannst.«
    Stille. Eisige Stille.
    Hailey hat einen lauten Schrei erwartet. Wütende Worte. Irgendetwas. Aber nichts.
    »Sie kommen morgen, um dich zu holen«, sagt Mat und Hailey hört, wie die beiden sich von ihrer Tür entfernen. Nur dieser Satz, sonst nichts. Ihr endgültiges Todesurteil ist gesprochen. Seltsamerweise gilt ihr erster Gedanke Macy. Sie hätte gerne noch erfahren, wie das Date mit Jules verlaufen ist. Sie möchte sich noch einmal auf ihre Lieblingsbank im Pausenhof setzen, in das Blätterdach des Baumes starren und sich über alltägliche Dinge aufregen.
    Darüber, wie manche Mädchen sich kleiden, um Aufmerksamkeit zu erregen oder wie sich Macys erster Kuss anfühlen wird, welcher unweigerlich bevorsteht.
    Erschien ihr dieses Leben vorher wie die Hölle, so ist es nun der Himmel, den sie sich mehr als alles andere herbeisehnt.
    Mit schmerzendem Zeh humpelt sie durch das Zimmer und nimmt das Foto in die Hand, welches auf ihrem Schreibtisch steht. Macys sechster Geburtstag. Sie beide tragen rosa Prinzessinnenkleider, da die Feier unter dem Motto Märchen stand. Hailey sieht man an, dass sie sich in dem Kitsch nicht wohl fühlt, doch Macy strahlt von Innen heraus. Auf ihren goldenen Locken sitzt eine Krone mit funkelnden, rosa Diamanten, die zu dem mit Rosen bestickten Kleid passen. Die Hände der Freundinnen sind fest ineinander verschränkt und
    Haileys Augen sind auf etwas außerhalb des Bildrandes gerichtet. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, als sie sich erinnert, dass dort die riesige Geburtstagstorte stand. Ein Traum aus Zuckerguss und Sahne.
    Rosa wie ihre Kleider und so süß, dass Hailey am Abend freiwillig lange ihre Zähne geputzt hatte.
    Vorbei.
    Genau das ist ihr normales Leben jetzt. Sie weiß, dass sie ihre beste Freundin nie wieder sehen wird. Ein Schmerz breitet sich in ihrer Brust aus und lässt sie erbeben. Schnell
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