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Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Titel: Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)
Autoren: Jennifer Jäger
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stellt sie das Foto auf seinen Platz zurück und wendet sich ab. Von nun an würde alles anders werden.
    Als es Zeit ist, sich für das Bett fertig zu machen, öffnet Hailey vorsichtig die Tür und späht auf den Flur. Alles ist still wie gewöhnlich, da ihre Mutter abends meist früh schlafen geht.
    Auf Zehenspitzen schleicht Hailey in das Badezimmer und schließt sich dort ein. Sie will nicht riskieren, dass Eleonore ihr doch noch eine Standpauke hält. Der Umzug in die Klinik ist schon hart genug. Schnell putzt sie sich die Zähne, kämmt lieblos ein paar Mal über ihre Haare und knipst anschließend das Licht aus. Schnell und lautlos verbarrikadiert sie sich wieder in ihrem Zimmer und holt ihren Alukoffer unter dem Bett hervor.
    Seufzend öffnet sie ihren Schrank und legt den Kopf schräg. Genau genommen hat sie keine Ahnung, was sie alles in der Klinik benötigen wird. Ihre Schuluniformen schiebt sie zur Seite, denn die wird sie dort sicherlich nicht brauchen.
    Ihre Fingerspitzen fahren über den kühlen Stoff eines weißen Sommerkleides. Der mit Spitzen besetzte Stoff fühlt sich angenehm weich auf ihrer Haut an. Ohne genauer darüber nachzudenken, legt sie dieses Kleidungsstück sorgfältig gefaltet in den Koffer. »Wie falsch konnten weiße Klamotten in einer Klinik sein?«
    Als sie ihre Kleider gepackt hat, geht sie langsam zum Schreibtisch und starrt das Bild von sich und Macy an. Schließlich legt sie es ebenfalls hinein.
    Der Koffer lässt sich mühelos schließen, so wenig hat sie eingepackt.
    »Frustrierend, dass alles, was mir wichtig ist, in so ein kleines Aluding passt«, murmelt sie vor sich hin. Dann zieht sie, entgegen ihrer Gewohnheiten, die Vorhänge beiseite und tritt noch einmal an ihr Fenster. Die dünne Mondsichel ist kaum zu sehen und auch die Sterne werden vom Licht der Stadt überstrahlt. Dennoch bleiben Haileys Augen an jedem einzelnen der kleinen Punkte haften, wohl wissend, dass sie diese nicht mehr so schnell zu Gesicht bekommen wird.
    Sie kann nicht sagen, weshalb, aber sie ist sich sicher, dass ihr Klinikzimmer keine Fenster besitzen wird.
    Sehnsüchtig legt sie ihre Finger an die Scheibe und blickt zu den funkelnden Lichtern empor.
    Als Macy einmal für mehrere Wochen in den Urlaub ans Meer gefahren war, hatte Hailey bitterlich geweint.
    »Keine Sorge, Hailey. Solange wir die gleichen Sterne sehen, können wir gar nicht so weit voneinander entfernt sein.«
    Das waren Macys Worte gewesen, bevor sie sich verabschiedet hatte. Seitdem dachte Hailey oft über diesen weisen Satz, der von einer damals Zwölfjährigen stammte, nach.
    »Solange man die gleichen Sterne sieht, ist man gar nicht so weit voneinander entfernt«, flüstert sie, bevor sie sich in ihr Bett legt und ruhelos an die Decke starrt.
    Während sie dem sanften Atem der Welt lauscht, kommt der Schlaf schneller, als sie erwartet hat.
    Nervös trippelt Macy von einem Bein auf das andere. Zunächst hat sie versucht, mit Schminke etwas gegen die Spuren des Albtraums auszurichten, doch dann hatte sie alles wieder abgewischt und nur etwas Wimperntusche aufgelegt. Keine Schminke der Welt könnte etwas gegen die dunklen Spuren unternehmen, die der Albtraum auf ihrem Herzen zurückgelassen hat. Jules und das andere Mädchen ...
    Bestimmt schüttelt Macy den Kopf und ermahnt sich innerlich.
    Wenn Jules sich mit ihr treffen will, dann sicherlich nicht, weil sie sich wie die anderen Mädchen in ihrer Schule verhält.
    Er hatte sie sogar noch einmal auf dem Handy angerufen und darauf bestanden, sie von zu ause abzuholen.
    Widerstrebend hatte Macy zugestimmt. Nun steht sie vor ihrer eigenen Haustür und wartet ungeduldig. Ein schwarzer Kombi hält direkt vor ihr am Gehsteig. Jules steigt aus, einen riesigen Blumenstrauß in der Hand. Die Blüten leuchten in bunten Farben und strömen einen wunderbaren Duft aus.
    »Für dich.«
    Zaghaft nimmt Macy das Geschenk entgegen. Sie errötet und schaut betreten zu Boden. Ihr Herz schlägt ihr bis zum Hals.
    »Beruhige dich, Macy« , ermahnt sie sich.
    »Soll ich die Blumen mit ins Kino nehmen?«, fragt sie verdutzt.
    »Nein, deshalb wollte ich dich ja von zu Hause abholen. Ich warte, bis du sie oben abgestellt hast.«
    Er lässt ein raues Lachen ertönen, das Macys Knie weich werden lässt.
    »Okay«, haucht sie. Schnell eilt sie ins Haus, fährt mit dem Aufzug nach oben und stürmt in die Wohnung. Bisher hat sie noch nie eine Vase gebraucht, doch sie weiß, wo ihre Mutter sie aufbewahrt. Sie
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