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Traumjaeger und Goldpfote

Traumjaeger und Goldpfote

Titel: Traumjaeger und Goldpfote
Autoren: Tad Williams
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sprang Fritti auf die Pfoten und wirbelte herum. Eine
Fela
, grau mit schwarzen Streifen, saß auf dem Stumpf einer lange abgestorbenen Eiche und betrachtete ihn. Er war so in seine Gedanken vertieft gewesen, dass er sie beim Vorübergehen nicht bemerkt hatte, obgleich sie nur vier oder fünf Sprünge von ihm entfernt hockte.
    »Guten Tanz, Katzenfrau. Woher weißt du meinen Namen? Ich fürchte, den deinen kenne ich nicht.« Fritti vergaß den Zweig, der in seinem Schwanz hing, und beäugte die Fremde sorgfältig. Sie war jung – wie es schien, nicht älter als er. Sie hatte winzige, schlanke Pfoten und einen weichen gerundeten Körper.
    »Es ist kein großes Geheimnis, wie unsere Namen lauten«, sagte die
Fela
mit einem belustigten Gesichtsausdruck. »Ich heiße Goldpfote, und so heiße ich seit meiner Namengebung. Was den deinen angeht, so habe ich dich bei einem Treffen von weitem gesehen, und deine Vorliebe für das Umherstreifen und Kundschaften wurde erwähnt – und hier habe ich dich dabei erwischt!« Sie nieste zierlich.
    Als sie ihre anziehenden grünen Augen abwandte, fiel Traumjäger ihr Schwanz ins Auge, den sie um sich gerollt hatte, als sie sprach. Jetzt hob er sich, gleichsam wie aus eigenem Entschluss, und wedelte träumerisch in der Luft. Er war lang und schlank, lief in eine zarte Spitze aus und trug auf der ganzen Länge dasselbe schwarze Ringelmuster wie ihre Flanken und Hinterbacken.
    Dieser Schwanz – dessen träge, lockende Bewegung auf der Stelle Frittis Bewunderung erregte – sollte ihn in größere Schwierigkeiten führen, als seine lebhafte Einbildung sich hätte ausmalen können.
    Die beiden tollten ein wenig herum und unterhielten sich während der ganzen Stunde der Steigenden Dämmerung. Traumjäger stellte fest, dass er seiner neuen Freundin sein Herz ausschüttete, und war selbst überrascht, wie viel zum Vorschein kam: Träume, Hoffnungen, Wünsche – allesamt miteinander vermischt und kaum voneinander zu trennen. Und Goldpfote hörte geduldig zu und nickte, als spreche er die tiefsten Wahrheiten aus.
    Als er sich zur Zeit des letzten Tanzes von ihr verabschiedete, nahm er ihr das Versprechen ab, sich am nächsten Tag wieder mit ihm zu treffen. Sie versprach es, und während des ganzen Weges nach Hause hüpfte er vor Freude. Als er zum Nest kam, war er so aufgeregt, dass er seine schlafenden Brüder und Schwestern weckte und seine Mutter aufschreckte. Als sie jedoch den Grund für seine fiebrige Unruhe erfuhr, die ihn nicht schlafen ließ, lächelte seine Mutter bloß und zog ihn mit sanfter Pfote an sich.Sie leckte ihn hinterm Ohr und schnurrte immer wieder: »Natürlich, natürlich …«, bis er endlich in die Traumwelt hinüberglitt.
    Entgegen seinen Befürchtungen im Laufe des folgenden Nachmittags – der so langsam dahinzuschmelzen schien wie tauender Schnee – war Goldpfote tatsächlich zur Stelle, als das Auge über dem Horizont erschien. Auch am Tage darauf kam sie und am folgenden ebenfalls. Den ganzen Hochsommer hindurch waren sie beisammen, rannten, tanzten und spielten. Freunde, die sie beobachteten, sagten, dies sei mehr als ein reizvolles Spiel, das ausgekostet wurde und schließlich endete, wenn die junge
Fela
in die Tage ihrer Reife kam. Fritti und Goldpfote schienen eine tiefere Übereinstimmung gefunden zu haben, die später vielleicht zu einer Verbindung heranreifen konnte – und das war selten, besonders bei jungen Katzen.
     
    In der gebrochenen Dunkelheit der Stunde des Letzten Tanzes strolchte Traumjäger durch die verstreut liegenden Behausungen der Großen. Er hatte sich die ganze Nacht mit Goldpfote in den Wäldern herumgetrieben, und seine Gedanken umkreisten wie gewöhnlich die junge
Fela.
    Er schlug sich mit etwas herum, wusste aber nicht, was es war. Er mochte Goldpfote gern, und er sorgte sich um sie – mehr als um jeden seiner Freunde oder gar um seine Geschwister –, doch es war anders, mit ihr zusammen zu sein, als mit irgendeinem anderen. Der Anblick ihres Schwanzes, der zierlich gewunden hinter ihr lag, wenn sie saß, oder anmutig in der Luft stand, wenn sie ging, erregte einen Bereich seiner Gedankenspielereien, für den er keinen Namen wusste.
    Tief in diese Überlegungen versunken, gab er lange Zeit nicht auf die Botschaft acht, die der Wind ihm zutrug. Als schließlich eine Ahnung von Furcht in seine tiefe Versunkenheit drang, wurde mit einem Schlag seine Aufmerksamkeit wach, und er schwenkte den Kopf hin und her. Seine Barthaare
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