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Traeumen Roboter von elektrischen Schafen?

Traeumen Roboter von elektrischen Schafen?

Titel: Traeumen Roboter von elektrischen Schafen?
Autoren: Philip K. Dick
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auf der Erde blieb, mußte damit rechnen, von heute auf morgen als biologisch untauglich eingestuft zu werden, als eine Bedrohung des überkommenen Erbes der Rasse. Wenn ein Bürger erst einmal zu einem Sonderfall wurde, schied er aus der menschlichen Gesellschaft aus, selbst wenn er sich zur Sterilisation bereit erklärte. Er hörte praktisch auf, Bestandteil der Menschheit zu sein.
    Dennoch weigerten sich hier und da die Leute zu emigrieren, obwohl es vernunftwidrig war. Aber vielleicht erschien ihnen die Erde, so entstellt sie auch sein mochte, doch als vertraute Heimat, an der man hängt. Vielleicht hofften die Zurückgebliebenen auch, daß die Staubschicht über der Erde eines Tages wieder verschwinden würde. Jedenfalls blieben Tausende zurück, zumeist in den Stadtgebieten, wo man einander sehen und sich gegenseitig durch das bloße Vorhandensein Mut machen konnte. Außerdem aber gab es in den Vororten noch in einer praktisch menschenleeren Umgebung vereinzelte dubiose Fälle. Zu ihnen gehörte auch John Isidore. Er rasierte sich im Bad und ließ sich dabei von dem im Wohnzimmer stehenden Fernseher berieseln. In den ersten Tagen nach dem Krieg war er einfach hierhergekommen und geblieben. In jener schrecklichen Zeit hatte niemand so recht gewußt, was er tun sollte. Ganze Volksgruppen zogen, vom Krieg entwurzelt, umher, ließen sich zunächst hier, dann dort nieder. Damals war der radioaktive Niederschlag sporadisch und regional unterschiedlich stark. Einige amerikanische Bundesstaaten waren nahezu niederschlagsfrei, während andere völlig verseucht waren. Die vertriebenen Menschen flohen vor dem Staub. Die Halbinsel südlich von San Franzisko war erst noch staubfrei, und so ließen sich große Menschenmengen hier nieder. Als der Staub dann doch kam, starben einige, andere wanderten aus. J. R. Isidore blieb.
    Der Fernseher plärrte: “… kommen die herrlichen Zeiten der Südstaaten vor dem Bürgerkrieg wieder! Ob Leibdiener oder unermüdliche Feldarbeiter - der maßgeschneiderte humanoide Roboter wird ganz Ihren Wünschen angepaßt! Sie erhalten ihn bei Ihrer Ankunft als kostenloses Geschenk, reichlich ausgestattet, genau nach den Angaben gebaut, die Sie vor Ihrer Abreise machen. Dieser treue und wartungsfreie Begleiter des Menschen ist die größte und kühnste Errungenschaft der neueren Zeit. Er wird Ihnen …”
    So ging es weiter und weiter.
    Hoffentlich komme ich nicht zu spät zur Arbeit, dachte Isidore beim Rasieren. Er besaß keine richtiggehende Uhr. Normalerweise verließ er sich auf die Zeitansage im Fernsehen, aber heute war offenbar der interplanetarische Feiertag. Jedenfalls behauptete das Fernsehen, es handle sich um den fünften - oder sechsten? - Jahrestag der Gründung von Neu-Amerika, der wichtigsten amerikanischen Siedlung auf dem Mars. Mit seinem beschädigten Fernsehgerät empfing er nur den einen Sender, der vom Staat betrieben wurde. In Ermangelung privater Kundschaft stellte die Regierung in Washington mit ihrem Auswanderungsprogramm den einzigen Auftraggeber für Werbeeinblendungen dar. Isidore war gezwungen, das alles mit anzuhören.
    “Fragen wir einmal Mrs. Maggie Klugman”, empfahl der Ansager John Isidore, der viel lieber die Zeit gehört hätte. “Als neue Auswanderin zum Mars hatte Mrs. Klugman bei einem Interview in New York folgendes zu sagen - Mrs. Klugman, wenn Sie Ihr Leben auf der verseuchten Erde mit dem herrlichen Dasein hier vergleichen, wo Ihnen jede erdenkliche Möglichkeit offensteht, was würden Sie dann sagen?” Eine Pause, dann antwortete eine müde, ältliche Frauenstimme: “Was mir und meiner dreiköpfigen Familie am meisten auffiel, war die Würde.” “Die Würde, Mrs. Klugman?”
    “Ja”, antwortete Mrs. Klugman, Neubürgerin des Mars. “Das ist schwer zu erklären. Einen Dienstboten zu besitzen, auf den man sich in diesen schweren Zeiten verlassen kann - das finde ich einfach beruhigend.”
    “Sagen Sie, Mrs. Klugman, machten Sie sich früher, als Sie noch auf der Erde waren, auch Sorgen darum, als -hm - Sonderfall eingestuft zu werden?” “Ach, mein Mann und ich haben uns halb zu Tode geängstigt. Nach der Auswanderung ist diese Sorge natürlich von uns genommen, glücklicherweise für immer.”
    Für mich auch, dachte John Isidore bissig. Auch ich habe diese Sorge nicht mehr, ohne ausgewandert zu sein.
    Er war nun schon seit mehr als einem Jahr ein Sonderfall, was nicht nur seine mißgebildeten Gene betraf. Schlimmer war, daß er beim Test
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