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Traeumen Roboter von elektrischen Schafen?

Traeumen Roboter von elektrischen Schafen?

Titel: Traeumen Roboter von elektrischen Schafen?
Autoren: Philip K. Dick
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eine bestimmte Geisteskrankheit, man bezeichnete sie als >Fehlen des angemessenen Affekts<. Ich ließ den TV-Ton also abgeschaltet, setzte mich an meine Stimmungsorgel und begann zu probieren. Schließlich fand ich die Einstellung für Verzweiflung heraus.” Ihr dunkles, niedliches Gesicht strahlte so zufrieden, als habe sie damit eine wirklich wertvolle Leistung vollbracht. “Ich habe diese Stimmung zweimal monatlich auf meinen Plan gesetzt. Ich halte diesen Zeitaufwand für durchaus angemessen, für ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit ganz allgemein und insbesondere gegenüber der Tatsache, daß wir hier auf der Erde geblieben sind, während die Schlaueren alle längst ausgewandert sind. Meinst du nicht auch?”
    “Aber bei einer solchen Stimmung besteht doch die Gefahr, daß du darin verharrst”, wandte Rick ein, “daß du nicht mehr den Ausweg daraus wählst.” “Ich programmiere für drei Stunden später eine automatische Umstellung”, sagte seine Frau überlegen. “A 481. Bewußtsein der vielfältigen Möglichkeiten, die mir die Zukunft bietet, neue Hoffnung, daß …”
    “Ich kenne 481”, unterbrach er sie. Er hatte diese Kombination selbst schon oft gewählt.
    Rick setzte sich auf die Bettkante, nahm ihre Hände und zog sie zu sich herunter. “Hör mal”, sagte er, “selbst mit einer automatischen Neueinstellung ist es immer gefährlich, sich irgendeiner Depression auszusetzen. Verzichte auf deine Einstellung, und ich verzichte auf meine. Wir wählen gemeinsam 104, genießen es miteinander, dann behältst du es bei, und ich programmiere meine normale sachlich-nüchterne Haltung. In mir wird dann der Wunsch entstehen, für einen Sprung hinauf aufs Dach zu gehen, nach dem Schaf zu sehen und nachher ins Büro zu gehen, und du sitzt nicht hier herum und brütest ohne Fernsehen vor dich hin.”
    Er ließ ihre langen, schlanken Finger los und ging durch die geräumige Wohnung hinüber ins Wohnzimmer, wo es noch ein wenig nach Zigaretten von gestern abend roch. Er bückte sich und schaltete den Fernseher ein.
    Aus dem Schlafzimmer erklang Irans Stimme: “Ich vertrage vor dem Frühstück kein Fernsehen!”
    “Dann wähle 888”, gab Rick zurück und wartete auf das Anwärmen des Geräts. “Ich habe im Augenblick überhaupt keine Lust, irgend etwas einzustellen.”
    “Dann wähle 3”, sagte er.
    “Ich kann doch nicht eine Einstellung wählen, die in meiner Großhirnrinde den Wunsch zum Wählen wachruft! Wenn ich nicht wählen will, dann will ich schon gar nicht das wählen, weil ich dann nämlich wählen will, und das Wählenwollen erscheint mir im Augenblick als der denkbar abwegigste Drang. Ich will nichts weiter als hier auf der Bettkante sitzen und zu Boden starren.” Er drehte den Fernseher laut. Die dröhnende Stimme von Buster Freundlich füllte den Raum. “Hallo, Freunde! Jetzt wird es Zeit für einen kurzen Blick auf unser heutiges Wetter. Der Satellit Mungo meldet, daß der radioaktive Niederschlag gegen Mittag besonders stark sein wird, um dann später etwas abzuflauen. Wer von den Hörern sich also ins Freie wagen will …”
    Iran tauchte in ihrem langen, knisternden Nachthemd neben ihm auf und schaltete den Fernseher aus. “Schon gut, ich gebe es auf. Ich wähle, was du willst, selbst äußerste sexuelle Verzückung - mir ist so hundeelend, daß ich selbst das über mich ergehen lasse.”
    “Ich stelle die Orgeln für uns beide ein”, sagte Rick und führte sie ins Schlafzimmer zurück. Dann trat er an ihr Pult und programmierte 594: freudige Anerkennung der geistigen Überlegenheit des Ehemannes in allen Dingen. An seinem eigenen Pult wählte er eine frische und schöpferische Einstellung zur eigenen Arbeit, obgleich er sie kaum nötig hatte.
    Nach einem hastigen Frühstück - er hatte durch den Wortwechsel mit seiner Frau viel Zeit verloren - stieg er in seinen Ausgehanzug, zu dem auch sein Mountibank-Bleischutzstück, Modell Ajax, gehörte, hinauf zur Weide auf dem Flachdach, wo sein elektrisches Schaf “graste”. Hier mampfte dieses Meisterwerk der Technik scheinbar zufrieden vor sich hin und führte alle anderen Hausgenossen an der Nase herum.
    Natürlich bestanden sicher auch einige ihrer Tiere aus elektronischen Schaltungen unter einem geschickt geformten Äußeren. Er hatte selbstverständlich nie seine Nase in diese Dinge gesteckt, wie auch die Nachbarn sich nie um das Innenleben seines Schafes kümmerten. Nichts wäre unhöflicher gewesen.
    Die mit radioaktiven
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