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Traeum weiter, Mann

Traeum weiter, Mann

Titel: Traeum weiter, Mann
Autoren: Nebe
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so geschrieben?«
    »Kennen Sie sich aus mit Literatur?«, kommt es von Deuters gelangweilt zurück.
    »Wenig.« Gerald hebt entschuldigend die Schultern. »Zu viel Arbeit ...«
    »Sehen Sie«, kanzelt ihn Deuters ruhig ab.
    Doch so leicht gibt Gerald nicht auf.
    »Hatten Sie schon mal einen Bestseller? Vielleicht kenne ich ja zufällig einen Titel von Ihnen.«
    Der Mann beantwortet das einfach nicht. Eine peinliche Stille entsteht, die Gerald instinktiv mit Gequatsche zu füllen versucht.
    »Ich kann mir das gar nicht vorstellen, wenn ich was schreiben sollte. Mir würde nichts einfallen, es sei denn, es geht um Häuserverkauf. ›Von der Terrasse mit Fußbodenheizung geht der Blick über das Meer bis zu den dänischen Inseln‹, so etwas in der Art, aber das kann man wohl schlecht auf den Büchertisch legen, was?«
    Deuters hebt misstrauisch den Kopf. »Von wo aus kann man denn bis zu den dänischen Inseln schauen?«
    »Das ist nur ein Spruch.«
    »Ah ja.«
    Auf Sprüche scheint Deuters nicht zu stehen, was Gerald überrascht: Lebt ein Mensch des Wortes nicht überwiegend von Sprüchen?
    »Kann man denn vom Schreiben existieren?«, erkundigt er sich.
    Deuters Pyjama sieht teuer aus und sein Morgenmantel auch, arm ist der Typ nicht. Andererseits, würde ein berühmter Autor in der Pension Möwenwind absteigen? Der Mann überlegt einen Moment, dann explodiert er, ohne laut zu werden, was geradezu gespenstisch wirkt.
    »Damit das mal klar ist«, zischelt er, »hier agiere ich unter meinem normalen, bürgerlichen Namen! Mein Pseudonym braucht keiner kennen, jeden Tag als der berühmte Bestsellerautor begrüßt zu werden, das brauche ich wirklich nicht.«
    Gerald hebt abwehrend die Hände: »Entschuldigung, ist klar.«
    Dieses zickige Gehabe kennt er von seinen Kunden zur Genüge. Dieser Deuters ist es gewohnt, mit anderen Prominenten über den roten Teppich zu laufen, als sei der extra für ihn gefertigt worden. Den ganzen Tag lang wird solchen Typen von allen Menschen in seiner Umgebung Zucker in den Hintern geblasen. Das tut auf Dauer keinem gut. Gerald fummelt instinktiv am Reißverschluss seiner Wetterjacke herum. Mit einem Vertreter für sechseckige Putzeimer hätte er mehr Spaß gehabt. Vielleicht wäre es besser, hinaus in den Nebel zu gehen, anstatt sich weiter diesem Idioten auszusetzen. Aber da kommt zum Glück Steff zurück und gießt allen einen ein, sie wirkt plötzlich wach und geradezu unternehmungslustig, da will er natürlich bleiben.
    »Skål for gamle denmark, Herr Deuters, skål Gerald«, ruft sie und stößt mit ihm und Deuters an.
    »Skål.«
    Ihre Augen strahlen fröhlich in die Runde. Immerhin duzt sie ihn, während Deuters gesiezt wird, was Gerald als Punktsieg feiert. Trotzdem ist es anders als vorher, drei sind einer zuviel. Es ist schon mit Steff alleine verwirrend genug, da braucht er nicht noch Konkurrenz. Gerald weiß, dass Frauen Künstler lieben, im Zweifelsfall aber lieber einen Arzt heiraten. Denn ein Leben ohne Geld ist ein echter Hinderungsgrund in Hinsicht auf eine Familiengründung. Das klingt schematisch und klischeehaft und die meisten Frauen würden es vielleicht nicht so schonungslos ausdrücken, aber Gerald hat es mehrere Male in seinem Dorf erlebt, wo sich eine Zeitlang eine kleine Malerkolonie aufgehalten hat.
    Nur dieser Deuters ist ein ganz anderes Kaliber als seine Dorfkommunenmaler: Der scheint mit seinen Büchern so viel Geld zu verdienen wie ein Chefarzt, warum auch immer. Was nichts daran ändert: Steff ist für ihn, Gerald, bestimmt, und das soll sie so bald wie möglich wissen.

5
Hemingway ohne Whiskey

    In was für eine Situation ist er da nur geraten?!
    Eigentlich wollte Heiner sich nur eine Flasche frisches und vor allem kaltes Wasser holen. Er konnte einfach nicht einschlafen, nachdem der Zigarettenrauch in sein Zimmer geweht war. Heiner hasst nichts so sehr wie den kalten Gestank von Zigaretten. Es erinnert ihn an seine Studienzeit, damals vor fast zwanzig Jahren, als er einen dunklen Winter lang als Taxifahrer jobbte. Den abgestandenen Nikotingeruch, der sich tief in die Polster seines Mercedes eingebrannt hatte, wird er nie vergessen.
    Und nun steht er hier, mitten in der Nacht, zusammen mit diesem unrasierten Makler-Schnösel, muss Konversation machen und widerlichen Cognac trinken.
    Wieso tut er sich das an? Er könnte sich ganz einfach entschuldigen, sagen, dass er müde ist und dann zurück auf sein Zimmer gehen.
    Aber dann würde er die süße
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