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Traeum weiter Baby

Traeum weiter Baby

Titel: Traeum weiter Baby
Autoren: Andrea Brown
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Frühstücksmargarine einen Kuchen zusammenmanschten. Als er fertig |27| war, stürmten sie das Schlafzimmer und zeigten Mami und dem gutaussehenden Mann ihr kulinarisches Machwerk. Die beiden grinsten hocherfreut in die Kamera, was darauf schließen ließ, daß der gutaussehende Mann der Liebhaber war, denn kein Mann, der länger mit einer Frau zusammen ist, bemüht sich so sehr, nicht genervt zu wirken, wenn er beim Sex gestört wird. Ich versuchte mir vorzustellen, wie Sascha nach einer langen Nacht im Club mit Restalkohol und Rückständen anderer Chemikalien im Blut reagieren würde, wenn Moritz sein Bett stürmen und ihm einen fettigen Margarinekuchen unter die Nase halten würde. Er würde vermutlich draufkotzen. Unser Leben lief leider völlig anders ab als in der Werbung.
    Olli war zurück. Er hatte wieder den Experten hinzugezogen, der etwas über Stimmungsschwankungen und emotionale Defizite erzählte. Er hatte eine so einschläfernde Stimme, daß ich zurück zur talkenden Tante zappte. Da ging es heiß her. Eine Mutter und eine Tochter stritten sich um einen grinsenden Fettmops, der anscheinend das Objekt ihrer Begierde war. Ich konnte nicht begreifen, was sie an dem Typen fanden, aber das passierte einem ja öfter.
    »Von dir habe ich mir lange genug den Spaß am Leben nehmen lassen«, keifte die Mutter, »damit ist jetzt Schluß!«
    Das Publikum tobte.
    Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, weniger fernzusehen, damit mein Gehirn von den vielen Talk-Shows nicht restlos aufgeweicht wurde. Auf dem Couchtisch lag der Magritte und machte mir ein schlechtes Gewissen. Ich versteckte ihn unter dem ›Gott der kleinen Dinge‹, den ich mir als Fitneßtraining für meine grauen Zellen angeschafft hatte. Jetzt glotzte mir das Buch vorwurfsvoll entgegen. Ich nahm es in die Hand und wollte es gerade aufschlagen, als die Tochter sagte, die Mutter habe ihr bis |28| jetzt jeden Mann weggenommen, einschließlich ihres Vaters, den die Mutter anscheinend böswillig verlassen hatte. Ich legte das Buch weg und streckte mich auf der Couch aus. Talk-Shows waren einfacher zu konsumieren als Bücher und gaben einem das Gefühl, unter Leuten gewesen zu sein, selbst wenn der einzige Ansprechpartner, den man an dem Tag hatte, ein sieben Monate altes Baby war. Außerdem konnte ich oft nicht mehr als ein paar Seiten am Stück lesen, weil dann Moritz garantiert aufwachte. Er hatte einen Riecher dafür, mich im entscheidenden Moment zu unterbrechen. Beim ›Gott der kleinen Dinge‹ war das ständig passiert, und immer, wenn ich das Buch das nächste Mal wieder aufschlug, hatte ich vergessen, wer mit wem verwandt oder verschwägert war, und inzwischen war es mir völlig egal, wer von der Sippschaft für Sophie Molls Tod verantwortlich war.
    Ich mußte eingeschlafen sein, denn als ich Moritz quäken hörte, flimmerte Britt über den Bildschirm. Sie hatte ein paar Exhibitionisten eingeladen, die übereinstimmend erklärten, daß ihre Mütter für ihre Neigung verantwortlich waren, weil sie in der analen Phase irgendwas vermurkst hatten. Ich schaltete die Glotze aus und ging zu Moritz. Er hatte die Windel voll und meckerte.
    »Keine Panik«, beruhigte ich ihn, »wir werden deine anale Phase prima meistern, und du mußt später bestimmt in keine Talk-Show gehen und davon erzählen, daß du anderen Leuten deinen Schniedel zeigen willst, o.k.?«
    Moritz lächelte zum Zeichen seines Einverständnisses und ließ sich ohne zu protestieren wickeln.
    Da das Wetter einigermaßen war und ich sowieso nichts Besseres vorhatte, beschloß ich, mit ihm spazierenzugehen.
    Als wir an die Isar kamen, stellte ich beruhigt fest, daß ich nicht die einzige Mutter war, die wieder mal keine bessere Idee gehabt hatte, was sie mit ihrem Kind an so einem |29| Nachmittag unternehmen sollte. Es waren lauter Familien mit Kleinkindern unterwegs. Ich fragte mich, wo die Massen alleinerziehender Mütter waren, von denen immer gesprochen wird. In dieser Grünanlage jedenfalls nicht, denn hier hatte jede Mutti einen zugehörigen biologischen oder später erworbenen Papi neben sich herlaufen. Sie unterhielten sich. Ich hätte mich auch gerne mit jemandem unterhalten, aber Moritz döste vor sich hin, und Sascha mußte sich ja leider mit Ike unterhalten. Ich hoffte für ihn, daß der Typ nach dem Frühstück etwas aufgetaut war, sonst würde das ein ziemlich mühsames Gespräch werden. Aber es gehörte nun mal zu Saschas Job, DJs oder andere Leute aus der Branche zu
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