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Traeum weiter Baby

Traeum weiter Baby

Titel: Traeum weiter Baby
Autoren: Andrea Brown
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Ich benutzte das Zimmer nur als Durchgang zum Balkon, und Sascha schlief manchmal dort. Seit Moritz auf der Welt war, schlief er oft in seinem Zimmer, damit ich nicht wach wurde, wenn er von der Arbeit spät nach Hause kam, weil ich ja wegen Moritz ziemlich früh aufstehen mußte.
    Als ich mit der Küche fertig war, goß ich die Blumen auf dem Balkon. Auf Saschas Schreibtisch lag ein Flyer mit den News aus dem Nachtleben. Ich dachte, es könnte nicht schaden, mal reinzugucken, um wenigstens aus zweiter Hand zu erfahren, was in der Welt so abging. Als ich den Flyer in die Hand nahm, fiel der Ersatzschlüssel vom Club, der anscheinend darunter gelegen war, auf den Boden. Sascha ist ein Meister im Verlieren von Schlüsseln, deshalb verstaute ich den Schlüssel in einem Kästchen im Flurregal, das ich ziemlich kitschig fand, aber nicht wegwerfen wollte, weil mein Vater es mir aus Indien mitgebracht hatte, und ging mit dem Flyer in die Küche.
    Inzwischen hatte ich Hunger, aber keine Lust, etwas zu kochen, weil sich der Aufwand für eine Person nicht lohnt. Daher nahm ich einen Schokopudding aus dem Kühlschrank |25| und setzte mich, da ich nicht gern alleine esse, damit vor den Fernseher.
    Eine Talk-Show-Tante grinste mir entgegen.
    Ich grinste zurück und nahm genüßlich einen Löffel Pudding, während sich die Talker gegenseitig in der Luft zerfetzten. Es ging um Mütter, die ihren Töchtern den Freund ausgespannt hatten. Das Thema ließ mich kalt, weil ich mir nicht vorstellen konnte, daß meine Mutter und Sascha sich ineinander verlieben könnten. Also schaltete ich um zu Olli Geissen. Der quetschte gerade einen hübschen Kerl zu seinen Erfahrungen mit Designerdrogen aus. Ich blieb bei Olli, weil sein Gast besser aussah als die fehlgeleiteten Mamis.
    »Ich habe keine Lust, dauernd vernünftig zu sein«, sagte er zu Olli, »das Leben ist kurz, und ich will meinen Spaß haben.«
    Das Publikum klatschte, und Olli strahlte den Spaßvogel begeistert an. Er sah wirklich umwerfend aus.
    »Ich will Party machen«, sagte er, »wozu leben wir denn sonst?«
    Olli lächelte unverbindlich. Er lebte unter anderem, um mit Leuten wie ihm Geld zu machen.
    »Und hattest du schon mal einen Blackout?« Er zeigte sein Zahnpastalächeln. Der Spaßvogel guckte ihn verständnislos an.
    »So, daß du dich am nächsten Tag an nichts erinnerst«, erklärte Olli.
    »Weiß ich nicht«, sagte der Hübsche, »kann mich an keinen Blackout erinnern.«
    Das Publikum johlte.
    »Ich finde es ganz klasse, daß du so ehrlich bist«, sagte Olli mit ernstem Gesicht. »Jetzt schauen wir mal, was unser Experte dazu meint.«
    Er hielt das Mikro einem Mittvierziger mit fettigen Haaren unter die Nase. Schmalzlocke war Drogenberater |26| und fand es weniger klasse, was der hübsche Spaßvogel so von sich gab.
    »Jeder Blackout zerstört Unmengen von Gehirnzellen«, gab er zu bedenken.
    Das tat mir leid für den Hübschen, zumal er ohnehin nicht aussah, als verfüge er über besonders viele davon. Auch Olli und das Publikum schwiegen bedrückt. Aber der Hübsche trug es mit Fassung.
    »Na und«, sagte er, »wir benutzen sowieso nur zehn Prozent unserer Gehirnmasse, den Rest kann ich doch zerstören, wie ich will!«
    Da hatte er auch wieder recht. Das Publikum klatschte.
    Schmalzlocke fing wieder an zu schwafeln, und ich schaltete zurück zu den Müttern und Töchtern. Dann klingelte das Telefon, aber als ich abhob, war niemand dran. Am anderen Ende wurde aufgelegt, und dann tutete mir das Freizeichen ins Ohr. Zu spät! Ich schaltete den Anrufbeantworter an und ging zurück ins Wohnzimmer, als gerade die Werbung lief. Eine Mami in weißen gebügelten Jeans und einem pinken gebügelten T-Shirt stand in der Tür und winkte einem Mann in einem schnittigen Auto zu. Sie hielt ein ebenso gebügeltes Baby im Arm. Der Mann brauste davon, und sie winkte ihm hinterher. Eine glückliche Familie, dachte ich, sofern der Vater nicht demnächst einen Verkehrsunfall hat, was mehr als wahrscheinlich war, denn statt auf die Straße zu achten, winkte er seinen Lieben zu. Wenn das mal gutging! Der nächste Spot spielte in einem traumhaften Loft, dessen Renovierung so kostspielig gewesen sein mußte, daß es sich auf keinen Fall um die Werbung für einen Bausparvertrag handeln konnte, es sei denn, die Bank wollte sich selbst in den Ruin treiben. Eine schöne Frau lag im Bett und küßte den Vater ihrer Kinder oder einen anderen gutaussehenden Mann, während die lieben Kleinen aus
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