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Tränen aus Gold

Tränen aus Gold

Titel: Tränen aus Gold
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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Kerl! Wer bist du, daß du die gute Absicht des Mannes in Zweifel ziehst, der deinen Lohn zahlt? Schande über dich!« stieß sie aufgebracht und nicht ohne einen Anflug von Sarkasmus hervor.
    Der Bedienstete stieß einen matten Seufzer aus.
    »Wirklich eine Schande, eine richtige Schande.«
    Da stemmte Elise die Hände in die schlanke Taille und holte mit blitzenden Augen zu einer Gardinenpredigt aus. »Ach so, das also ist es! Du willst dich beklagen? Wahrhaftig! Der Herr läßt eher die Klagen der Straßenbettler über sich ergehen als das Gejammer seines Küchengesindes. Sag mir, hat meine Gegenwart dich etwa am Trinken gehindert?«
    Der Mann fuhr sich mit einer mit Stofflappen umwickelten Hand über den Mund. »Der Herr täte gut daran, selbst von seinen Vorräten zu kosten. Ein wahrer Jammer, daß er an seine Gäste dieses saure Zeug ausschenken läßt.«
    »Bist du als Schankmeister so unfehlbar, oder ist dir eine gehörige Portion Hochmut in die Wiege gelegt worden?« fragte Elise von oben herab.
    »Hochmut?« Er lachte verächtlich. »Nun, man könnte sagen, die gehörige Portion habe ich von den feinen Herrschaften abgeschaut.«
    Elise hielt empört die Luft an. »Lass dir gesagt sein, daß du dir mehr als genug abgeschaut hast!«
    Von ihrer Kritik ungerührt, reagierte der Mann mit einem gleichmütigen Achselzucken. »Hochmut ist's nicht, doch vermag ich Gut von Schlecht zu unterscheiden. Recht von Unrecht… und manchmal bedarf es eines Funken Verstandes, um den Unterschied zu erkennen.« Er trat näher an das Fass heran und machte sich daran, einen zweiten Krug zu füllen. »Wenn jetzt Seine Lordschaft hier wäre…«
    »Was denn? Schon wieder eine Klage über den Verlust des Marquis? Was für ein aufsässiges Gesinde…!« klagte Elise, der nicht entging, daß laufend volle Tabletts hereingebracht wurden. Mit einer ungeduldigen Geste wies sie die Speisenträger an, die Gäste an einem etwas entfernteren Schragentisch zu bedienen, während sie diesen flegelhaften Knecht gründlich in die Schranken wies. »Sag mir, hat dir noch niemand Anstand beigebracht?«
    »Doch, schon.« Die Kapuze dämpfte die tiefe Stimme, als er mit dem Ärmel des Überwurfs verschüttete Tropfen abwischte. »Seine Lordschaft, der Marquis… ich folge seinem Beispiel.«
    »Nun, dann hast du einen schlechten Lehrer gehabt«, unterbrach Elise ihn brüsk. »Alle Welt weiß, daß Lord Seymour ein Mörder war und die Königin verraten hat.«
    »Diese Geschichten habe ich auch gehört«, gab der Mann zurück und lachte kurz auf, »aber geglaubt habe ich sie nicht.«
    »Das sind nicht nur Geschichten«, warf Elise ein. »Zumindest war die Königin dieser Meinung. Sie beschlagnahmte seine Besitzungen und übergab sie meinem Onkel, da sie in ihm offensichtlich den Würdigeren erkannte.«
    Da setzte der Mann den Krug mit einem Ruck ab und beugte sich vor, als wollte er ihr heftig widersprechen. Daß die Kapuze verrutschte und den Blick auf die untere Gesichtshälfte freigab, schien ihn nicht zu kümmern. Ein struppiger hellbrauner Bart bedeckte das Kinn. Unter einem Schnauzbart, der ihm über die Oberlippe hing, verzog er verächtlich den Mund.
    »Mädchen, wie könnt Ihr so urteilen? Ihr habt Lord Seymour nie gesehen, und Ihr kennt den Squire nicht, wenn Ihr sagt, er sei der Würdigere.«
    Elise hielt dem Blick der Augen stand, die ihr aus dem Dunkel der Kapuze nun sonderbar stechend entgegensahen. Für einen Augenblick ließ die aufflackernde Wut sie erstarren, dann aber reckte sie stolz ihr Kinn und ging zum Gegenangriff über: »Bist du denn ein Hellseher, weil du zu wissen glaubst, ob ich ihn kenne oder nicht?«
    Sich zu voller Größe aufrichtend, wich der Mann ein Stück zurück und verschränkte die Arme vor der Brust, den Blick voller Spottlust auf Elise gerichtet, die ihm knapp bis ans Kinn reichte. Hätte sie nicht den Kopf in den Nacken gelegt, um ihn anzusehen, sie hätte vor sich nur das raue Sackleinen gesehen, das seine Brust bedeckte.
    »Verzeiht mir, Mistreß.« Die Hand auf der Brust, vollführte er eine Verbeugung. »Hab' Euch nie hier gesehen, als Lord Seymour noch unser Herr war, und da dacht' ich mir, Ihr seid ihm nie begegnet.«
    »Das stimmt«, gestand Elise, von seiner herausfordernden Art irritiert. Der Mann verdiente gar keine Erklärung, und sie schalt sich insgeheim, daß sie ihm trotzdem eine gab. Ohne sein spöttisches Lächeln zu beachten, sagte sie mit Nachdruck: »Aber ich hätte ihn trotzdem
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