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Toxin

Toxin

Titel: Toxin
Autoren: Robin Cook
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würde den leeren Karton später zerkleinern und zum Altpapier packen müssen.
    Er klappte den nächsten Karton auf und stellte fest, daß dieser ebenfalls leer war. Wütend nahm er die beiden Verpackungen, öffnete die Isoliertür und warf sie nach draußen. Dann ging er tiefer in den Gefrierraum hinein, wo die Ersatzkartons gestapelt waren. Er kratzte das Eis von dem erstbesten Karton, den er zu fassen bekam und musterte das Etikett:
     
    Mercer Meats, reguläre Hamburger 50 Gramm,
    extra mager, partie nummer 6, sendung 9-14,
    HERGESTELLT AM 12. JANUAR, VERWENDBAR BIS ZUM 12. APRIL
     
    »Kommt mir irgendwie bekannt vor«, sagt er laut zu sich selbst und inspizierte den Kartondeckel. Kein Zweifel: Er war schon einmal geöffnet worden.
    Um sicherzugehen, daß keine Kartons älteren Datums vorhanden waren, kratzte er das Eis von dem im hintersten Winkel des Gefrierraums stehenden Karton. Er datierte ebenfalls vom 12. Januar.
    Skip packte den geöffneten Karton an den aufgeklappten Laschen und zog ihn in den vorderen Bereich des Gefrierraums. Dann erst griff er hinein und entnahm eine der Boxen. Wie er erwartet hatte, war die Box ebenfalls bereits angebrochen. »Jetzt sind endlich die Hamburger dran, die ich schon vor einer Woche mal geholt hatte«, sagte Skip zu Paul und knallte die Kühlschranktür zu.
    »Ist völlig in Ordnung, wenn die anderen alle verbraucht sind«, entgegnete Paul, ohne von seiner Arbeit aufzublicken.
    »Ich habe extra nachgesehen«, versicherte Skip. »Es gibt keine Kartons mehr mit älterem Datum.«
     
    Die große Uhr an der Wand des WENE-Nachrichtenstudios zeigte Kelly die genaue Uhrzeit an. Es war 18.07 Uhr. Die lokalen Nachrichten hatten um halb sechs begonnen. Laut Plan sollte sie um 18.08 Uhr auf Sendung sein. Im Augenblick fummelte der Studiotechniker noch an ihrem Mikrophon herum. Wie immer vor einem Auftritt jagte ihr Herz. Plötzlich wurde eine der großen Fernsehkameras direkt vor ihr in Position gebracht. Der Kameramann sprach leise in das Mikrophon seines Kopfhörers und nickte. Aus dem Augenwinkel sah sie den Sendeleiter das Mikrophonkabel aufheben und in ihre Richtung kommen. Im Hintergrund hörte sie, wie die Moderatorin Marilyn Wodinsky den nationalen Nachrichtenüberblick beendete.
    »Mein Gott!« zischte Kelly, schob die Hand des Technikers beiseite und rückte sich das Ansteckmikrophon selbst zurecht. Gerade noch rechtzeitig, denn nur Sekunden später hielt ihr der Sendeleiter fünf gereckte Finger entgegen. Noch fünf Sekunden bis zur Sendung. Er zählte die Sekunden herunter und endete, indem er auf Kelly zeigte. Gleichzeitig leuchtete an der Kamera ein rotes Lämpchen auf: Sie war auf Sendung.
    »Guten Abend, meine Damen und Herren«, begrüßte Kelly ihre Zuschauer. »Heute abend berichten wir umfassend über eine tragische Geschichte, die sich in unserer Gegend zugetragen hat - fast könnte man meinen, hier sei eine klassische griechische Tragödie zur Aufführung gekommen. Es geht um eine Familie, die noch vor einem Jahr wie eine Bilderbuchfamilie gelebt hat: Der Vater - einer der angesehensten Herzchirurgen im ganzen Land; die Mutter - eine Psychotherapeutin und ebenfalls hoch angesehen; und die Tochter - ein liebenswertes, talentiertes, zehnjähriges Mädchen, dem viele eine zukünftige Karriere als Eiskunstläuferin vorausgesagt haben. Die Katastrophe nahm ihren Anfang vermutlich mit der Zusammenlegung des Samaritan Hospital mit dem University Medical Center. Für die Karriere des Mannes bedeutete das einen Knick, und das wiederum wuchs sich zu einer Belastung für die Ehe aus. Es folgten eine bittere Scheidung und ein Krieg um das Sorgerecht. Dann ist vor ein paar Tagen, um genau zu sein, am Samstag nachmittag, plötzlich die Tochter gestorben. Und zwar an einer Krankheit, die von Kolibakterien verursacht wurde. Das führte dazu, daß Dr. Kim Reggis, der Vater des Mädchens, der durch den fortschreitenden Zusammenbruch seines bisherigen Lebens ohnehin schon extrem angespannt war, die örtliche Fleischindustrie für den Tod seiner Tochter verantwortlich machte. Er gelangte zu der Überzeugung, daß seine Tochter sich in einem Restaurant der Onion-Ring-Kette mit dem Erreger infiziert haben mußte. Die Onion-Ring-Restaurants beziehen ihre Hamburger von Mercer Meats, und Mercer Meats wiederum bekommt einen Großteil seines Fleisches von Higgins und Hancock. In seiner Verzweiflung verkleidete sich Dr. Reggis als blonder Punker und besorgte sich unter falschem Namen
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