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Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Titel: Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre
Autoren: Unbekannt
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Grüßen
    ein besorgter Bürger
    A. A. Mole
    Donnerstag, 28. Juni
    Daisy hat sich bei den Weight Watchers im Gemeindesaal angemeldet, und ich musste sie auf dem Gepäckträger meines Fahrrads hinfahren, weil sie partout keine Gummistiefel anziehen will und der Weg durch den pausenlosen Regen überschwemmt ist.
    Zwischendurch nach Hause zu fahren hätte sich nicht ge lohnt, da das Treffen nur eine Stunde dauern sollte, also trafen wir uns im Bear Inn, nachdem sie sich gewogen und getan hatte, was auch immer Weight Watchers eben so tun.
    Daisy kam herein und ließ sich mit den Worten auf den Sitz neben mich fallen: »Ich wiege 82,9 Kilo.« Sie zündete sich eine Zigarette an.
    »82,9 Kilo, ist das gut oder schlecht?«, fragte ich.
    »Es wäre super, wenn ich Halbschwergewichtsboxerin wäre«, gab sie zurück. »Aber da ich nur eins sechzig groß bin und zarte Knochen habe, ist das schlecht, sogar sehr schlecht.«
    Sie nahm sich mein Bierglas und leerte es, dann wischte sie sich den Mund mit dem Handrücken und ergänzte: »An meinem Hochzeitstag habe ich siebenundfünfzig Kilo gewogen.«
    Ich sah ihr an, dass sie in eine ihrer Depressionen abglitt, weshalb ich sagte: »Umso besser, dann habe ich mehr zum Knuddeln.«
    Das war eindeutig nicht der richtige Kommentar.
    Ich ging zur Theke, um ihr einen doppelten Wodka Tonic zu holen (mit Strohhalm, ohne Eis, keine Zitrone).
    Eine Gruppe stämmiger Frauen in Trainingsanzügen quetschte sich in den Pub und drängte sich um einen kleinen Tisch, wo alle sich Zigaretten anzündeten. Schon bald ähnelte die Kneipe der Abschlussszene aus Casablanca mit dem Nebel auf der Flugzeugstartbahn.
    »Sind das deine Mitstreiterinnen von den Weight Watchers?«, fragte ich.
    »Nein«, antwortete Daisy, die alles weiß, was im Dorf passiert. »Die trainieren für einen gesponserten Lauf, um Geld für die Rettung des Postamts zu sammeln.«
    »Rettung vor was?«, fragte ich.
    »Vor der Schließung.« Daisy zündete sich noch eine Zigarette an.
    Ich sagte: »Du hast doch gerade eine ausgemacht, und die war nur halb aufgeraucht.«
    Darauf entgegnete sie (ziemlich scharf, wenn man bedenkt, dass wir uns in der Öffentlichkeit befanden): »Hör mir mal gut zu, Mr. Sauberlunge. Ab Sonntag verstößt es gegen das beschissene Gesetz, in einer Kneipe eine Kippe zu rauchen. Bis dahin ziehe ich mir noch so viele rein, wie es nur irgendwie geht.«
    Um sie abzulenken, brachte ich das Gespräch wieder auf das Postamt. »Es darf nicht geschlossen werden. Ich gehe mindestens dreimal pro Woche hin. Und was ist mit Dad? Das ist der einzige Tag, an dem er regelmäßig vor die Tür kommt, er liebt den Rentenzahltag.«
    Daisy knallte ihr Glas auf den Tisch und rief Tom Urquhart hinter der Theke zu: »Mit dem Stolichnaya hier könnte man ein Neugeborenes füttern. Den verdünnt man nicht mit Was ser, das ist kein scheiß Rose’s Lime Juice!«
    Manchmal wünschte ich, dass Daisy nicht so unkonventionell erzogen worden wäre und gelernt hätte, in der Öffentlichkeit gehemmt zu sein. Es war ihr völlig egal, dass Urquhart Kommentare über sie murmelte oder dass die ganze Kneipe sie anglotzte.
    Ich trat an die sportbekleideten Frauen heran, um sie zu fragen, ob ich mich ihrer Kampagne zur Rettung des Postamts anschließen könne. Aus persönlichen Gründen sei ich nicht in der Lage, an einem gesponserten Lauf teilzunehmen, erklärte ich mit einer vagen Geste auf meine Beine.
    »Ich weiß, wer Sie sind«, sagte eine der Frauen, deren rosa-weißer Trainingsanzug exakt denselben Farbton wie Kokosnusseiscreme hatte. »Ich hab Sie vor dem Kindergarten gesehen. Sie wohnen in einem von den Schweineställen – Sie schreiben doch das Theaterstück für die Gemeindeaufführung. Kriegen wir alle eine Rolle?«
    Ich sagte ihnen, ich würde eine Szene für sie schreiben, und sie lachten alle und klatschten einander mit ihren schwabbeligen Armen quer über den Tisch hinweg ab.
    22:00
    Auf dem Heimweg toste der Regen auf unseren Schirm herab. Gibbet Lane war mehr Pfütze als Straße. Den Großteil des Weges musste ich Daisy schieben, was nicht gerade leicht war, mit einer Halbschwergewichtlerin auf der Fahrradstange.
    Ich erklärte ihr, wenn sie sich keine Gummistiefel kaufen würde, dann würde ich …
    »Dann würdest du was?« Ihre Hände umschlossen meinen Hals fester.
    Ich gab keine Antwort. Sie weiß, dass ich ein Sklave der Liebe bin.
    Das Wasser vor dem Haus stand knöchelhoch an meinen Gummistiefeln, und ich musste Daisy bis
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