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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt
Autoren: T Weaver
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wie Sie oder ich eben auch Dinge vergessen. Nur dass sie ihm nachher nicht wieder einfielen. Sie waren einfach weg. Dann betraf es langsam auch größere Sachen, zum Beispiel Namen oder Termine, und schließlich fing er an, mich und Alex zu vergessen.«
    »Standen Alex und Malcolm sich nahe?«
    »Oh, auf jeden Fall. Immer.«
    Ich nickte und brach ein Stückchen Blaubeermuffin ab.
    »Nun, ich werde einige Dinge von Ihnen brauchen«, erklärte ich. »Zuallererst Fotos, die Sie auftreiben können, nur eine Auswahl natürlich. Dann brauche ich die Adressen seiner Freunde, seiner Arbeitsstelle, seiner Freundin, falls er eine hatte.« Ich deutete mit dem Kopf nach oben. »Außerdem würde ich mich gern kurz in seinem Zimmer umsehen, falls es Ihnen nichts ausmacht. Ich denke, das wäre hilfreich.«
    Ich spürte, wie Malcolm Towne mich anstarrte. Als ich mich zu ihm umdrehte, war sein Kopf leicht vorgebeugt, wodurch seine dunklen Augen hinter den Brauen verborgen lagen. Speichel rann ihm aus dem Mundwinkel.
    »Hör auf zu starren, Malc«, sagte Mary.
    Er wandte sich wieder dem Fernseher zu.
    »Lebte Alex in einer eigenen Wohnung, als er verschwand?«
    Sie nickte. »Ja.«
    »Wo?«
    »In Bristol. Dort war er zur Universität gegangen.«
    »Und nach der Uni?«

    »Er hatte einen Job in der Datenerfassung.«
    Ich nickte. »So eine Art Computer-Programmierer?«
    »Eigentlich nicht«, erwiderte sie leise. Eine Spur von Enttäuschung legte sich in ihren Blick.
    »Was ist los?«
    Sie zuckte die Schultern. »Nach seinem Abschluss bat ich ihn, wieder nach Hause zu kommen. Der Job, den er hatte, war schrecklich. Den ganzen Tag legten sie ihm Akten auf den Tisch, die er dann in den Computer übertragen musste, jeden Tag dasselbe. Und die Bezahlung war furchtbar schlecht. Er hätte eine bessere Arbeit verdient.«
    »Aber er wollte nicht zurückkommen?«
    »Er hätte promovieren können. In Englisch hat er mit Auszeichnung bestanden, sodass er einen Spitzenjob in London mit dem fünffachen Gehalt bekommen hätte. Wäre er zurückgekommen und hätte hier gewohnt, dann hätte er die Miete gespart und ein besseres Sprungbrett für die Jobsuche gehabt. Er hätte seine Tage mit dem Ausfüllen von Bewerbungsformularen verbringen und Gespräche mit Firmen führen können, die ihn als Mitarbeiter verdienten.«
    »Und trotzdem wollte er nicht zurückkommen?«
    »Nein«, entgegnete sie. »Er wollte dort bleiben.«
    »Warum?«
    »Ich vermute, er hatte sich in Bristol ein eigenes Leben aufgebaut.«
    »Was geschah nach seinem Verschwinden – haben Sie nie wieder mit ihm gesprochen?«
    »Nein.«
    »Nicht mal am Telefon?«
    »Nie«, bekräftige Mary, diesmal leiser.
    Ich ließ sie die ganze Geschichte noch einmal durchgehen. Wo sie Alex gesehen hatte. Wann. Wie lange sie ihm gefolgt war. Wie er ausgesehen hatte. Welche Kleidung er getragen
hatte und schließlich, wo er verschwunden war. Am Ende hatte ich nicht viele Anhaltspunkte für eine Suche.
    »Also ist Alex fünf Jahre lang verschwunden gewesen und dann bei einem Autounfall gestorben …« Ich schielte auf meinen Notizblock. »Vor etwas mehr als einem Jahr. Richtig?«
    »Richtig.«
    »Und wo hat sich der Unfall ereignet?«
    »Gleich außerhalb von Bristol, auf dem Weg zur Autobahn.«
    »Was ist mit dem Wagen passiert?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Wurden keine persönlichen Gegenstände daraus geborgen?«
    »Er war völlig zerstört.«
    Ich kam schnell zum nächsten Punkt.
    »Besaß Alex ein Bankkonto?«
    »Ja.«
    »Hob er vor seinem Verschwinden Geld davon ab?«
    »Die Hälfte seines Guthabens.«
    »Wie viel war das?«
    »Fünftausend Pfund.«
    »Mehr nicht?«
    »Mehr nicht.«
    »Haben Sie seine Auszüge überprüft?«
    »Regelmäßig – aber es war sinnlos. Er ließ seine Karte zurück, als er fortging. Soweit ich weiß, hat er sich nie eine Ersatzkarte ausstellen lassen.«
    Ich notierte, was sie gesagt hatte.
    »Nun, hatte er eine Freundin?«
    »Ja.«
    »Unten in Bristol?«
    Mary nickte.

    »Wohnt sie noch immer dort?«
    »Nein«, sagte Mary. »Ihre Eltern leben in London. In Islington. Nach Alex’ Verschwinden ist Kathy aus Bristol weggezogen.«
    »Hatten Sie Kontakt zu ihr?«
    »Nicht seit der Beerdigung.«
    »Danach kein einziges Mal mehr?«
    »Er war tot. Wir hatten nichts, worüber wir reden konnten.«
    Ich machte eine Pause, um sie wieder zu sich kommen zu lassen.
    »Hat er Kathy an der Universität kennengelernt?«
    »Nein. Sie sind sich in London begegnet. Bei einer Party, die Alex
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