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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt
Autoren: T Weaver
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Alex haben sich also auf einer Party kennengelernt?«
    Sie lächelte. »Der Freund eines Freundes hat seine Wohnungseinweihung gefeiert.«
    Ich legte meinen Notizblock zwischen uns, damit sie sehen konnte, dass ich bereit war.
    »Und Sie mochten ihn von Anfang an?«
    Sie nickte. »Ja, es hat gleich zwischen uns gefunkt.«
    »Und deshalb sind Sie ihm schließlich nach Bristol gefolgt?«
    »Ich bewarb mich dort für eine Stelle. Es sollte um einen Marketing-Job gehen. Alex hatte schon seinen Studienplatz, und ich wollte in seiner Nähe sein. Es passte einfach.«
    »Was ist dann passiert?«
    »Es ging nicht um Marketing, sondern um unangemeldete Anrufe, um Zentralheizungen zu verkaufen. Ich habe der Sache eine Woche gegeben. Beim Vorstellungsgespräch hat mir der Geschäftsführer versprochen, ich könnte allein durch die Provisionen so viel verdienen wie meine Freunde in einem ganzen Jahr. Ich bin nicht lange genug geblieben, um es herauszufinden.«
    »Also haben Sie als Kellnerin angefangen?«
    »Ja.«
    »Was haben Sie beide zusammen unternommen?«

    Ihre Augen flackerten, als die Erinnerungen in ihr hochkamen. »Wir sind oft weggefahren. Alex liebte das Meer.«
    »Dann sind Sie an die Küste gefahren?«
    Sie nickte.
    »Wie oft?«
    »An den meisten Wochenenden. Manchmal auch während der Woche. Nach der Uni nahm Alex einen Job bei einer Versicherungsgesellschaft an. Er entwickelte eine Art Hassliebe zu seiner Arbeit. Manchmal wollte er montags einfach nicht hingehen. Also haben wir einen alten VW-Bus gekauft und sind losgefahren, wann immer wir Lust dazu hatten.«
    »Wussten seine Eltern, dass er seine Arbeit schwänzte?«
    »Nein.«
    »Das hatte ich auch nicht erwartet.« Ich lächelte. »Und Ihre Arbeit?«
    »Sie waren ziemlich nett zu mir. Ich konnte kommen und gehen, wie es mir passte – manchmal durfte ich mir sogar die Schichten aussuchen. Wenn wir dann für ein paar Tage verschwanden, arbeitete ich nachher zum Ausgleich Extraschichten. Die Bezahlung war furchtbar, aber wir konnten das Geld gebrauchen.«
    Sie verlor sich für einen Moment in ihren Erinnerungen. Ich wartete, bis sie wieder bereit war.
    »Was hielten Sie von Alex’ Vater?«
    »Mir gegenüber war er immer sehr freundlich.«
    »Hat Alex Ihnen erzählt, worüber die beiden sich unterhielten?«
    »Eigentlich nicht. Nicht, worüber sie sich unterhielten, eher, wohin sie gingen und was sie unternahmen. Ich bin sicher, dass er es mir erzählt hätte, wenn es um etwas Wichtiges gegangen wäre.«
    Ich nickte.

    »Und Alex hat in den fünf Jahren vor seinem Tod keinen Kontakt mit Ihnen aufgenommen?«
    »Nein.« Pause. »Zuerst habe ich ständig neben dem Telefon gewartet. Von dem Moment, wenn ich nach Hause kam, bis drei oder vier Uhr morgens. Ich bettelte und betete darum, dass er anrief. Aber das tat er nicht.«
    Ich schaute auf meine Notizen. »Wann haben Sie zum letzten Mal mit ihm gesprochen?«
    »Am Abend, bevor er verschwand. Wir hatten geplant, mit dem VW-Bus runter nach Cornwall zu fahren. Er hatte noch Resturlaub, also war er für zwei Wochen zu seinen Eltern gefahren, um ein paar Urlaubstage aufzubrauchen. Als ich am nächsten Abend wieder bei ihm anrief, sagte seine Mutter, er wäre ausgegangen und nicht nach Hause gekommen. Sie sagte, sie mache sich keine Sorgen; allerdings hätte er nicht angerufen, obwohl er das sonst immer täte.«
    »War er zu dieser Zeit deprimiert wegen seiner Arbeit?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    Ich änderte die Richtung. »Hatten Sie irgendwelche Lieblingsplätze, wo Sie gern zusammen hingingen?«
    Sie schaute hinunter auf ihre Hände, zögernd. Mir wurde klar, dass sie einen Lieblingsplatz gehabt hatte, der ihr mehr bedeutete als alles andere.
    »Es gab einen Ort«, erklärte sie schließlich. »Eine Stelle fast am äußersten Zipfel von Cornwall, ein Ort direkt am Meer. Carcondrock.«
    »Dort fuhren Sie oft zusammen hin?«
    »Wir waren oft mit dem VW-Bus dort.«
    »Sind Sie nach seinem Verschwinden noch einmal hingefahren?«
    Wieder schwieg sie, diesmal länger. Schließlich schaute sie mir in die Augen. Es war offensichtlich, dass sie noch einmal dort gewesen war – und dass es sehr wehgetan hatte.
    »Es gab eine Stelle direkt am Strand«, sagte sie mit sanfter Stimme. »Eine Bucht. Ungefähr drei Monate, nachdem er verschwunden war, fuhr ich hin. Ich wusste eigentlich nicht so genau, was ich mir davon erhoffte. Wahrscheinlich war mir im Innersten meines Herzens klar, dass er nicht dort sein würde. Aber wir
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