Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totgeglaubt

Totgeglaubt

Titel: Totgeglaubt
Autoren: Brenda Novak
Vom Netzwerk:
angetan.”
    Aber ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, schienen sich Elaine und Marcus da nicht so sicher zu sein. Schließlich hielten sie den Beweis in Händen, dass er
Kindern
sehr wohl etwas angetan hatte.
    “Er wirkte stets so … gütig”, stammelte Elaine hilflos.
    Allie hatte fast so etwas wie ein schlechtes Gewissen, als sie sah, wie sich die Augen von Joes Mutter mit Tränen füllten. Wie sehr wünschte sie, Barker könnte den Schmerz und Ekel sehen, den er hervorrief. Aber gleichzeitig vermutete sie, dass es ihn völlig kaltlassen würde. Wahrscheinlich war er durch nichts zu erschüttern, außer vielleicht durch die Zerstörung seines guten Rufs.
    “Warum zeigen Sie uns diese Fotos?”, fragte Joe. “Was bezwecken Sie damit?”
    Allie spürte Clays Medaillon auf ihrer Haut und hielt ihren Blick starr auf Elaine und Marcus Vincelli gerichtet. Sie schienen weitaus eher in der Lage, die volle Tragweite dieser Fotos zu erfassen. “Ich? Ich bin hier, um deutlich zu machen, wie bedauerlich es wäre, wenn ich die Fotos dem Gericht zur Verfügung stellen müsste”, sagte sie.
    “Dem
Gericht?”
, echote Elaine. Ihr liefen mittlerweile Tränen über die Wangen.
    “Für
jedermann
einsehbar”, präzisierte Allie. “Ich bin mir sicher, dass alle wichtigen Zeitungen das Thema sofort aufgreifen würden. Ein sexuell motivierter Sadist, ein Pädophiler, der seine Position als Geistlicher, als Gottesmann, ausnutzte, um junge Mädchen in einer Kleinstadt Mississippis sexuell zu missbrauchen – in einer Kleinstadt, in der diese Art von Verbrechen bis dahin praktisch unbekannt war.”
    “Sein Name wird gleichbedeutend mit Schimpf und Schande”, zitierte Elaine mit leiser Stimme die Bibel.
    “Und warum sollte
Ihr
Name damit in Verbindung gebracht werden?”, fragte Allie. “Ganz besonders, wo doch Ihre Familie einen so guten Ruf in Stillwater genießt.” Sie machte eine kleine Pause, um den Effekt zu steigern, und fuhr dann fort: “Wäre es nicht besser, wenn die Dinge nicht ins Rollen gerieten? Wenn sie da ruhten, wo sie ruhen? Er ist nicht mehr da. Die Wahrheit über ihn
muss
nicht ans Licht kommen. Wenn …”
    “Wenn was?”, fuhr Joe dazwischen. Seine Augen waren zwei schmale Schlitze.
    Allie holte tief Luft und sah ihm geradewegs ins Gesicht. “Wenn Ihre Familie sicherstellt, dass die Akte Clay Montgomery geschlossen wird. Keine weiteren Nachforschungen, kein Strafantrag. Sollte Clay Ihren Onkel tatsächlich getötet haben, dann wissen Sie jetzt, warum. Reicht das nicht?”, fragte sie und wandte sich wieder Elaine zu.
    Mrs. Vincelli sah aus, als wäre sie am Rande einer Ohnmacht. “Ich war immer so … so
stolz
auf Lee.”
    Sie brach in heftiges Schluchzen aus, und Allie wartete geduldig, bis ihr Mann sie getröstet hatte. Joe und Roger hatten die Kopien zusammengerafft und waren damit beschäftigt, sie in winzige Schnipsel zu zerreißen. “Hier … das halte ich von den Fotos!”, zischte Joe.
    Allie antwortete nicht. Es war ihr egal, was mit den Kopien passierte. Das Einzige, was ihr momentan wichtig war, war die Entscheidung von Elaine und Marcus.
    “Sie wird es nicht tun, Mom”, polterte Joe. “Denk doch mal nach! Diese Bilder sind für Maddy noch viel katastrophaler als für uns.”
    “Maddy!”, jammerte seine Mutter, der offenbar erst in diesem Moment aufging, dass Barkers Tochter genauso betroffen war.
    “Finden Sie nicht, dass es eine Schande ist, dass Clay sich mehr Sorgen um Maddy macht als Sie?”, fragte Allie Joe.
    “Ach, gehen Sie doch zur Hölle!”, erwiderte er. “Sie werden die Fotos nicht aus dem Hut zaubern, wenn es darauf ankommt. Clay wird das niemals zulassen.”
    Eine Welle von Panik erfasste Allie. Natürlich! Joe kannte Clay sehr viel besser, als ihr lieb war. “Was mit den Bildern geschieht, bestimme allein ich”, widersprach sie mit betont fester Stimme. “Und ich werde alles nur Erdenkliche unternehmen, um zu verhindern, dass Clay ins Gefängnis muss.”
    “Sie würden Maddy wehtun?”, fragte Roger.
    Sie drehte sich zu Roger um und blickte ihm direkt ins Gesicht. Sie hoffte inständig, überzeugend zu klingen, als sie sagte: “Auf die eine oder andere Weise wird in diesem Fall immer jemand verletzt. Und deshalb will ich, dass er zu den Akten gelegt wird.”
    Joe trat vor seine Eltern. “Sie lügt.”
    Roger pflichtete ihm bei. “Er hat recht. Alles nur Bluff.”
    Elaine blickte aus tränenverhangenen Augen auf. “Hat Lee das auch … Clays
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher