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Totes Meer

Titel: Totes Meer
Autoren: B Keene
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zurück, und Alans Fleisch dehnte sich wie weiches Karamell. Alan schrie erneut, und selbst in der Dunkelheit konnte ich sehen, wie sich das Blut in seinem Mund sammelte. Seine Haut dehnte sich
weiter, spannte sich und riss. Seine Wange hing flatternd zwischen den zusammengebissenen Zähnen des Zombies. Seine Schreie verwandelten sich in Gurgeln. Bis auf ein kurzes Stöhnen gab die Leiche keinen Ton von sich.
    Da fiel mir die Waffe ein. Ich hatte sie die ganze Zeit umklammert gehalten, aber war derart von Angst und Schock gepackt worden, dass ich sie vergessen hatte. Der Zombie hielt den Kopf noch immer zurückgelegt, hinter Alans linker Schulter. Sie kaute auf dem Fleischfetzen herum, während er sich wie wild drehte und um sich schlug. Blut lief an seinem Hals hinab und tränkte seine Kleidung. Seine Haut war erschreckend blass, und ich konnte in dem klaffenden Loch seine Zähne und seine herumrollende Zunge sehen. Erstaunlicherweise brach er nicht zusammen. Er schlug immer weiter auf sie ein und gab ein kehliges Gurgeln von sich. Als er sich das nächste Mal drehte, hob ich die Pistole. Der Kopf des Zombies schoss nach vorne, um ein weiteres Mal zuzubeißen.
    Ich trat nahe an die beiden heran, presste ihr den Lauf an die Stirn und drückte ab. Gleichzeitig wandte ich das Gesicht ab, schloss die Augen und presste die Lippen fest aufeinander, damit keine Blutspritzer in meinen Mund gelangen konnten. Die Pistole ruckte in meiner Hand. Es gab einen Knall. Über dem Gestank des Zombies roch ich verbranntes Haar und Pulverrauch.
    Der Zombie erschlaffte, kippte nach vorne und
rutschte wie ein Sack Zement auf den Asphalt. Alan fiel auf die Knie. Er versuchte noch einmal zu schreien, doch der Laut war kaum mehr menschlich. Er klang wie ein wildes Tier. Seine Augen richteten sich auf mich, weit aufgerissen und voller Entsetzen. Schweiß und Blut bedeckten die Überreste seines Gesichts. Er versuchte zu sprechen, doch ich konnte ihn kaum verstehen.
    »Äääschiiee miiii...«
    »Oh, Scheiße.« Ich wich vor ihm zurück. Alan war tot. Selbst wenn ich es schaffte, die Blutung zu stoppen und irgendwie sein Gesicht zu verbinden – er war gebissen worden. Hamelns Rache raste bereits durch seine Adern. Er war in dem Moment gestorben, als sie seine Haut aufgerissen hatte.
    Ich hörte in einer nahe gelegenen Gasse das Geräusch von klirrendem Glas. Die Zombies waren unterwegs, durch den Schuss angelockt.
    »Laaar«, nuschelte Alan. »Ääschiie mii.«
    Lamar, erschieß mich...
    Ich hob die Waffe. Meine Hände zitterten.
    »Es tut mir leid, Mann. Es tut mir so verdammt leid.«
    Ich tat, was er wollte. Ich erschoss ihn.
    Wie ich sagte, die Dinge haben sich geändert. Die Menschen haben sich geändert. Mich eingeschlossen. Ich sah nicht einmal weg. Der Schuss hallte durch die Nacht. Irgendwo bellte wieder ein Hund. Ein weiterer verwesender Leichnam kam schlurfend in Sicht. Als er mich entdeckte, grinste er und gab ein leises
Stöhnen von sich. Während ich mir Tränen wegblinzelte, hob ich die Waffe, senkte sie aber wieder. Der Zombie war zu weit weg, um einen sicheren Schuss abgeben zu können, und ich wollte keine Munition verschwenden.
    Ich vergaß die Einkaufswagen und rannte nach Hause. Ich sah mehr Zombies, blieb aber außerhalb ihrer Reichweite. Sie schlurften aus den Gassen und stolperten aus Häusern und Wohnblöcken. Ich entdeckte keinen anderen Lebenden, hörte aber eine Frau schreien. Konnte nicht sagen, wo sie war, und eigentlich wollte ich auch gar nicht nach ihr suchen. Als eine Ratte an mir vorbeiwieselte und hinter einem geparkten Auto verschwand, hätte ich fast geschrien. Ich wusste nicht, ob sie tot oder lebendig war. Ich fragte mich, ob ich Glück hatte, weil ich noch lebte, oder verflucht war, weil ich noch nicht tot war. Wenn ich tot wäre, wäre ich natürlich ein Zombie. Ich fragte mich, ob sie wussten – sich daran erinnerten -, wer sie einmal gewesen waren. Falls es so etwas gab wie eine Seele, war sie noch in ihnen, voller Bewusstsein, und starrte aus diesen toten Augen, unfähig zu handeln, weil ihr Körper gekidnappt war?
    Dann beschloss ich, dass ich noch nicht bereit war, es herauszufinden.

ZWEI
    S obald ich wohlbehalten in meinem Haus war, überprüfte ich alles, um sicherzugehen, dass während meiner Abwesenheit nichts hereingekommen war. Ich nagelte die Balken wieder an die Vordertür. Es war nicht völlig sicher, würde aber für eine Nacht reichen, solange ich mich ruhig verhielt und niemanden
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