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Totes Meer

Titel: Totes Meer
Autoren: B Keene
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kommen.
    Die einzige Warnung kam, als die Kreatur an die Oberfläche stieg. Ein rauschendes Geräusch ertönte, wie der Dampfstoß des weltgrößten Bügeleisens. Wir drehten uns Richtung Meer, und der Chief erstarrte. Die Seile hingen schlaff in seiner Hand. Die Meeresoberfläche kräuselte sich durch eine Bewegung, die nichts mit der Strömung zu tun hatte. Ein riesiger, schwarzer Körper stieg aus den Tiefen auf und erschütterte sowohl das Rettungsboot als auch das Dock. Der Chief wurde von den Füßen gerissen.
    An den Seiten der Kreatur lief in Strömen Wasser hinab, als sie die Oberfläche durchbrach. Es war ein Wal – ein untoter Wal. Grauenhafte Wunden überzogen seinen Körper, und der Gestank, der von seiner Haut ausging, war schlimmer als alles, was ich jemals gerochen hatte. Es war, als wären alle Leichen von Baltimore in Flaschen abgefüllt und hierhergebracht worden. Würgend beugte ich mich vor und erbrach mich. Carol ging es ebenso. Die Kinder wandten sich hustend ab. Als ich mich wieder aufrichtete, erhaschte ich einen Blick auf ein riesiges, seelenloses Auge – größer als ein Teller und schwarz wie die Nacht. Dann kenterte das Rettungsboot, drehte sich mit dem Rumpf nach oben und schleuderte den Chief ins Wasser. Unter ihm öffnete sich ein Maul von der Größe eines Autos und verschluckte ihn. Er hatte nicht mal mehr Gelegenheit zu schreien. Carol schrie für ihn. Schrie für uns alle.
    Ich ignorierte den Gestank des verwesenden Tieres,
riss das Gewehr hoch und schoss. Es war, als würde man mit Papierkügelchen auf einen Dinosaurier schießen. Der Wal prallte gegen das Dock, und die gesamte Plattform zitterte. Ich schoss das ganze Magazin leer. Neben mir dröhnte das zweite Gewehr, als Malik das Gleiche tat. Ich weiß nicht, ob unsere Schüsse irgendeinen Effekt hatten. Der Zombie versank wieder in den Wellen und nahm Chief Maxey mit sich. Das Rettungsboot trieb davon. Die Luft, die unter dem Rumpf eingeschlossen war, verhinderte, dass es versank. Wir hatten keine Chance, es zu bergen, es war bereits außerhalb unserer Reichweite.
    Carol fiel auf die Knie und schluchzte leise. Tasha und Malik starrten nur fassungslos vor sich hin. Ich wusste, wie sie sich fühlten. Es war alles so schnell gegangen. Irgendwie schien es nicht real zu sein. Ein verdammter Zombie-Wal? Unter anderen Umständen hätte ich wahrscheinlich gelacht. Man geht durchs Leben und glaubt nur das, was man sieht. Was die Wissenschaft beweisen kann. Dinge wie Geister oder Monster sind reine Fantasiegespinste. Aber dann, eines Morgens, wacht man auf, und die Toten sind in den Straßen unterwegs und machen Jagd auf die Lebenden. Wenn so etwas passiert, bricht deine ganze Welt zusammen. Aber selbst wenn man sich an die Vorstellung gewöhnt hat, dass die Toten zurückkehren, erscheint einem ein Zombie-Wal immer noch unfassbar. Irgendwie hat das, glaube ich, unsere Weltsicht ein weiteres Mal völlig erschüttert.

    Das Rettungsboot trieb weiter ab. Ich sah zu, wie es verschwand, und fragte mich, wo es wohl landen und ob es dort noch jemanden gäbe, der es finden konnte.
    »Warum er?«, schluchzte Carol. »Warum Wade? Er war so ein netter Mann. So sanftmütig. Er hat uns alle gerettet. Warum musste es ihn treffen?«
    Ich legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Ich weiß es nicht, Carol. Ich weiß es nicht.«
    Wieder hatten wir ein Mitglied unserer Gruppe verloren. Und jetzt waren wir gestrandet. Falls es auf der Plattform Zombies gab, hatten wir keine Möglichkeit, ihnen zu entkommen – außer den Waffen in unseren Händen.
    »Wir werden den Chief später betrauern«, bestimmte ich. »Sie alle betrauern. Aber jetzt müssen wir unsere Munition überprüfen und rausfinden, ob es hier sicher ist.«
    Malik kam zu mir rübergeschlurft, während ich in einer Tasche wühlte, wo ich Munitionsnachschub fand.
    »Wenn hier tote Leute an Bord sind, wie kommen wir dann von hier weg?«
    Ich befüllte mein Magazin und weigerte mich, ihn anzusehen.
    »Wir werden einen Weg finden«, sagte ich leise und strich über die Kugeln. »Wir werden einen Weg finden...«
     
    Die Hauptebene der Plattform lag ungefähr sechs Meter über der Wasseroberfläche, aber es gab auch
Ebenen darunter. Wir verstauten unsere Vorräte am Dock, da wir sie erst später holen wollten, wenn wir wussten, ob es auf der Plattform sicher war. Wir entdeckten ein Metallschild, das an einem der Stahlträger befestigt war, auf dem stand: EIGENTUM DER BLACK LODGE OIL & GAS –
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