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Totenruhe - Bleikammer - Phantom

Totenruhe - Bleikammer - Phantom

Titel: Totenruhe - Bleikammer - Phantom
Autoren: Martin Clauß
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zurückgeben.“
    „Auf gar keinen Fall.“ Ihre Augen blitzten.
    „Und warum nicht?“
    „Du kennst die Antwort auf diese Frage selbst. Weil du ihn nicht unter Kontrolle hast. Du weißt, dass er Madoka beinahe getötet hätte.“
    „Nur, weil sie ihn in ihre Macht zwingen wollte. Es war Madokas Schuld, sie sieht das ein und hat kein Problem damit. Falls es dir nicht aufgefallen ist – Madoka und ich sind dicke Freunde geworden. Die Sache ist erledigt, sie ist Vergangenheit. Die einzige, die noch darauf herumreitet, bist du. Und du hast kein Recht dazu!“
    Die Dozentin wandte sich ab, schwieg für einige Sekunden. „Artur“, sagte sie dann sehr langsam und mit leiser, sanfter Stimme. „Du bist dir vermutlich nicht bewusst, in was für einer schwierigen Situation wir uns befinden. Was letzte Nacht passiert ist, ist nur ein winziges Problemchen in einem Ozean aus Problemen. Diese Schatten, auf die Melanie und Madoka gestoßen sind – mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um echte Dämonen. Sie haben eine Auge auf uns, und wenn sie uns angreifen, haben wir schlechte Karten!“
    „Bis jetzt ist das alles nur heiße Luft.“
    „Du glaubst Melanie und Madoka nicht? Artur, du überraschst mich! Du hast eben selbst zugegeben, dass dir die beiden etwas bedeuten.“
    „Natürlich glaube ich ihnen. Ich glaube ihnen, dass sie seltsame Wesen gesehen haben, von denen sie nicht wissen, was sie sind und was sie wollen. Muss deswegen gleich die Welt untergehen? Melanie hat mir beigebracht, nicht immer gleich vom Schlimmsten auszugehen. Und jetzt hat sie selbst Muffensausen – okay, jeder bekommt es mal mit der Angst zu tun. Aber solange wir nicht einmal wissen, ob diese Geschöpfe uns überhaupt böse gesinnt sind, werde ich mir nicht ins Hemd machen. Es gibt Dinge, die haben Vorrang. Ein giftiges Getränk zum Beispiel, das letzte Nacht einem Besucher von Falkengrund verabreicht wurde, und zwar genau hier unter unseren Füßen.“ Artur zeigte auf den Fußboden, unter dem sich die Eingangshalle befand.
    „Ich kann keine Verantwortung dafür übernehmen, in solch chaotischen Zeiten einen Schutzgeist auf Falkengrund loszulassen. Er ist gut aufgehoben, da, wo er ist.“
    Artur spürte, wie Hitze in ihm aufwallte. Seine Hände würden feucht. „Wann ist ein Schutzgeist vonnöten, wenn nicht in chaotischen Zeiten? Es ist doch ein grundsätzliches Problem von dir! Du mischst dich in alles ein, aber wenn es darum geht, echten Mut zu beweisen und wirklich etwas zu verändern, kneifst du!“
    Margarete fletschte die Zähne. „Vielleicht solltest du dir mal überlegen, mit wem du da redest.“
    „Oh, der Hieb mit der Autoritätskeule! Nett, Sie kennen zu lernen, Traude Gunkel Nummer 2 – wohnen Sie schon lange hier?“
    Was Artur sagte, machte Margarete kreuzwütend. Mit Traude Gunkel verglichen zu werden, die sie aus ganzem Herzen hasste, war ungefähr dasselbe, als würde man ihr ins Gesicht spucken. Er wusste das, und es behagte ihm nicht, aber er konnte nicht anders. Es war ihm in diesem Moment egal, wie sie sich fühlte. Wenn sie seinen Schutzengel aus lauter Zorn befreite, fein, ihm sollte es recht sein! Hauptsache, das Ergebnis stimmte. Er schuldete ihr nichts!
    „Lass mich allein, ehe ich dich rauswerfe!“, presste sie zwischen den Zähnen hervor.
    Artur verbeugte sich und schloss die Hand um den Bernstein. „Gut, gut, ich gehe. Ich habe begriffen, dass Argumente bei dir nichts ausrichten, und beuge mich der Gewalt. Ich wünsche dir nur eines, Margarete: dass du auch dann noch zu deiner Entscheidung stehst, wenn ich morgen tot zu Sanjays Füßen liege, den Bernstein in der Hand, mit der Macht darin, die mir hätte das Leben retten können.“
    „Du wirst deinen verrückten Plan nicht in die Tat umsetzen“, zischte sie.
    „Ich muss, Margarete, ich muss! Ich werde jedenfalls nicht tatenlos zusehen, wie ein Verbrecher frei auf Falkengrund herumläuft. Egal, wer oder was dahintersteckt.“

7
    Dr. Roderich Konzelmann stellte die Petrischale ab und gähnte. Er blinzelte, wischte sich ein paar Tränen aus den Augen, bewegte die Schultern kreisend, um seine Nackenverspannungen zu lindern. Die Erschöpfung wurde übermächtig, er musste eine Pause einlegen.
    In den letzten Tagen hatte er fast ununterbrochen gearbeitet. Schon immer war er ein Mensch gewesen, der mit wenig Schlaf auskam, doch diesmal stieß selbst er an seine Grenzen. Er sah auf die Uhr und hatte dabei das Gefühl, seine Blicke würden daran
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