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Totenruhe - Bleikammer - Phantom

Totenruhe - Bleikammer - Phantom

Titel: Totenruhe - Bleikammer - Phantom
Autoren: Martin Clauß
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Schweigen hinein:
    „Er kann Schimmelpilze züchten, wenn er will.“
    „Was meinst du?“, wollte Sanjay wissen.
    „Dr. Konzelmann. Er kann so etwas. Und ich glaube, er hat es auch getan.“
    Werner Hotten, den eine romantische Beziehung mit Angelika verband, sah sie alarmiert an. „Das meinst du nicht wirklich“, flüsterte er. „Überleg dir, was du da …“
    Georg setzte seine Tasse geräuschvoll ab. „Sprich weiter, Angelika.“
    Das Mädchen räusperte sich. „Also, ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mich erinnert die ganze Sache an eine Geschichte, die ich gelesen habe.“
    Harald verdrehte die Augen. „Willkommen in der Wirklichkeit, Leute. In ihrer Wirklichkeit.“
    Angelika funkelte ihn ärgerlich an. „Ich kann sehr gut zwischen Realität und Fiktion unterscheiden, Blödmann“, maulte sie. „Aber wir suchen nach Spuren und Motiven. Wir wollen herausfinden, wer … Paul das angetan hat. Ich sage, auf Falkengrund geht ein Phantom um.“
    „Ein Phantom?“ Werners Miene war ein einziges Fragezeichen. „Dr. Konzelmann sprach von etwas Übersinnlichem. Aber …“
    „Ich meine nicht ein übersinnliches Phantom“, entgegnete Angelika schnell. „Ich meine ein lebendiges.“
    Harald lachte. „Jetzt kann ich nicht mehr folgen.“
    „Du kannst nie folgen“, sagte das Mädchen. „Manchmal frage ich mich, was du an einem Ort wie diesem zu suchen hast.“
    Georg breitete die mächtigen Arme aus. „Ruhig, Leute, ruhig! Angelika, erklärst du uns jetzt bitte, wovon du die ganze Zeit sprichst?“
    „Vom Phantom der Oper. Es ist ein Roman und ein Musical und ein Film.“
    Zustimmendes Murmeln. Es gab wohl keinen unter ihnen, der nicht wenigstens schon einmal davon gehört hatte. Im Bibliotheksvorraum an der Pinnwand hing sogar ein Bild aus der Uralt-Verfilmung mit Lon Chaney.
    „Die Geschichte“, fuhr Angelika dozierend fort, „handelt von einem maskierten Mann, der in einem Gängesystem unter der Pariser Oper lebt. Er ist ein Genie und hochintelligent, allerdings ist sein Gesicht von Geburt an entstellt. Die Ablehnung, die er sein Leben lang erfährt, treibt ihn unter die Erde, in die Kellergewölbe. Na? Fällt der Groschen? Unser Doktor ist ebenfalls keine Schönheit, und er macht nicht den Eindruck, als wäre er bei den Menschen besonders beliebt. Wir nennen ihn schließlich nicht umsonst Mr. Hyde.“
    Jaqueline Beck lächelte zynisch. „Und aus lauter Mitleid versuchst du jetzt auch noch einen Verbrecher aus ihm zu machen.“
    Angelika warf ihr einen giftigen Seitenblick zu. „Wir wissen nicht, was in seinem Kopf vorgeht. Ich habe nichts gegen ihn, das wisst ihr, aber wir müssen der Wahrheit ins Auge sehen: Er ist das hässlichste Geschöpf, das Falkengrund je betreten hat. Und Sanjay ist möglicherweise das schönste.“ Sie verzog das Gesicht, als bereite es ihr Qualen, das zuzugeben. „In der Geschichte vom Phantom der Oper hat der missgestaltete Erik ein Auge auf die schöne Christine geworfen. Er arbeitet hinter den Kulissen für ihre Karriere und geht mit rigorosen Methoden gegen alle vor, die sich ihr – oder ihm – in den Weg stellen. Was ist, wenn Dr. Konzelmann etwas Ähnliches tut? Paul ist sein Rivale um die Gunst von Sanjay.“
    „Ich habe das Musical gesehen“, meinte Jaqueline, „und ich kann mich nicht erinnern, dass das Phantom versucht hat, seinen Rivalen zu vergiften.“
    Angelikas Gesicht wurde tiefrot. „Ich habe nicht gesagt, dass alles eins zu eins deckungsgleich ist. Der Doktor spielt die Handlung nicht nach. Aber er hat einen ähnlichen Charakter wie Erik, das Phantom. Und sein Reich ist unter der Erde. Er verkriecht sich in seinem Labor, und wir wissen alle, wie schwer es ihm fällt, mit Menschen zu sprechen. Der Unterricht ist eine Qual für ihn. Warum nimmt er diese Tortur überhaupt auf sich?“
    „Um Sanjay zu sehen?“, fragte Georg.
    „Genau!“, rief Angelika. Sie hatte sich in Rage geredet. Es kam nicht oft vor, dass sie die ungeteilte Aufmerksamkeit aller hatte. Es berauschte sie. „Bisher hat ihm Sanjay keinen Grund zur Eifersucht gegeben. Sie hatte keinen Freund, nicht innerhalb von Falkengrund und nicht außerhalb. Er kann das so interpretiert haben, dass sie ihm gehörte, auf ihn wartete. Doch seit Sanjay abends öfters weggeht, hat sich für ihn etwas geändert. Ist euch aufgefallen, dass er in den letzten Tagen Falkengrund kaum mehr verlässt?“
    „Das könnte Zufall sein“, meinte Sanjay. Sie sah sehr nachdenklich aus.
    „Wie
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