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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch
Autoren: Amanda Stevens
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schweifen, als ein schwarzer Wagen mit durchdrehenden Reifen um die Ecke schoss. Die Scheinwerfer strahlten mir direkt ins Gesicht, und für den Bruchteil einer Sekunde war ich wie gelähmt. Im nächsten Moment flutete Adrenalin durch meineAdern, ich warf mich zwischen meinen Wagen und den, der gleich daneben parkte, und das Auto raste an mir vorbei.
    Devlin trat aus dem Nebel, als ich mich gerade wieder vom Asphalt aufrappelte.
    »Sind Sie okay? Hat er Sie angefahren?« Er klang zwar besorgt, aber in seinen dunklen Augen glühte der Nervenkitzel der Jagd.
    »Nein, ich bin okay. Nur ein bisschen erschrocken   …«
    Er rannte los, nahm Abkürzungen durch die Reihen der geparkten Fahrzeuge, vergeblich bemüht, sich dem Übeltäter in den Weg zu stellen, bevor der fliehen konnte. Ich hörte das Heulen des Motors und das Quietschen der Reifen, als der Fahrer mit durchgetretenem Gaspedal auf die Straße einscherte.
    Da meine Fantasie und meine Nerven leicht überreizt waren, rechnete ich schon fast damit, dass ich nun gleich Schüsse hören würde, doch es wurde still, nachdem der Motorenlärm verebbt war.
    Devlin trottete auf mich zu, das Telefon ans Ohr gepresst. Er sprach schnell, hörte kurz zu, dann beendete er das Gespräch. »Haben Sie den Fahrer erkennen können?«, wollte er von mir wissen.
    »Nein, tut mir leid. Es ging alles so schnell. Und Sie?«
    »Ich kam nie nah genug an ihn heran. Das Nummernschild konnte ich auch nicht lesen.«
    »Dann werden Sie ihn gar nicht ausfindig machen können, oder? Und ich hab den ganzen Schaden selbst an der Backe.« Verzweifelt starrte ich auf mein zerbrochenes Wagenfenster.
    Er bedachte mich mit einem seltsamen Blick, bevor er sich meinem Fahrzeug zuwandte.
    »Können Sie feststellen, ob irgendetwas fehlt?«
    »Mein Aktenkoffer ist weg.«
    »Und der lag hinten?«
    »Ja.«
    »War von draußen zu sehen?«
    »Das nicht gerade. Er stand hinter dem Rücksitz. Man musste schon genau in den Wagen hineinschauen, damit man ihn sehen konnte.«
    »Hat irgendjemand mitbekommen, dass Sie ihn da abgestellt haben?«
    Ich dachte eine Weile darüber nach, zuckte dann mit den Achseln. »Schon möglich. Ich war den ganzen Nachmittag in der Universitätsbibliothek, also könnte ich mir schon vorstellen, dass jemand gesehen hat, wie ich ihn da hineingestellt habe, bevor ich weggefahren bin.«
    »Sie sind von der Bibliothek gleich hierhergekommen?«
    »Nein. Zuerst bin ich nach Hause gefahren, um zu duschen und mich umzuziehen.«
    »Haben Sie den Aktenkoffer da mit ins Haus genommen?«
    »Ich habe ihn im Wagen gelassen. Ich nehme den nicht immer mit ins Haus. Da ist nichts Wertvolles drin. Nur Sachen, die mit meiner Arbeit zu tun haben.«
    »Wie beispielsweise Fotos vom Oak-Grove-Friedhof?«
    Diese Verbindung war mir bisher ehrlich gesagt noch nicht in den Sinn gekommen.
    Ich nehme an, dass mein Instinkt in Bezug auf die reale Welt durch die Einsamkeit meines Berufs und meiner Nebenbeschäftigung inzwischen ziemlich verkümmert war.
    »Meinen Sie vielleicht, das könnte mit der Leiche zu tun haben, die man auf dem Friedhof gefunden hat?«
    Er antwortete nicht. »Sie haben gesagt, sie hätten noch Kopien von den Fotos?«
    »Natürlich. Ich speichere meine digitalen Bilder immer online. Mir ist die Festplatte schon zu oft abgestürzt, als dass ich da noch irgendetwas dem Zufall überlassen würde.«
    Ganz allmählich fiel ich in einen Schockzustand, und jetzt hatte mein Unbehagen nur noch sehr wenig mit John DevlinsGeistern zu tun. Ich konnte sie nicht mehr sehen. Es war, als hätte die negative Energie um meinen Wagen herum sie tiefer in die Dunkelheit verbannt. Vielleicht wurden sie aber auch wieder hinter den Schleier zurückgezogen. Aber warum auch immer, ich wusste, dass sie irgendwann wiederkommen würden. Devlins Körperwärme würde sie wieder anlocken, denn ohne ihn konnten sie nicht lange existieren.
    Fröstelnd schlang ich die Arme um mich.
    »Was soll ich denn jetzt tun?«
    »Wir werden Anzeige erstatten, damit Sie ein Polizeiprotokoll haben, und dann können Sie den Schaden Ihrer Versicherung melden.«
    »Nein, ich meine   … wenn das hier irgendwie mit einem Mord zu tun hat, weiß der Mörder doch, wer ich bin. Und wenn er das hier getan hat, um an die Fotos zu kommen, wird er sehr schnell herausfinden, dass ich Kopien habe.«
    »Deshalb sollten wir zusehen, dass wir ihn vorher schnappen«, meinte John Devlin.

DREI
    Zwanzig Minuten später traten Devlin und ich durch das
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