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Totengeld

Totengeld

Titel: Totengeld
Autoren: Kathy Reichs
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Staub legte sich auf meine Zunge. Oder atomisierter Guano.
    Ich war vielleicht zehn Meter gegangen, als mir ein unmissverständliches Geräusch an die Ohren drang.
    Ich erstarrte.
    Auf den ersten Schritt folgte ein zweiter.
    Von oben? Hinten? Draußen? Echos verzerrten das leise Knirschen, machten es unmöglich, die Richtung festzustellen.
    Mit rasendem Puls duckte ich mich in eine Nische und kauerte mich hin. Ich hoffte nur, dass der Schatten tief genug war, um mich zu verbergen.
    Angestrengt lauschte ich auf den leisesten Hinweis menschlicher Anwesenheit. Hörte nichts als unregelmäßiges Gurren.
    Zeit verging. Wie viel? Genug, damit sich mein Puls wieder ein wenig beruhigen konnte.
    Ich wollte mich aufrichten. Wegen der abgequetschten Durchblutung knickten meine Knie ein. Ich kippte nach vorne.
    Meine Hände trafen auf etwas Festes und doch Nachgiebiges, und darunter geformte Härte.
    Das Gefühl an den Fingerspitzen ließ ein Bild vor mir aufblitzen.
    Ich schrak entsetzt zurück.
    Der Mann saß an eine Wand gelehnt, sein Kopf hing schräg nach links, ohne die Schulter zu berühren. Einer der Schuhe war abgestreift, im Dämmerlicht blitzte eine weiße Socke auf.
    Wegen der Kappe auf seinem Kopf und der Dunkelheit in der Nische konnte ich sein Gesicht nicht erkennen.
    Aber ich erkannte, dass er keine Bedrohung darstellte.
    Blut tropfte unter der Kappe hervor in seine linke Augenhöhle. Vor meinen Augen löste sich ein Tropfen von seiner Nasenspitze.
    Mit inzwischen wieder rasendem Puls trat ich zitternd einen Schritt näher. Eine 9-mm-Beretta lag neben der Hüfte des Mannes. Sein Gesicht konnte ich noch immer nicht richtig sehen.
    Noch ein paar Zentimeter, dann tastete ich mit zitternden Fingern das Gesicht des Mannes ab. Furchen, die sich anfühlten wie Hafergrütze. Gummiartige, glatte Bänder. Eine vorgewölbte Stirn. Eine verunstaltete Nase.
    Ich erkannte ihn wieder.
    Schockiert zog ich meine Hand zurück.
    Ohne nachzudenken, zog ich dem Mann die Kappe vom Kopf und leuchtete ihm ins Gesicht.
    Dom Rocketts gutes Auge starrte in eine Zukunft, die er nicht mehr genießen würde. Blut troff aus einem Loch über seiner linken Schläfe.
    Ich empfand was? Mitleid? Wut? Ja, Wut. Ich hatte Rockett lebendig gewollt, damit man ihn der Gerechtigkeit zuführen konnte. Angst? Ja, eine ganze Wagenladung voll Angst.
    Bevor ich über die Implikationen von Rocketts Tod nachdenken konnte, ließ ein weiteres Schrittgeräusch meinen Kopf hochschnellen. Ich schaltete die Lampe aus und duckte mich tiefer in die Nische.
    Weitere Schritte folgten. Wurden lauter.
    Mit hämmerndem Herzen kroch ich auf den Ziegel zu, der aus dem oberen Rand der Nische ragte. Streckte den Kopf hinaus.
    Wieder Schritte. Dann tauchten schwere Stiefel oben auf der Treppe auf, daneben ein paar kleine Füße, einer nackt, der andere in einem hochhackigen Schuh.
    Die Füße stiegen herunter, die kleinen wackelig, als wäre ihre Besitzerin irgendwie beeinträchtigt. Die Unterschenkel waren merkwürdig ausgestellt, was darauf hindeutete, dass die Knie wenig Gewicht trugen.
    Die Wut brannte mir in der Brust. Die Frau stand unter Drogen. Der Mistkerl schleifte sie mit sich.
    Vier Stufen weiter unten durchquerten der Mann und die Frau einen Streifen Mondlicht. Keine Frau, ein Mädchen. Die Haare waren lang, die Arme und Beine klapperdürr. Unter dem Kinn des Mannes sah ich ein Dreieck aus weißem T-Shirt-Stoff. Einen Pistolengriff, der aus seinem Hosenbund ragte.
    Das Paar tauchte wieder in Dunkelheit. Die eng aneinandergepressten Körper bildeten eine zweiköpfige Silhouette.
    Nach dem letzten Schritt von der untersten Stufe packte der Mann das Mädchen mit einer Hand im Nacken und schob sie brutal auf die Tür zur Laderampe zu. Sie stolperte. Er riss sie wieder hoch. Ihr Kopf schwankte hin und her wie der eines Wackeldackels.
    Die junge Frau machte noch ein paar taumelnde Schritte. Dann hob sie das Kinn, und ihr Körper sackte zusammen. Ein Schrei zerriss die Stille.
    Der Arm des Mannes schoss hervor. Die Silhouette verschmolz wieder. Ich hörte einen Schmerzensschrei, dann kippte das Mädchen nach vorne auf den Beton.
    Der Mann sank auf ein Knie. Sein Ellbogen pumpte, als er auf den leblosen, kleinen Körper einschlug.
    »Willst du gegen mich kämpfen, du kleine Schlampe?«
    Der Mann schlug und schlug, bis sein Atem abgehackt ging.
    Meine Wut loderte jetzt weißglühend in meinem Hirn und vertrieb jeden Gedanken an meine persönliche Sicherheit.
    Ich kroch zu
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