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Totenflut

Titel: Totenflut
Autoren: Bent Ohle
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Mike.
    Â»Wir haben nur telefoniert. Ich wollte abends mit ihr weggehen, doch sie hatte keine Lust.«
    Â»Seid ihr oft weggegangen?«
    Â»So wie alle anderen auch.«
    Â»Ist Annette vielleicht mit irgendwelchen Männern mitgegangen?«
    Â»Nein, so eine war sie nicht. Sie hat immer auf die große Liebe gewartet.«
    Mikes Kinn begann zu zittern.
    Schröder hatte genug gesehen und gehört.
    Â»Vielen Dank, Karla! Du hast mir sehr geholfen.«
    Â»Was ist ihr bloß passiert?«, fragte Karla.
    Â»Ich weiß es nicht. Aber ich werde sie finden«, sagte Schröder. Damit hatte er recht. Doch keiner, nicht einmal Schröder, konnte sich die Umstände ihres Auffindens ausmalen.
    Schröder verließ das Grundstück, und Mike beobachtete ihn aus dem Fenster in Karlas Zimmer. Sein Herz klopfte ihm noch bis zum Hals. Er wusste nicht, ob es richtig gewesen war zu schweigen. Am liebsten wäre er jetzt dem Polizisten hinterhergelaufen und hätte ihm alles über die Nacht erzählt. Aber das war nur ein Traum. So wie man davon träumt, reich und berühmt zu werden. Die Realität war hier in diesem Zimmer. Karla saß zusammengesunken auf dem Bett und schluchzte. Er musste sich um Karla kümmern, das war seine Aufgabe, dachte Mike und setzte sich neben sie aufs Bett. Er schlang einen Arm um sie und drückte sie fest an sich.
    Â»Ich hab solche Angst, dass ihr was Schlimmes passiert ist«, weinte Karla, ließ sich zur Seite fallen und legte ihren Kopf auf Mikes Schoß. Er streichelte ihr übers Haar und dachte zurück an die Nacht, dachte an Annette und daran, dass sie im Streit auseinandergegangen waren. Auch er hatte schreckliche Angst, dass ihr etwas zugestoßen war, und gleichzeitig gab er sich die Schuld dafür. Er hatte sie alleingelassen da draußen. Wäre er bei ihr geblieben, hätte er nur ein Wort der Zustimmung gesagt, wäre das nicht passiert. Oder war sie so böse auf ihn, dass sie ihn bestrafen wollte und das alles inszeniert hatte? Wollte sie ihm eins auswischen? Siehst du, wie’s dir geht, wenn ich nicht mehr da bin? Kein schönes Gefühl, oder? Also sag ’ s ihr endlich! Aber sie würde doch niemals ihre Eltern derart in Angst und Schrecken versetzen. Nein, das würde sie nicht tun. Dazu war sie zu vernünftig. Sie war so unglaublich vernünftig.
    Mike bemerkte, dass er aufgehört hatte, Karla zu streicheln. Karla atmete jetzt ganz flach und regelmäßig. Sie war ein eingeschlafen. Vorsichtig legte Mike ihren Kopf auf dem Bett ab, deckte sie zu und ging.
    Im Vorgarten begegnete er Frau Braun.
    Â»Fährst du jetzt?«, fragte sie.
    Â»Ja, sie schläft.«
    Â»Es bricht ihr das Herz. Es ist gut, dass du für sie da bist!«
    Ich habe sie betrogen! Ich betrüge sie seit über einem Jahr mit ihrer besten Freundin! Ich breche ihr das Herz! Ich!
    Â»Bis dann!«
    Â»Kommst du nachher noch mal wieder?«
    Mike nickte und ging durch die Gartentür.
    Â»Gut.«, sagte Frau Braun und sah dem Freund ihrer Tochter hinterher. Er war ein guter Junge, dachte sie. Ein guter Junge. Karla brauchte ihn jetzt. Sie war froh, dass er da war.
    Schröder wartete kaum zwanzig Minuten, da sah er Mike auch schon aus der Gartenpforte kommen und seinen Motorroller besteigen. Der Junge fuhr los, ohne ihn zu bemerken, und Schröder folgte ihm bis zur Haustür. Erst hier, als Mike seinen Helm absetzte, entdeckte er den Kommissar in seinem Rückspiegel. Schröder kam auf ihn zu, und augenblicklich war Mike vor Angst wie gelähmt.
    Â»Ich hab dich eben beobachtet. Ist auch nicht leicht für dich, oder? Hast du Annette gut gekannt?«, fragte Schröder mit ruhiger Stimme.
    Â»Wir waren alle zusammen auf der Schule.«
    Â»Du weißt, dass wir den Wagen gefunden haben, nicht wahr?«
    Mike zuckte nur mit den Schultern und klammerte sich an seinen Helm wie ein Schiffbrüchiger an ein Stück Holz.
    Â»Willst du mir vielleicht etwas sagen?«
    Â»Nein, warum?«
    Â»Mike, ich hab das eben vor Karla nicht sagen wollen, aber ich glaube nicht, dass wir Annette lebend wiederfinden.«
    Schröder sah, dass er einen Treffer gelandet hatte. Mike konnte seine Gefühle nicht verbergen.
    Â»Wir haben Taschentücher in dem Wagen gefunden. Ich würde mein gesamtes Hab und Gut darauf verwetten, dass das Sperma darin von dir ist. Hab ich recht?«
    Mikes Gedanken schossen wie Flipperbälle
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