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Totenblüte

Totenblüte

Titel: Totenblüte
Autoren: Ann Cleeves
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Die Erklärung «Spinner» genügte ihm völlig.
    Doch Vera war das keineswegs gleichgültig. «Peter Calvert war sein großer Held. Clive hat genau das getan, was Peter wollte: Er hat seine Ehe gerettet, und Peter war Lily Marsh für immer los. Wissen Sie noch, wie wir Clive im Museum gefragt haben, ob er es uns verschweigen würde, wenn er herausfände, dass einer seiner Freunde einen Mord begangen hat? Er meinte, natürlich würde er schweigen. Aber wir hätten ihn eigentlich fragen sollen, ob er selbst für einen seiner Freunde einen Mord begehen würde.»
    Fast sprach sie nur noch mit sich selbst. Sonne, Whisky und Schlafmangel versetzten sie in eine Art Trance. «Und wäre er das Ganze etwas einfacher angegangen, er wäre vielleicht sogar damit durchgekommen.»
    Joe schaute wieder von seinem Glas auf. Jetzt war auch er plötzlich bei der Sache. «Wie meinen Sie das?»
    «Sein eigentliches Opfer sollte Lily Marsh sein. Sie machte Calvert das Leben schwer. Wir wissen, dass er Schwierigkeiten mit ihr hatte. Deshalb ist sie ja beispielsweise auch bei den Calverts zu Hause aufgetaucht, um sich das Gartenhaus anzuschauen. Sie ging davon aus, dass Felicity ihrem Mann davon erzählen und er die darin enthaltene Drohung erkennen würde.
Nimm mich zurück, sonst erzähle ich das alles deiner Frau
. Sie rief Calvert ständig im Büro an. Sie hat sich sogar eingeredet, von ihm schwanger zu sein. Da hat Calvertsich schließlich Stringer anvertraut. Sie trafen sich einmal pro Woche zum Mittagessen. Calvert wusste, dass er Stringers großes Idol war, und verfügt außerdem über das nötige Selbstvertrauen, um davon auszugehen, dass ein echter Freund auch für ihn töten würde. Aber dafür können wir ihn natürlich nicht zur Verantwortung ziehen.»
    Sie stellte sich vor, wie Calverts Worte Clive zu Hause in dem Bungalow in North Shields immer wieder durch den Kopf gegangen waren, wie er den Mord plante, während seine Mutter im Nebenzimmer Quizsendungen im Fernsehen schaute, wie er ebenso besessen davon war wie vom Vögelbeobachten oder von seinen Freundschaften. «Er spielte Schach», fuhr sie fort. «Er hat immer mit Calverts Sohn gespielt. Und in diesem speziellen Spiel hat er die Züge bereits im Voraus sorgfältig geplant.»
    «Aber warum Luke Armstrong? Und wieso hat er ihn als Ersten getötet?»
    «Das musste sein. Stringer wollte vermeiden, dass Calvert irgendwie mit den Morden in Zusammenhang gebracht wird. Er dachte sich, wenn er Luke Armstrong zum ersten Opfer macht, würden wir uns bei der Frage nach einem möglichen Motiv nur auf den Jungen konzentrieren.»
    «Dann hätte das erste Opfer also praktisch jeder sein können? Hat Stringer sich einfach ganz willkürlich jemanden ausgesucht, um uns in die Irre zu führen?»
    «Nein. Keineswegs willkürlich. Stringer hätte sich niemals dazu durchringen können, einen Mord zu begehen, wenn er nicht überzeugt gewesen wäre, dass Calvert auf ihn angewiesen ist. Aber ich glaube, er war ganz froh um diesen Vorwand, Luke umbringen zu können. Immerhin gab er ihm die Schuld an Tom Sharps Tod. Wie übrigens auch noch manch anderer. Für Clive war Tom wie ein Bruder. Wie gesagt, die Sharps betrachtete er als eine Art Ersatzfamilie.Und er war dabei, als Gary von seinen Plänen erzählt hat, mit Julie auszugehen; er wusste also, dass sie an dem Mittwochabend nicht zu Hause sein würde. Vielleicht hat er das ja als Zeichen interpretiert und beschlossen, dass es an der Zeit ist, aktiv zu werden. Von Laura wusste er nichts, er hatte auch keine Ahnung, dass sie da ist, als Luke ihn hereingelassen hat. Erst später hat er von Gary erfahren, dass Luke eine Schwester hat, die an dem Abend ebenfalls im Haus war.»
    «Und deshalb hat er sie dann entführt?»
    «Ach was», sagte Vera. «Er hat einfach Spaß an der Sache bekommen. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er die Macht.»
    «Und die Idee mit den Blumen hatte er von der Gedenkfeier für Tom Sharp am Ufer des Tyne?»
    «Möglich. Er wusste, dass er Calvert am besten aus allem raushält, wenn er der Polizei weismacht, dass die beiden Fälle zusammenhängen, dass es die wahllosen Morde eines Wahnsinnigen sind. Es musste also eine Verbindung geben. Daher die Blumen und das Wasser. Ich glaube nicht, dass Stringer einen Hang zum Theatralischen hatte. Die Inszenierung der Leichen und die Gestaltung des Fundorts waren einfach Teil seines Plans.»
    «Man sollte gar nicht meinen, dass er so viel Phantasie gehabt hat», bemerkte
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