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Totenblüte

Totenblüte

Titel: Totenblüte
Autoren: Ann Cleeves
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hier einzig und allein durch den Todesfall gerechtfertigt. Sie stand da und sah ihnen zu und hatte dabei immer noch Clive Stringer mit seinen vom Feuer roten Brillengläsern vor Augen, wie er reglos dastand, während die Hütte ringsum in Flammen aufging. Am Ende also doch noch eine dramatische Geste. Als das Spurensicherungsteam später die Trümmer durchsuchte, förderte es zwei Margeritenstängel zutage, völlig heil und unversehrt.
     
    Peter Calvert stieg gerade aus dem Wagen, als Vera in Fox Mill ankam. Sie sah, wie Felicity sie mit sorgenvoller Miene vom Küchenfenster aus beobachtete. In ihrer gegenwärtigen Verfassung konnte Vera allerdings nur wenig Mitleid aufbringen.
    «Ich muss mit Ihnen reden», sagte sie.
    Calvert wollte bereits protestieren.
    «Sie haben mich angelogen», fuhr Vera fort. «Das allein würde schon für eine Klage reichen.» Wenn sie bloß ein Mann gewesen wäre. Am liebsten hätte sie den Kerl verprügelt. «Was halten Sie davon, wenn wir unsere Unterredung ins Gartenhaus verlegen? Zurück ins Liebesnest. Das hilft Ihrem Gedächtnis ja vielleicht auf die Sprünge. Keine Sorge, ich habe einen Schlüssel. Den habe ich mir bei der Spurensicherung besorgt. Ihre Frau braucht nichts davon zu erfahren. Zumindest vorläufig noch nicht.»
    Sie machte sich auf den Weg über die Wiese und war sich sicher, dass Calvert ihr folgen würde. Als er am Gartenhaus ankam, hatte Vera bereits die Tür aufgeschlossen und sich an den Tisch gesetzt.
    «Hier hat Clive Lily Marsh getötet», sagte sie. «Aber das wissen Sie ja bereits. Oder Sie hatten zumindest den Verdacht.Wieso hätten Sie denn sonst lügen sollen, als es um die Karte mit der gepressten Blume ging?»
    Calvert hatte sich ihr gegenüber hingesetzt. Jetzt lächelte er. «Eine kleine Notlüge unter Druck, Inspector. Das hat doch nichts weiter zu bedeuten.»
    «Sie haben Clive dazu angestiftet. Sie waren sein großer Held. Sie wussten, dass er alles für Sie tun würde. Deshalb haben Sie ihm auch von Lily erzählt. Dass sie droht, Ihre Affäre öffentlich zu machen. Wann war das? Bei einem der gemütlichen Essen am Freitagmittag?»
    «Ich musste einfach mit jemandem reden, Inspector. Es war eine sehr anstrengende Zeit für mich.»
    «Wie haben Sie ihn denn auf die Idee gebracht? ‹Wenn sie bloß irgendeinen Unfall hätte   …› Sie haben ihm auch erzählt, dass Sie ihr die Karte geschickt haben. Hatten Sie etwa Angst, dass sie die als Beweis für die Affäre verwenden könnte? ‹Wenigstens habe ich sie nicht unterschrieben. Niemand kann wissen, dass ich der Absender bin. Wir waren doch so vorsichtig.› Die Küsse allerdings haben Sie nicht erwähnt.
    Und Clives Plan war noch sehr viel detaillierter, als Sie sich das ausgemalt hatten. Er spielte Schach. Er liebte komplizierte Anordnungen. Und er hatte keinen echten Bezug zur Wirklichkeit – das ist meinem Sergeant bereits nach dem ersten Gespräch klargeworden. Es war ihm nicht genug, Lily Marsh umzubringen. Er wollte den Verdacht von Ihnen ablenken. Deshalb hat er zuerst Luke Armstrong getötet, weil er auch noch seine eigenen Gründe hatte, ihn tot sehen zu wollen. Er hat ihm die Karte geschickt, um die Verbindung zu Lily herzustellen und um Sie zu schützen. Davon müssen Sie doch gewusst haben. Wieso sonst hätten Sie lügen sollen, als ich Sie gefragt habe, ob Sie Lily vielleicht eine ähnliche Karte geschickt haben?» Vera hieltinne, um Luft zu holen. «Wann war das, Doktor Calvert? Wann hat Clive Ihnen gestanden, dass er Luke und Lily umgebracht hat?»
    Calvert schwieg.
    Vera schlug mit der Faust auf den Tisch, so fest, dass sie sicher war, am nächsten Tag einen blauen Fleck zu haben.
    «Ihnen kann doch sowieso nichts passieren, Mann. Ich kann Sie nicht mal verklagen. Die Staatsanwaltschaft würde die Klage in null Komma nichts abweisen. Sie sind doch intelligent, Sie wissen, wie so was läuft. Aber erzählen Sie’s mir wenigstens. Befriedigen Sie meine Neugier.»
    «Vor ein paar Tagen wurde eine Sardengrasmücke in Deepden gesichtet. Ich habe Clive mit zurück in die Stadt genommen. Da hat er mir alles erzählt. Er schien zu erwarten, dass ich mich darüber freue. Aber ich war einfach nur schockiert.»
    «Anscheinend aber nicht schockiert genug, um uns davon zu erzählen.» Sie sprach mit trügerisch ruhiger Stimme. «Um ein Haar hätte es ein weiteres Opfer gegeben. Und trotzdem haben Sie kein Wort gesagt. Warum, Doktor Calvert? War das irgendeine krankhafte Form von Loyalität?
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