Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tote im Salonwagen

Tote im Salonwagen

Titel: Tote im Salonwagen
Autoren: B Akunin
Vom Netzwerk:
Renommee zu stärken. Wenn die KG auf dich Jagd macht, ist das eine besondere Wertschätzung deiner Fähigkeiten. Zweitens hatte Stassow seine Schuldigkeit getan und darum gebeten, von seinen Pflichten entbunden zu werden. Was wir durchaus hätten tun können, doch ich fand, daß sein Tod uns nützlicher war. Prestigefördernd für beide – die Kampfgruppe und mich.«
    Grins Gesicht verzerrte sich wie von einem Schmerz, den er zu verbeißen suchte. Posharski ließ ein zufriedenes Lachen hören.
    »Und jetzt zu Ihrer größten Heldentat, dem Mord an Chrapow. Geben Sie es zu, ich habe Ihnen da auf meine unaufdringliche Art eine großartige Idee zugespielt. Ich meinerseits konstatiere mit Hochachtung, wie glänzend Sie die Sache bewältigt haben. Ein gnadenloses Scharfgericht an dem grausamen Satrapen, dessen garstigstes Verbrechen allerdings darin bestand, daß er mich auf den Tod nicht ausstehen konnte und meine Karriere mit allen Mitteln zu vereiteln suchte … Hier in Moskau habt ihr mir eine Menge Scherereien gemacht, aber am Ende hat sich alles auf das beste gefügt.Sogar euer Coup mit dem Geldtransport hatte sein Gutes. Denn so erfuhr ich, unserer leichtsinnigen Freundin Julie sei Dank, wer bei der Partei der neue Schatzmeister war, und hätte in kürzester Zeit die fiskalischen Penunzen wieder einsammeln können. Auf dem Stuhl des Moskauer Polizeipräsidenten wäre mir das besonders leichtgefallen. Nach dem Motto: Wer hoch steigt, kann weit sehen – und dazu muß man nicht in der Hauptstadt sitzen. Schade. War mir anscheinend nicht vergönnt …« Posharski seufzte schicksalsergeben. »Aber die Idee ist doch glänzend, das müssen Sie zugeben … Wen hatten wir noch? Oberst Swertschinski. Eine miese Type, ein hinterfotziger Schelm. Wollte mir einen üblen Streich spielen. Sie haben mir geholfen, die Rechnung zu begleichen. Burljajew? Da habe wohl eher ich Ihnen geholfen, genau wie im Fall Rachmet. Das hätte noch gefehlt, daß die KG, mein geliebtes Kind, vom Chef der Moskauer Geheimpolizei unschädlich gemacht worden wäre! So haben wir nicht gewettet. Wer säet, der soll ernten. Daß ihr Burljajew erledigt habt, rechne ich euch hoch an. So bekam ich seine Behörde komplett in die Hand. Einzig mit Fandorin haben Sie sich vertan, der mir immer wieder penetrant in die Quere kam. Aber das werfe ich Ihnen nicht vor, Fandorin ist ein Fall für sich … Tja, und dann wurde es Zeit, einen Strich unter unsere gemeinsamen Ruhmestaten zu ziehen. Alles Schöne geht einmal zu Ende. Ich hatte die Operation bis ins kleinste geplant, nur leider kam ein Steinchen ins Getriebe. Das ist ärgerlich. Ich war gerade so schön in Fahrt, noch ein Geringes, und überhaupt keiner hätte mich mehr bremsen können … Schicksal.«
    Julie schluchzte.
    »Laß nur, Mädchen«, sagte der Polizeipräsident und lächelteihr zu. »Nicht dir grolle ich, nur dem Schicksal. Mit dir war es lustig und angenehm, und daß du mich verraten hast, ließ sich anscheinend nicht umgehen.«
    Es war erstaunlich: Bei Julie flossen die Tränen. Nie zuvor hatte Grin dieses leichtsinnige, lebenslustige Frauenzimmer weinen gesehen. Aber nun war es genug. Mehr mußte nicht geredet werden. Es war auch so alles klar. Nicht einmal während des Pogroms gegen die Juden damals war Grin sich so unglücklich vorgekommen wie in diesen Minuten, die den ganzen Sinn seines schweren, opferreichen Kampfes in Frage stellten. Ob und wie das Leben weitergehen konnte, darüber mußte nachgedacht werden, und er wußte schon, die Antwort würde nicht leicht zu finden sein. Nur in einem bestand Klarheit: Dieser lächelnde Mann mußte sterben.
    Grin richtete die Mündung auf die Stirn des großen Manipulators.
    »He, Verehrtester!« rief Posharski, die Hand hochreißend. »Wozu die Eile! Wir haben uns doch bis jetzt so prächtig unterhalten. Wollen Sie denn gar nichts über Julie und unser beider Liebe wissen? Ich versichere Ihnen, das ist amüsanter als jeder Roman.«
    Grin schüttelte den Kopf. »Interessiert mich nicht.«
    Er spannte den Hahn.
    »Gleb! Ni-i-i-i-cht!«
    Wie eine Katze war Julie auf Grin zugesprungen, hing nun an seinem Arm. Festgekrallt. Sie abzuschütteln fiel unerwartet schwer, noch dazu gruben sich ihre spitzen Zähne in die Hand, die den Colt hielt.
    Grin ließ die Waffe in die Rechte wandern, doch zu spät. Posharski war mit der Hand in die Manteltasche gefahren und schoß – durch den Stoff.
    Ich bin verwundet, dachte Grin, nachdem er rücklings gegen die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher