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Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Titel: Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
Autoren: Dietrich Faber
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Monaten nahm dieser radikale Gedanke immer mehr Besitz von mir. Ich fühlte mich immer fest verankert in meiner Heimat, nun fühle ich mich eher festgehalten, fast gefangen. So wie Franziska. Nur anders.
    Warum nicht noch einmal ganz neu starten? Ich bin doch kein alter Mann, auch wenn ein Blick in den Rückspiegel deutlich macht, dass wieder ein paar Haare mehr Platz für Kopfhaut machen. Und Melina und Laurin würde das doch auch guttun, mal etwas komplett anderes zu erleben. Von Franziska ganz zu schweigen.
     
    Auf der Höhe der Raststätte Wetterau, noch immer im Stau stehend, klingelt mein Handy, das natürlich schon längst kein Handy mehr ist, sondern ein Smartphone.
    Mein Vater.
    «Hallo, Papa, na, freut ihr euch schon? Morgen geht’s los, ne?» singsange ich ihn an.
    «Muss man jetzt schon hergehen und so gefühlsduselig mit mir reden, als sei ich ein seniler alter Mann?», bellt er zurück.
    Ich schweige. Auch davon habe ich die Schnauze voll. Ich würde tatsächlich gerne einmal erleben, wie es sich anfühlt, mehr Abstand zu den Eltern zu haben, vor allem geographisch.
    Mein Vater war jahrelang Polizeipräsident in demselben Präsidium, in dem auch ich meine Arbeit verrichte. Heute ist er im Ruhestand, offiziell, auf dem Papier. Dass ich auch Polizist wurde, hat sich einfach so ergeben. Ich wusste schlicht nichts Besseres mit mir anzufangen und war zu träge, eine eigene Idee zu meiner Berufswahl zu entwickeln. Mein Vater hatte eine, und so fand ich mich, da es mir zu anstrengend war, mich zu wehren, in der Polizeischule wieder. Als ich kurz davor war, die Ausbildung hinzuschmeißen, wurde ich selber Vater, mit 24 , und zog mit Franziska, die damals Lehramt studierte, in eine Doppelhaushälfte nach Bad Salzhausen, dem allerstillsten Stadtteil von Nidda. So blieb ich der Polizei treu und wurde am Ende sogar noch Hauptkommissar, um nicht ein Leben lang mit Uniform durch die Gegend rennen zu müssen. Als Hauptkommissar darf ich mich zivil kleiden.
    «Ich wollte dich nur daran erinnern, Sohn, an die Reiseunterlagen zu denken. Nicht dass wir morgen ohne jene welche im Zug sitzen, nicht wahr?», brüllt mich mein Vater aus meinen Gedanken. Aufgrund seines Misstrauens allen kabellosen Telefonen gegenüber schreit er immer, wenn er mich am Handy hat.
    «Ja, klar denke ich dran», sage ich so leise wie möglich. «Ich muss die Tickets nur noch ausdrucken.»
    «Ausdrucken, ausdrucken! Kann man heutzutage nicht mehr hergehen und die Dokumente wie vernünftige Leute beim Bundesbahnschalter holen? Muss man die jetzt also auch schon wieder … aus … drucken? Das haut dann doch wieder vorn und hinten nicht hin.»
    Meinen Vater, den Polizeipräsidenten a.D., hatte es von Beginn an empfindlich gestört, dass er nicht die alleinige Reiseorganisation innehatte. Ich wollte mich aber selber um Tickets und Reservierung kümmern, da das ja auch mit den beiden Hunden irgendwie organisiert werden musste.
    Die früheren Familienurlaube mit meiner Mutter, meiner älteren Schwester Ulrike und mir waren stets generalstabsmäßig geplant. Ich blickte immer voller Neid auf meine Mitschüler, die sich in Rimini, Mallorca oder Ibiza sinnentleert von der Sonne verbrennen oder von Animateuren gängeln ließen, während wir spätgotische Kirchen im Schwarzwald besichtigten oder die Loreley erwanderten. Die Urlaube mit meinem Vater waren seit jeher Bildungsreisen, die für elfjährige Jungs natürlich eine geminderte Attraktivität haben. Wir fuhren
niemals
ins Ausland, denn man muss ja erst einmal seine eigene Heimat kennenlernen, bevor man durch die Weltgeschichte juckelt, nicht wahr?
    «Und dann möchte ich um Pünktlichkeit bitten. Man muss ja nicht immer hergehen und alles auf den letzten Drücker machen, nicht wahr? Du weißt, wie nervös deine Mutter dann immer wird», legt mein Vater nach.
    Jaja. Wer da nervös wird, das weiß ich!
    «Ach, und Papa, über unsere Treffpunktszeit am Bahnhof wollte ich trotzdem noch mal mit euch reden. Ich finde, eine Stunde bevor der Zug kommt, schon etwas sehr früh, zumal wir schon um 7 . 46  Uhr starten … Papa? Papa???»
    Doch der Herr Vater hat das Gespräch schon souverän beendet.

Kapitel 2
    M elina ist so gut gelaunt, wie sechzehnjährige Mädchen es nun einmal sind, wenn sie in ihren Sommerferien um 5 . 30  Uhr aufstehen müssen, um dann am Bahnhöfchen von Nidda-Bad Salzhausen mit ihrem Bruder, ihrem Vater, ihren Großeltern samt zwei Hunden dazu verdammt zu sein, eine Stunde lang
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